BattleTech 44: Falke im Aufwind
hielt die Nemesis an und Hengst stieg aus. Er bemerkte nur im Vorübergehen, daß Sinclairs letzte Treffer so gekonnt plaziert gewesen waren, daß Hengsts Niederlage nur noch eine Frage von Sekunden gewesen wäre. Er rannte zu den Trümmern der Sturmkrähe und versuchte verzweifelt, wenigstens einen Teil der Dorfbewohner unter dem Wrack hervorzuziehen. Diejenigen, die er befreien konnte, starben kurz darauf trotzdem.
Rhonell, der am Ortsrand stehengeblieben war, rannte zur Unglücksstelle, um zu helfen. Er und die anderen Helfer schafften es ebensowenig wie Hengst, auch nur eines der Opfer zu retten. Übelkeit und Entsetzen stiegen in Rhonell auf, als er die Leichen von Flute und Susanna miteinander verschlungen fand, zwei Dorfbewohner verschiedener Clans in einer letzten Umarmung. Es kam ein Augenblick, in dem Hengst mit einer Mischung aus Wut und Trauer im Blick zu Rhonell hinübersah. Der sah seine eigenen Gefühle im Gesicht des anderen widergespiegelt. Als Rhonell später die Dorfstraße hinabging, in düsterer Stimmung, die Augen feucht von Tränen, sah er in einer der Gassen Westnarbes eine Schlägerei. Erst schien es nur irgendeine Dörflerauseinandersetzung, eine Prügelei zwischen Betrunkenen. Dann erkannte er in einem der Kontrahenten Hengst. Der andere trug die Überreste einer Stahlvipern-Uniform - ohne Zweifel der gegnerische Pilot. Wie war dessen Name noch gewesen? Sinclair.
Sinclair schien bewußtlos, aber Hengst machte nicht den Eindruck, als ob ihn das kümmerte. Er stützte den Mann einfach an die nächste Hauswand und schlug weiter auf ihn ein. Einen Augenblick fühlte Rhonell das Bedürfnis, ihm dabei zu helfen, aber offensichtlich brauchte der Krieger keine Hilfe, schon gar nicht von einem BüroTech. Rhonell sah stumm zu, bis auch Hengst zusammenbrach und die beiden Krieger ein kaum besseres Bild boten als die beiden Mechs, die sie auf dem Schlachtfeld zurückgelassen hatten.
»Es heißt, bevor Ivan Sinclair wieder zum Dienst antreten kann, wird einige Zeit vergehen«, stellte Marthe Pryde fest und starrte Hengst an. Die Uniform des freigeborenen Kriegers war erkennbar neu. Er selbst hielt sich ebenso steif wie die Uniformhose mit ihrer messerscharfen Bügelfalte. Seit dem Test war eine Woche vergangen, und Hengst hatte mehrere Tage davon zur Behandlung seiner Verletzungen im Medozentrum verbracht. Offiziell waren sie als Gefechtsfolgen aufgeführt, aber Marthe wußte sehr wohl, daß sie in Wirklichkeit von der Gassenschlägerei mit Sinclair stammten. Zwei blaue Flecken auf der linken Seite von Hengsts Gesicht waren immer noch sichtbar.
»Tut mir leid, daß ich ihn nicht umgebracht habe.« »Ich weiß. Ich hätte den Hundesohn selbst gerne umgebracht.«
Hengst riß die Augen auf. Hundesohn war eine Verwünschung, die trotz ihrer uralten terranischen Herkunft unter den Clans mehr als selten benutzt wurde. Die darin enthaltene doppelte Beleidigung im Hinblick auf die genetische Herkunft und die genetische Rolle behielt sie nur den allerschlimmsten Verbrechern vor.
»Du wirkst überrascht, Hengst.«
»Ich wußte nicht, daß die Unterstützung der Khanin für Freigeborene in Kampfeinheiten bis zum Mitgefühl für den Tod einzelner freigeborener Dörfler reicht.«
Marthe verzog das Gesicht. Hengst hatte eine Art, gezielt zum Kern einer Sache vorzustoßen. Eben das machte ihn zu so einem guten Krieger, zu ihrem vertrauenswürdigen Verbündeten und zu einem der unerträglichsten Menschen, die sie kannte. Auch wenn er immer noch nicht so schlimm ist wie Aidan zu seinen besten Zeiten. »Mach mich nicht zu einem Muster an Sanftheit und Mitgefühl, Hengst. Ich glaube an die Überlegenheit der genmanipulierten Kriegerkaste. Aber das bedeutet nicht, daß ich Freigeborene nicht zum größten Vorteil des Clans einsetze, oder den Tod freigeborener Dörfler nicht bedauere. Einige von ihnen waren Techs, deren Verlust eine ebensolche Verschwendung ist wie die Vernichtung von Maschinen und Werkzeugen. Verwechsle Pragmatismus nicht mit Sympathie, wie du es ausdrückst.«
»Sie bedauern also den Verlust nützlicher Techs. Das ist in der Tat eine Verschwendung. Wie es der Zufall so will, waren allerdings keine Jadefalken unter den Toten. Ironischerweise waren die Stahlvipern der am stärksten unter den Opfern vertretene Clan.«
»Na schön, Hengst. Ich habe den Eindruck, daß es am besten wäre, dich eine Weile von hier wegzuschaffen. Überlaß es mir, mit den Folgen deines Sieges fertigzuwerden. Ich habe deine Reise
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