BattleTech 44: Falke im Aufwind
Ich meine, was soll es, wenn Fels, der einige tausend Jahre an der Wand hing, herunterfällt und dann jahrelang auf dem Boden liegt, um irgendwann von Menschen anderer Zeiten, wenn wir alle längst tot sind, herumgetreten zu werden. Für uns ist es nicht einmal von Bedeutung, wer diese Menschen sein werden, also was kümmern uns die Steine? Was machen irgendwelche Felstrümmer in ein paar hundert Jahren für einen Unterschied?«
»Ich weiß es nicht, Grelev. Ich weiß es wirklich nicht.«
Das Licht im Innern der Höhle wirkte schwächer, wenn man es über den Sichtschirm eines Mechs sah, stellte Diana fest, als die Nova langsam den Tunnel hinab steuerte. Hätte sie auf Rückansicht umgeschaltet, hätte sie die Eingangsöffnung unter den weiten Schritten der Maschine schnell kleiner werden sehen. Sie spürte eine Bewegung über dem Mech. Eine zögernde, flatterhafte Bewegung. Wahrscheinlich Fledermäuse, dachte sie. In der Nähe des Eingangs hingen ganze Kolonien dieser Tiere an der Decke. Es hieß, daß sie bei Einbruch der Nacht in einer riesigen schwarzen Wolke aus dem Höhleneingang flogen. Viele von ihnen machten am Nachthimmel Jagd auf Insekten und konnten häufig in weiter Entfernung der Höhlen gesehen werden. Irgendwie schafften sie es immer, bei Morgengrauen zurück in der Höhle zu sein. Ihr Informant, ein Freigeborener, der als Fremdenführer in den Höhlen arbeitete, hatte ihr erzählt, daß man nur selten tote Fledermäuse außerhalb der Höhlen fand - und daß sie rätselhafterweise auch innerhalb des Höhlenkomplexes selten waren.
Sie studierte die von ihrer Aktivsonde gelieferten Ortungsmuster. Sie hatte das System von ihren Techs speziell für diesen Kampf an Stelle der Raketenabwehr einbauen lassen, die ihr für dieses Gefecht überflüssig erschien. Sie bemerkte die zarte Hand der Natur in der Struktur der Höhlenwände. Zusätzlich zu den Tropfsteinformationen, die sich in Dicke und Form voneinander unterschieden, existierten noch viele gitterähnliche Steinformationen. An manchen Stellen erinnerten sie an zarte Spitzenarbeiten. Krieger hatten nicht viel Ahnung von Spitzenarbeiten und ähnlichen zivilen Besonderheiten, aber Diana war als Freigeborene aufgewachsen und hatte diese zierlichen Handarbeiten in manchen Freigeborenenhaushalten niederer Kasten bewundert. Damals, in Kindertagen, waren ihre Fingerspitzen noch sehr empfindlich gewesen, nicht so rauh und schwielig wie jetzt. Heute hätte sie die Struktur des feinen Tuchs wahrscheinlich gar nicht mehr wahrnehmen können, aber die Erinnerung an das Gefühl der Spitzen auf ihrer Haut war noch sehr lebendig.
Genug nutzloses Schwelgen in Reminiszenzen. Es wurde Zeit, sich durch das komplexe Netz der Tunnel einen Weg zu Leifs Feldeggsfalke zu suchen.
Die Sonde zeigte Leif in erheblicher Entfernung. Sie fragte sich, ob er sie bereits bemerkt hatte. Sonden dieser Art waren unter der Oberfläche von ungewissem Wert. Mineral- und Erzablagerungen konnten die Signale verfälschen, ganz abgesehen von den Auswirkungen auf die Sensoren durch Schlamm und Nässe.
Er verschwand kurz aus ihrer Sicht, ohne Zweifel auf Grund irgendeines planetologischen Phänomens. Egal. Sie hatte noch reichlich Zeit. Leif war einverstanden gewesen, das Höhlensystem von verschiedenen Seiten zu betreten, weil das nicht nur die Probleme eliminierte, die entstanden wären, wenn einer der Mechs dem anderen hätte folgen müssen, sondern ihnen beiden auch Zeit gab, sich an die fremdartige Umgebung zu gewöhnen. Im Augenblick fühlte Diana einen gewissen Widerstand ihrer Nova gegen den Aufstieg in die Höhlen entlang des felsigen und zuweilen steilen Pfads. Sie erinnerte sich daran, wie schwierig es gewesen war, vor einigen Wochen ähnliche Tunnel nur zu Fuß entlangzugehen, und einen Augenblick fragte sie sich, ob es wirklich so schlau gewesen war, diesen Austragungsort zu wählen. Besonders, als der Feldeggsfalke wieder auf dem Sondenmonitor erschien und sich geschickt durch die Gänge bewegte.
Als sie ihre Wahl verkündete, hatte Leif mit einem seltsamen Lächeln reagiert. Allerdings ist bei der Münzenzeremonie jedes Lächeln seltsam, weil dort traditionell alles todernst abläuft. Aber sein Lächeln kam sicher unerwartet. Bevor wir die Zeremonie verlassen haben, hat er mir zugeflüstert, meine Wahl sei brillant, sie gefiele ihm, und er freue sich darauf, mich in einer der großen Kavernen zu stellen. Der stravag Hurensohn! Vielleicht hat Joanna recht. Seine Freundlichkeit ist nur
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