BattleTech 52: Phoenix
In der schlecht beleuchteten Gletscherspalte konnte sie nur die Aufbauten und den schwachen Schein im Cockpit sehen.
Er wartet genauso sehnsüchtig auf den Kampf wie ich, dachte sie. Aber er tut es aus einem anderen Grund. Er will Rache. Ich will den Kampf, weil ich schon zu sehr Söldnerin bin, um ein anderes Leben führen zu können. Er ist der bessere Mensch.
Lhiannon aktivierte ihr Kom. »Hey, Tom!«
»Was gibt's? Hast du sie schon auf deinem Scanner?«
Lia lächelte. »Nein, ich empfange noch nichts. Du stellst meinen Führungsstil in Frage?«
Sie hörte, wie er atmete. Dann antwortete er auf ihre direkte Frage: »Ja. Ich habe andere Ansichten. Aber du bist der Kommandeur. Du entscheidest.«
»Es freut mich, dass wir uns verstehen, Schütze Anderson.«
»Wirst du mir jemals diese Einheit überlassen?«, fragte er zaghaft.
Lia lächelte wieder. Die Frage war berechtigt. Und um ehrlich zu sein: Es war ein gutes Gefühl, Kommandeur zu sein. Man kam gar nicht auf den Gedanken, diese Position freiwillig aufzugeben. Aber es war nicht ihre Truppe. Die Jacks gehörten einem Anderson. Und das würde sich erst dann ändern, wenn Tom fiel...
Lhiannon würgte den Gedanken, der sich ihr in diesem Moment aufdrängte, sofort ab. »Keine Angst, Tom. Nach dieser Sache hier bezahle ich dir eine Offiziersausbildung. Und das gebe ich dir schriftlich: Du wirst der beste Offizier, den diese Einheit je gesehen hat.«
Tom murmelte etwas vor sich hin. Dann fragte er: »Nehmen wir das Angebot der Lyraner an?«
»Ich bin noch am Überlegen.«
»Ich glaube, wir sollten darauf eingehen.«
»Wieso?« Lhiannon war neugierig.
»Die Lyraner brauchen uns. Nur mit unserer Hilfe bekommen sie das, was sie wollen. Alleine sind sie zu schwach.«
»Ja, natürlich. Aber unsere Lage ist sowieso schon beschissen genug. Was glaubst du, wenn diese Geschichte an die Öffentlichkeit kommt, beäugt uns doch eh schon jeder vorsichtig. Wenn wir jetzt auch noch die Seiten wechseln, bekommen wir nie mehr einen Auftraggeber.«
»Du hoffst auf die Falken, oder?«
»Wie?« Lia war von der Frage sichtlich überrascht.
»Du hoffst, dass der Kommandeur der Falken nicht ganz so manipulierbar wie LeFranc ist. Dass ihr Kommandeur diesen Fall objektiv behandelt und alle Aspekte mit einbezieht.«
Sie antwortete nicht. Er hatte ins Schwarze getroffen.
Nach einer kleinen Kunstpause sagte er: »Aber das wird nicht geschehen. Thornten kennt dieses Schlachtfeld einfach zu gut. Ich will gar nicht wissen, wie oft er sich abgesichert hat. Thornten wird uns als Sündenböcke hinstellen. Wir haben keine Chancen... Die Lyraner brauchen uns, um diese Schlacht gewinnen zu können, und wir brauchen die Lyraner, um überleben zu können.«
Lia schwieg. Er hatte Recht. Sie mussten sich den Lyranern anschließen. Das war die einzige Möglichkeit.
In diesem Moment blinkte ihre Anzeige auf, und Daten liefen über ihren Monitor.
Der Feind war da.
Lia funkte Tom an. »Ich glaube, wir verschieben den Rest der Diskussion auf später. Die Beute ist bereit, geschlagen zu werden.«
Tom empfing die Daten im gleichen Augenblick. Sein bestätigendes Lachen klang angriffslustig. Dann sprang er auf die Oberfläche. Dort würde er auf den Feind warten.
Brigg atmete auf, als die beiden Mechs am Rande des Plateaus erschienen. Dann geschah alles sehr schnell. Die Mechs feuerten...
Brigg sah jetzt genauer hin. Das war weder ein
Vollstrecker noch ein Dunkelfalke. Es waren zwar BattleMechs, aber die falschen. Sie konzentrierten ihr Feuer auf den Atlas. Ein dritter Mech tauchte in der kurzen Feuerpause auf und feuerte eine Raketensalve ab. Dann feuerten wieder die beiden anderen.
Erst jetzt reagierten Briggs Leute. Ihre Salven waren allerdings nutzlos. Der Feind war schon wieder verschwunden.
Der Atlas stand noch, aber die Beinpanzerung war stellenweise vernichtet. Brigg hatte erwartet, dass Berner sich melden würde, aber das geschah nicht. Betretene Stille herrschte. Brigg wäre es in diesem Moment lieb und wert gewesen, wenn ihn irgend jemand über das Kom angebrüllt hätte. Die Stille war einfach zu endgültig und bedrückend.
Brigg hörte ein bekanntes Surren. Die Entladung einer PPK. Dann sah er den blauen Energiestrahl, und aus den Augenwinkeln bemerkte er, wie der Kreuzritter links neben ihm in seinem Rückentorso exakt getroffen wurde und im nächsten Moment zusammensackte. Der Major konnte den Verursacher gerade noch identifizieren: einen Panther. Aber ein Schuss würde nichts mehr nützen. Der
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