BattleTech 53: Der Weg des Ruhms
stellte der Fremde fest und sah sich mit verächtlicher Miene um. »Also reden Sie.«
»Was denn, kein höfliches Geplauder, um den Morgen schneller verstreichen zu lassen?« Der alte Mann war amüsiert. »Vielleicht möchten Sie diese Partie Shogi zu Ende spielen. Mein Gegner scheint mir abhanden gekommen zu sein.«
Die Anspannung um die Augen des Offiziers verriet ihn. Beiden war klar, sie waren nicht hier, um sich die Zeit zu vertreiben. Sie hielten beide Positionen von gewaltiger Machtfülle im Kurita-Raum inne, und jedes einzelne Wort des Gesprächs hatte eine Bedeutung, die sich einem zufälligen Beobachter nicht erschloss.
»Ich bevorzuge schon immer Go.«
»Ah, das Strategiespiel für die militärisch Interessierten.« Der alte Mann kicherte. »Ich weiß die unendliche Variationsvielfalt der Taktiken dieses Spiels wohl zu schätzen, aber ich ziehe das intellektuellere Spielvergnügen des Shogi vor. Ich habe festgestellt, dass es mehr Geduld erfordert. Außerdem ist es weit lohnender, seinen Gegner in die Falle der Unvermeidlichkeit zu locken, als ihn festzusetzen, so dass man hernach für ihn verantwortlich bleibt. So ka?«
Der Fremde sah auf das Brett. Es enthielt weit weniger als die zwanzig Standardsteine, die am Anfang jeder Partie im Spiel waren. Der alte Mann hatte seine Kaku-Steine, inzwischen zu einem Drachenpferd befördert, und die Kei-Steine fast in Stellung, um eine Kapitulation des gegnerischen Gyoku zu erzwingen.
»Ich sehe, Sie sind in einer Position, aus der Sie Ihren Gegner zwingen können, zu Ihren Gunsten zu ziehen oder aufzugeben«, sagte er. »Aber Sie sollten einen würdigen Gegner nie unterschätzen, denn das Spiel ist erst vorbei, wenn Schachmatt erklärt wurde. Im Gegensatz zu Ihrer Ansicht gebe ich der Entschiedenheit von Go den Vorzug gegenüber dieser langsamen Verschiebung von Möglichkeiten.«
Es folgte eine Periode des Schweigens, während der sie einander mit kaum verhüllter Animosität musterten. Nur das kurze Zucken der Augen, mit dem sie ab und zu Ausschau nach unerwünschter Gesellschaft hielten, verriet, dass selbst diese beiden, die mehr Macht besaßen, als sich ein gewöhnlicher Sterblicher auch nur erträumt hätte, Furcht kannten.
Der Fremde warf einen weiteren Blick auf das Brett. »Hat sich Ihr Kei bereits bewegt, Kari-udo Akai?«
Ein kurzes Stirnrunzeln zuckte über das Gesicht des alten Mannes. Der Pfeil hatte ins Schwarze getroffen. Seit Jahrzehnten hatte ihn niemand mehr Kari-udo Akai, Roter Jäger, genannt, und jetzt, wo jeder es hören konnte, warf dieser Narr damit um sich.
Der Blick des alten Mannes bewegte sich an den plätschernden Brunnen und den sich wiegenden Zweigen vorbei und suchte nach dem hohen Gipfel des Tatsuyama, der am Horizont zu erahnen war. Einst, vor langer Zeit, hatte er auf der Schwelle des mächtigen Schwarzen Turms auf Radstadt unter der Nase der gefürchteten ISA seine Intrigen gesponnen, aber heute sandte der Anblick des Mons Tatsuyama ihm einen eisigen Schauder über den Rücken.
Im Innern der Felswände lag der Drachenhorst, das Kommandozentrum des gesamten Militärdistrikts Dieron. Er war das Hauptquartier Tai-shu Isoroku Kuritas, des Kriegsherrn dieses Distrikts und eines Cousins des Koordinators persönlich. Er konnte fast spüren, wie die Macht in riesigen Wellen in alle Richtungen ausstrahlte, noch während er hier im Schatten des Berges seinen Plan schmiedete.
Dann lächelte er bei sich. Er hatte in der Vergangenheit schon weit mehr gewagt als heute, und wenn er dabei auch keinen Erfolg gehabt hatte, so hatte er es doch überlebt. Vielleicht spürte er an diesem Morgen nur langsam das Alter, aber der Augenblick verflog schnell. Dies war erst der Anfang eines sehr langen Weges.
»Hai«, bestätigte er. »Die Arrangements sind getroffen. Die Söldnereinheit Ramilies Räuber hat die Dienste des Magistrats Canopus verlassen und musste feststellen, dass das Leben der Inneren Sphäre äußerst gefährlich sein kann. Wie alle diese Soldkrieger glauben die Räuber, eine großzügige monetäre Vergütung sei die Antwort auf alle Probleme. Sie werden die Aufgabe ausführen, die ich Ihnen gestellt habe, und in weniger als einem Monat wird unser höchst ehrenwerter Gyoku keine andere Wahl haben, als zu reagieren.«
Dann schleuderte der alte Mann seinerseits eine Spitze. »Ich finde es höchst amüsant, dass das 15. Dieron-Regiment wegen seiner Beteiligung an dem fehlgeschlagenen Angriff auf die Davion-Welt Towne in Ungnade gefallen
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