Bauern, Bonzen und Bomben
kein Interesse. – Ja, es muß jetzt mal Ruhe sein. – Also, ich verlasse mich darauf, Sie bringen nichts. Ihr Kollege von den ›Nachrichten‹ hat auch bereits zugesagt. Danke verbindlichst. Guten Morgen, Herr Stuff!«
Stuff lauscht noch einen Augenblick, den Hörer in der Hand. Dann legt er ihn hin, freundlich lächelnd.
Hast du zugesagt, Freund Heinsius? Wedelst mal wieder Schweif? Nu ja ja, nu nee nee. Niederdahl, du bist ein guter Mann, aber zu sutje, zu sutje.
»Fritz«, brüllt er mit Donnerstimme.
Der Setzerlehrling erscheint.
»Fritz, die Notiz über den Frerksen fliegt raus aus dem Lokalen. Die Spitze über das Orgelkonzert rückt an zweite Stelle. Sag Bescheid, ich schreib über den Frerksen einen ganzen Riemen. In zehn Minuten holst du ihn.«
Die Überschrift, denkt Stuff, die Überschrift muß es tun. Denn eigentlich weiß ich nichts.
|475| Wie wäre es:
Schwere Differenzen zwischen Innenministerium und Regierungspräsidium …?
Flau.
Oder?
Polizeioberinspektor Frerksen, vom Regierungspräsidenten entsetzt, vom Minister wieder eingesetzt …?
Viel zu lang. Drei Worte, Mensch, Stuff.
Ich werde einen Kognak trinken gehen.
Im Kognak fand er den Titel:
»Minister billigt den Polizeiterror.«
Und den Untertitel:
»Bauern sind rechtlos.«
Stuff grinst.
»Hören Sie, Fräulein Heinze, wenn heute nachmittag nach mir angerufen wird: Ich bin verreist. Ich bin in Urlaub. Mich kann man im nächsten Jahr nicht sprechen.«
Herr Gebhardt fragt streng: »Wie weit sind Sie nun, Herr Tredup?«
»Stuff geht bestimmt am ersten Oktober.«
»Sie sagen das. Mir hat er nicht gekündigt.«
»Bestimmt. Vielleicht will er erreichen, daß Sie ihn rauswerfen?«
»Den Gefallen tu ich ihm nicht. Daß ich ihm noch ein halbes Jahr Gehalt zahlen muß!«
»Der heutige Artikel«, bemerkt Herr Heinsius, »wäre Grund genug zu fristloser Entlassung.«
»Daß die ganze Stadt erfährt, meine Angestellten tun, was sie wollen. Danke, nein. – Sind Sie aber auch sicher, Herr Tredup?«
»Ganz sicher.«
»Wieso eigentlich? Wollen Sie das nicht mal erläutern? Was haben Sie getan? Was haben Sie für einen Druck auf Stuff ausgeübt?«
»Ich möchte wirklich nicht … Er geht doch bestimmt.«
|476| »Geheimnisse meiner Angestellten. Hübsch. Sehr hübsch. – Für heute wäre das alles, Herr Tredup.«
Stuff sitzt in seinem stillen Winkel im Tucher und trinkt.
Kommt ein Bürger, der Lokomotivführer Thienelt. »Das hättest du nicht tun müssen, Stuff.«
»Was denn?«
»Das mit dem Artikel heute. Nun war alles so schön ruhig.«
»Seit wann ist denn der Stahlhelm für Ruhe?«
»Man muß auch mal still sein können. Die Geschäfte gehen doch so schlecht, Stuff.«
»Na, das nächstemal laß ich Ruhe.«
Kommt Textil-Braun. »Hier sitzen Sie also, Herr Stuff. Ich habe Ihnen die Mißbilligung des Einzelhandels von Altholm auszusprechen. Sie müssen jetzt Ruhe halten.«
»Ich trinke mein Bier in aller Ruhe.«
»Es war nun alles so schön still, Sie müssen auf die Geschäfte Rücksicht nehmen.«
»Tu ich. Tu ich. Ich laß mein ganzes Geld in der Kneipe.«
Braun, giftig: »Mit Ihnen ist mal wieder nicht zu reden, Herr Stuff. Aber in den Abonnentenziffern, in den Abonnentenziffern wird es sich auswirken.«
Der Ober sagt zu Stuff: »Die schimpfen alle über Ihren Artikel. Der Artikel ist doch fein.«
»Wieso fein? Mist ist er.«
»Er liest sich aber fein.«
»Franz, ich geb Ihnen doch keinen Pfennig Trinkgeld mehr. Mir brauchen Sie doch nicht in den Arsch zu kriechen.«
»Nee, nee, Herr Stuff. Tu ich auch nicht. Mir gefällt er wirklich ganz gut. Aber nun hatten die Leute schon wieder was anderes geredet wie vom Boykott. Und plötzlich geht es heute überall: die Bauern, die Bauern.«
»Na – und?«
»Wenn die Leute davon reden, ärgern sie sich, Herr Stuff.«
|477| »Warum sollen die sich nicht auch mal ärgern? Ich muß mich jeden Tag ärgern.«
»Sie sind es gewöhnt, Herr Stuff. Aber Sie sollten sehen, wieviel Schnaps heute getrunken wird. Immer wenn sich die Leute ärgern, trinken sie mehr Schnaps als Bier.«
»Ich trinke zu jedem Bier meinen Schnaps. Und oft zwei.«
»Das ist es, was ich sage. Sie sind es gewöhnt, Herr Stuff. Aber die Leute sind es nicht gewöhnt. Die wollen ihre Ruhe haben.«
»Na schön, Franz, ich will meine jetzt auch haben.«
»Jawohl, Herr Stuff. Noch einen Schnaps? Sofort!«
»Ich scheine«, sagt zufrieden Stuff, »die Psyche ganz Altholms schwer verletzt zu
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