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Bauernjagd

Bauernjagd

Titel: Bauernjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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Ladenlokal, das früher einmal ein
Strumpfgeschäft beherbergt hatte.
    Bernd tauchte jedoch nicht auf, und die Chefin war sauer, weil immer
ein paar Freie fehlten, ohne sich abzumelden. Gerade wollte sie anfangen, da
öffnete sich die Tür, und ein hochgewachsener Zwanzigjähriger mit einem Helm
unter dem Arm betrat geduckt den Raum. Er entschuldigte sich zerknirscht und
strich sich durch seine weizenblonden Haare. Sabine Wegener quittierte es mit
einem unwilligen Brummen, drehte ihm den Rücken zu und fuhr mit der Planung
fort. Während des Meetings lugte Annika immer wieder neugierig zu ihm hinüber.
Einmal bemerkte er es, und sie sah schnell zu Boden. Später sollte ihr klar
werden, dass sie sich besser auf die Besprechung konzentriert hätte. Als die
Sitzung zu Ende ging, blieben wieder einmal nur Termine übrig, die keinen
interessierten.
    »Also gut, Annika«, sagte Sabine Wegener. »Dann bleiben für dich die
Sitzung der Jagdgenossenschaft am Donnerstag und das Vorstandstreffen des
Pfarrgemeinderats am Mittwoch. Das wär’s dann.« Sie sah von ihren Unterlagen
auf. »Ach, wartet mal. Apropos Jagd. Am Samstagmorgen begleitet eine Klasse der
Grundschule die Jäger auf die Pirsch. Geht sehr früh los, so gegen sechs. Kann
das einer von euch machen?«
    Die meisten betrachteten eingehend ihre Schuhspitzen. Annika war
wohl die Einzige in der Runde, die das frühe Aufstehen gewohnt war. Sie meldete
sich freiwillig.
    »Hervorragend«, sagte ihre Chefin.
    Nach der Sitzung standen sie noch eine Weile auf der Straße zusammen
und redeten. Der neue Kollege tauchte hinter Annika auf.
    »Ich bin übrigens Bernd. Wir kennen uns noch gar nicht.«
    »Annika.« Sie gab ihm die Hand. »Willkommen im Team.«
    »Mal sehen, wie lange ich bleibe. Ich habe in Gelsenkirchen schon
drei Jahre beim Lokalteil gearbeitet. Irgendwann muss mal was anderes kommen.
Ich fange im nächsten Sommersemester an zu studieren. Publizistik, in Münster.«
    «Wirklich? Das mache ich vielleicht auch. Ich denke gerade darüber
nach. Ich habe die Unterlagen schon zu Hause liegen.«
    Er lächelte. »Dann sehen wir uns ja.« Sein blondes Haar verschwand
unter dem Helm. »Bis bald, Annika.«
    Sie sah ihn seinen Motorroller starten und davonfahren.
    Ihre Chefin steckte den Kopf durch die Tür.
    »Annika? Hast du noch einen Moment Zeit?«
    Sie verabschiedete sich von den anderen und folgte Sabine Wegener in
ihr Büro. Ihre Chefin kam sofort zur Sache.
    »Ich habe gestern erfahren, dass in der Steinfurter Redaktion die
Volontariatsstelle neu besetzt werden soll. Da habe ich sofort an dich gedacht.
Wäre das nichts?«
    »Im Ernst? Wieso ausgerechnet ich?«
    »Dein Stil ist gut, du schreibst frisch und locker, hast Humor und
den Blick fürs Wesentliche. Warum also nicht?« Sie lächelte. »Manchmal bist du
vielleicht ein bisschen chaotisch, aber daran kann man ja arbeiten.«
    »Aber muss man dafür nicht studiert haben?«
    »Nun ja, in den großen Redaktionen in Münster geht wohl tatsächlich
nichts mehr ohne Studium. Aber hier draußen ist das nicht unbedingt
Voraussetzung. Der letzte Volontär hatte auch nur Abitur.«
    Annika wusste nicht, was sie sagen sollte. Die erste Frage, die ihr
in den Sinn kam, war, ob sie dafür den Hof verlassen musste. Am liebsten würde
sie ja bleiben. Aber wäre das überhaupt möglich, auf dem Hof zu leben, ohne
dort zu arbeiten? Sie hätte nicht das Gefühl, dann noch dazuzugehören.
    »Denk mal darüber nach«, sagte ihre Chefin. »Du hast dir deine
Sporen verdient. Ich werde ein gutes Wort für dich einlegen.«
    »Danke«, sagte Annika. »Das ist sehr nett von Ihnen.«
    Auf dem Weg zurück zum Kindergarten ging ihr der Vorschlag nicht
mehr aus dem Kopf. Alles würde sich dadurch ändern. Ist es nicht zu früh
dafür?, fragte sie sich. Will ich das überhaupt zu diesem Zeitpunkt?
    Emma kletterte auf die Rückbank und plapperte sofort drauflos.
Erzählte alles, was sie den Vormittag über im Kindergarten erlebt hatte. Annika
hörte gar nicht richtig zu, doch Emma schien sich daran nicht zu stören.
    Als sie auf dem Hof ankam, war sie noch immer in Gedanken. Sie
bremste so abrupt, dass Emma einen Schrei ausstieß. Annika starrte durch die
Windschutzscheibe. Mitten auf dem Hof stand der Tanklaster der Molkerei. Der
Motor war abgestellt, der Fahrer nirgends zu sehen. Aus der Nähe wirkte der
Wagen riesengroß. Wie ein Ungeheuer, das man besser nicht weckt.
    Mit klopfendem Herzen fuhr Annika das Auto vors Tennentor und
stellte den

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