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Bauernjagd

Bauernjagd

Titel: Bauernjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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verschwinden
wir.«
    »Beeil dich aber.«
    Er sprang auf, hechtete zur Hauswand und drückte sich gegen das
Sandsteinfundament. Vorsichtig spähte er durchs Fenster. Annika bekam feuchte
Hände. Sie beobachtete ihn so gebannt, dass sie nicht bemerkte, wie die Haustür
geöffnet wurde.
    Ein Gewehrschuss donnerte durch die abendliche Stille. Annika
unterdrückte einen Schrei. Bernd rutschte von der Wand ab und fiel zu Boden.
Einen schrecklichen Moment lang glaubte sie, er sei getroffen worden. Doch
Vesting hatte nur in die Luft geschossen. Er trat auf Bernd zu und richtete die
Waffe auf seinen Oberkörper.
    »Du verdammter kleiner Dieb!«
    Bernds Gesicht war aschfahl. Er starrte Vesting wie einen Geist an.
Zitternd hob er die Hände. Vesting trat vor, packte seinen Kragen und prügelte
ihn zur Tür.
    »Na warte, Bürschchen. Du kannst was erleben.«
    Mit Tritten und Schubsen beförderte er Bernd ins Haus. Dann schloss
er die Tür, und sie waren verschwunden. Es wurde still.
    Annika wagte kaum zu atmen. Sie musste Hilfe holen. Die Polizei
rufen. Vielleicht würde Bernd dann nichts passieren.
    Hektisch sah sie sich um. Der Weg zurück zur Schmiede war zu
gefährlich. Vesting durfte sie nicht entdecken. Hinter dem Haus lag eine
Apfelwiese, darin das alte Backhaus. Von dort konnte man über das abgeerntete
Maisfeld zur Straße gelangen. Das wäre der beste Weg.
    Sie sprang auf und rannte los. Es waren nur ein paar hundert Meter
bis zur Straße.
    Sie achtete nicht auf die Schlinge, die im Gras neben dem Backhaus
lag. Sie achtete auf gar nichts. Lief einfach weiter, so schnell sie konnte.

16
    Hambrock fuhr langsam die Anhöhe hinauf. Der Hof von
Ludwig Schulze Ahlerkamp tauchte vor ihm in der Dunkelheit auf. Die
Biogasanlage hinter der Scheune war hell erleuchtet, überall standen große
Strahler herum. Er erreichte den Hof, eine Gruppe von Menschen wurde von seinen
Scheinwerfern erfasst. Sie blickten zu ihm herüber und hielten sich schützend
die Hände vors Gesicht. Hambrock erkannte Henrik Korb und zwei seiner
Mitarbeiter, ein paar Uniformierte standen ebenfalls dabei.
    Er parkte neben einer Stallwand, schaltete das Licht aus und verließ
den Wagen. Korb kam ihm entgegen, in der Hand einen Kaffeebecher. Hambrock
machte einen Schritt auf ihn zu, als er eine Gestalt bemerkte, die an der Stallwand
lehnte. Es war Heike. Sie starrte unbewegt vor sich hin und zog an einer Zigarette.
    »Seit wann rauchst du denn wieder?«, begrüßte er sie. »Du wolltest
doch ein für allemal damit aufhören.«
    Sie blickte ihn an. Ihr Gesicht war leichenblass.
    »Ach, leck mich am Arsch«, sagte sie, ging ein paar Schritte und zog
wieder an der Zigarette. Die Glut leuchtete in der Dunkelheit.
    Er wollte bereits hinterher, doch Korb hielt ihn auf.
    »Lass sie«, sagte er. »Es sieht wirklich schlimm aus.«
    »Was meinst du?«
    »Du weißt es noch gar nicht?«
    »Ich weiß nur, dass wir hier einen Leichenfund haben. Neben der
Biogasanlage, hat man mir gesagt.«
    »Die Leiche ist eher in der Anlage.« Korb leerte seinen Kaffee,
zerdrückte den Pappbecher und warf ihn achtlos auf den Hof. »Komm mit, ich zeig
sie dir. Du hast hoffentlich nichts gegessen.«
    »Was ist denn überhaupt passiert?«
    »Der Tote ist im Tank für die Biomasse zerhäckselt worden. Es
handelt sich um Ludwig Schulze Ahlerkamp, den Hofherrn.«
    »Zerhäckselt?« Hambrock spürte ein flaues Gefühl im Magen.
    »Ganz richtig.« Korb deutete auf den Tank. »Da sind Stahlmesser
drin. Der Motor wurde durch die Leichenteile überlastet und ist ausgefallen. So
wurde der Tote erst entdeckt.«
    Korb umrundete den Tank. Hambrock zögerte. Er dachte an den Selbstmörder,
der sich vor den Zug geworfen hatte. An das Blut auf der Lok und die
herumliegenden Körperteile. Er holte tief Luft, bevor er seinem Kollegen
folgte.
    Hinter dem Tank rückte eine Plane der Spurensicherung in sein
Blickfeld. Sie lag am Boden ausgebreitet, dunkle Klumpen waren dort aufgereiht.
Aus einigen ragten weiße Knochenteile heraus, die Bruchkanten ließen Spuren von
den Stahlmessern erkennen. Keiner dieser Klumpen war als Leichenteil zu erkennen,
es waren nur pampige Häuflein, von Blut und Maissilage schmutzig eingefärbt.
Ihm wurde schwindelig. Korbs Stimme drang von ferne zu ihm durch.
    »Sobald wir hier alles gesichert haben, leeren wir den Tank. Wir
wissen nicht …« Er stockte. »… wir wissen nicht, wie viel von dem Toten im
Fermenter gelandet ist. Wir gehen aber davon aus, dass der größte Teil

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