Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)
zwischen den Opfern?«
»Momentan gibt es da nur Roland.«
*
Gegen fünf waren sie zurück in Trier. Lichthaus hatte noch nicht seinen Schreibtisch erreicht, als Müller ohne anzuklopfen in den Raum trat.
»Kontrollieren Sie mich jetzt?« Wie er den Bürokratenhengst hasste.
»Nein, wie käme ich dazu. Der Präsident will Sie sehen.«
»Ich rufe ihn gleich an.«
»Er ...«
»Sobald man mir die Zeit lässt, mich hinzusetzen, werde ich mit ihm telefonieren.«
Müller schnaubte. »Was haben Sie herausgefunden?«
Lichthaus fasste widerwillig die wenigen Tatsachen zusammen, und endlich rauschte Müller ab. Das Telefonat mit dem Präsidenten war kurz, doch er spürte, wie die Luft knisterte. Die ganze Republik schien auf ihre Ermittlungen zu schauen, noch dazu zog man in Mainz an allen Reißleinen, um Schaden an der Regierung zu vermeiden, wie er am Morgen selbst hatte feststellen müssen. Der Präsident hatte das Gefühl, zwischen allen Stühlen zu sitzen.
Anschließend stahl Lichthaus sich fünf Minuten und telefonierte mit Claudia, die gerade dabei war, ihre Formen für die Fahrt in die Gießerei vorzubereiten. Sie wirkte müde. Nur Henriette quiekte vergnügt im Hintergrund. Beneidenswert, dachte Lichthaus, der die Leichtigkeit des Seins von Kindern immer bewundert hatte.
Dann wählte er Güttlers Nummer. Der Rechtsmediziner war sofort am Apparat. »Hallo Johannes. Mit deinem Anruf habe ich bereits gerechnet.«
»Ihr werdet ja auch ganz gut beschäftigt. Vier Menschen innerhalb von ein paar Tagen.«
»Vier?«
»Alexander Görgen ist letzte Nacht gestorben.«
»Das wird hart für Steinrausch. Sophie hat mir von Freitag erzählt.«
»Er ist glücklicherweise bei Busse in Betreuung.«
»Hoffentlich kann er ihm helfen. Du willst bestimmt Kaisers Obduktionsbericht. Also: Betäubung durch einen Elektroschocker. Anders als Görgen wurde er zweimal geteased. Hört sich an wie getoastet. Ich schätze, der war eine ganze Weile weggetreten. Dann wie gehabt: Schläge mit einem Ochsenziemer, die Einblutungen gleichen einem Meer. Er wurde deutlich grausamer gefoltert als das erste Opfer, ich habe die Bilder verglichen. Der Täter findet wohl Gefallen daran. Tiefer Schnitt an den Handgelenken. Ich denke, selbst wenn er am Boden liegen geblieben wäre, hättest du ihn nur mit sehr viel Glück retten können. Durch das Aufhängen ist das Blut mithilfe der Schwerkraft kräftig aus der Wunde geflossen. Übrigens ist der Kerl beneidenswert gesund gewesen.«
»Das hilft ihm nur nicht mehr.«
»Nein.«
Sie legten auf, und schon klingelte das Telefon erneut. Es war Siran, der ihm mitteilte, dass das Matrjoschka einem Oleg Olienko gehöre. Ein Ukrainer, der kurz nach Öffnung der Mauer herübergekommen war und seitdem das Lokal betrieb. Er war noch nie auffällig geworden.
Wenig später saß die Kommission zusammen und tauschte sich aus. Sie hatten Lichthaus’ Çaydanlik eingeweiht und reichten den darin gekochten Tee herum. Tiefenbach, der dabeisaß, wirkte amüsiert.
»Die Unterlagen, die Janina Kaiser aus dem Schließfach geholt hat, sind überwiegend Konto- und Depotdaten, jedoch ohne Auszüge. Alles anonym auf Barbados und auf den Cayman Islands.«
»Wieso dort?«
»Steueroasen. Da fragt niemand nach der Herkunft des Kapitals und gibt nie einer Fremdbehörde Auskunft.«
»Wir können ihm also unmittelbare Steuerhinterziehung nachweisen?«
»Eigentlich ja, die Wertpapiere und das Bargeld finden wir ganz gewiss auch in keiner Steuererklärung.« Sophie Erdmann zuckte mit den Schultern. »Nur wissen wir weder, woher das Geld kommt, noch um welche Beträge es sich in Übersee überhaupt handelt.«
»Was sagt Janina Kaiser?«
»Macht auf unwissend.«
Lichthaus stand auf und schrieb an den Pfeil, der quer über das Whiteboard von Kaiser zu Görgen führte, die Worte Schwarzgeld, Barbados und Terminliste. Dann wandte er sich an Tiefenbach. »Was ist mit der Finanzlage des alten Görgen?«
Der Leiter der Fahndungsgruppe war vorbereitet und zog augenblicklich einen Schnellhefter aus einem Stapel Papier, den er vor sich aufgebaut hatte. »Wir sollten hier privat und geschäftlich unterscheiden. Zum einen der Hof. Die Kollegen aus dem Wirtschaftsdezernat sehen sich momentan die Jahresabschlüsse an, konnten bislang jedoch nichts Auffallendes finden. Sie halten den Ertrag zwar für vergleichsweise hoch, doch nicht unmöglich. Hinweise auf Schwarzgeld gibt es keine, auch nicht in den Unterlagen aus seinem
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