Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)
Mails.«
Brauckmann nickte. »Denken Sie an die Aussage von Elzbieta Kowalski. Er war’s, oder wie soll man verstehen, warum er nicht auf den Hof gefahren, sondern zu Fuß angeschlichen ist. Von seiner Reaktion heute Mittag ganz zu schweigen. Die Spuren widerlegen zwar nicht die Angaben von Frau Görgen, insgesamt gilt er für mich jedoch bis auf Weiteres als anhand von Indizien überführter Täter«, zustimmendes Gemurmel, »und dementsprechend treten wir vor die Presse.«
Lichthaus meldete sich zu Wort: »Wir lösen die Soko aber noch nicht auf?«
Müller sah ihn nicht an, als er antwortete, fixierte stattdessen einen Punkt oberhalb der Tür: »Nein. Die Ermittlungen werden fortgeführt bis absolute Klarheit herrscht.«
Kurz darauf saßen Siran, Oliver Brauckmann und Lichthaus allein in dem nun zu großen Raum und tranken schon wieder Kaffee.
Der Staatsanwalt blickte ernst. »Sind Ihre Aussagen zu heute Mittag fertig?« Die Polizisten nickten. »Und es gibt keine Widersprüche?«
Lichthaus fing an, den Mann zu mögen. Er lächelte. »Wir haben das Gleiche erlebt und somit auch das Gleiche ausgesagt. Vertrauen Sie uns. Was ist mit Renate Görgen?«
»Liegt in Wittlich im Krankenhaus. Sie ist am Nachmittag zusammengebrochen, doch ihre Angaben decken sich mit dem, was Sie eben im Vortrag erörtert haben.« Er zögerte und schaute zu Siran hinüber, dann zu Lichthaus. »Also der Streit …«, wieder ein Zögern.
Lichthaus half: »Herr Özdemir kennt die Geschichte und hat vorhin alles mit angehört. Wir können offen reden.«
»Okay. Ich konnte Müller davon abbringen, eine Beschwerde einzureichen. Ich habe so etwas noch nie unter Kollegen erlebt.«
»Nun, Sie hatten bisher den richtigen Vorgesetzten.« Er lächelte nicht.
»Wie dem auch sei. Frau Otten hat mir von den damaligen Vorkommnissen erzählt, und ich verstehe Ihren Ausbruch. Ich schließe mich Ihnen an, erwarte jedoch, bei zukünftigen Ermittlungen, an denen wir gemeinsam arbeiten, keine derartige Szene mehr erleben zu müssen. Das hemmt das Verfahren, und hier hört meine Toleranz auf.«
Der Rüffel saß, und Siran schaute interessiert zu seinem Chef. Der grinste bitter. »Das ist deutlich, und ich gebe Ihnen Recht, meine Reaktion war zu heftig. So wird das nicht wieder vorkommen. Glauben Sie aber nur nicht, Müller und ich könnten Freunde werden. Außerdem, wenn er mich oder die Kollegen angreift, werde ich ihm auch weiterhin Grenzen setzen und zu einer Auseinandersetzung bereit sein. Ich denke da insbesondere an Steinrausch. Machen Sie ihn nicht fertig.« Brauckmann nickte und Lichthaus fuhr fort: »Wann beginnt die interne Ermittlung?«
»Voraussichtlich am Montag. Die Waffe ist schon zur Analyse im Labor, und alle Aussagen sind zusammengetragen. Mit der Pressekonferenz stellen wir die Öffentlichkeit ein wenig ruhig und nehmen uns die nötige Zeit für die Untersuchung. Der Polizeipräsident hat erste Schritte veranlasst.«
»Was ist Ihre Meinung?«
»Offiziell habe ich keine. Inoffiziell gesprochen hat Steinrausch sich unprofessionell verhalten, als er sich einem vermeintlich gefährlichen Verbrecher so unbedarft genähert hat. Das passiert aber nun einmal, wenn auch nicht immer mit solchen Folgen. Zum Glück. Ich denke, das Verfahren wird geräuschlos eingestellt, doch das ist meine private Einschätzung. Warten wir es ab.«
»Danke. Müssen wir mit zur Pressekonferenz?«
»Ja, der Präsident hätte gerne uns beide, den leitenden Staatsanwalt und Müller dabei.«
Lichthaus verdrehte die Augen.
*
Der Pressesaal war bis auf den letzten Platz gefüllt und neben den Zeitungsleuten hatten sich mehrere Fernsehsender eingefunden. Als Lichthaus durch die Hintertür eintrat, summte es wie in einem Bienenstock. Polizeipräsident Claus Pieper war erst vier Monate im Amt, und Lichthaus’ Abteilung hatte bislang nicht allzu viel mit ihm zu tun gehabt. Er mochte den Mann, sofern das bei politischen Beamten überhaupt möglich war, weil er pragmatisch arbeitete und nicht wie sein Vorgänger zuerst darauf achtete, seine Person aus der Schusslinie zu bringen, wenn sich Probleme ankündigten.
Der leitende Staatsanwalt war ein kleiner Kerl mit Glatze und großer Hornbrille, die wie ein Fremdkörper auf dem kahlen Kopf saß. Nederlof war seit einer Ewigkeit bei der Trierer Staatsanwaltschaft und sprach nun in ruhigem Ton mit dem ihn wenigstens um einen Kopf überragenden Pieper, während die Kameras surrten. Die Kollegen nannten ihn nur den
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