BAUhERrNOPFER
nach dem letzten Startversuch hineindrückte, glühend herausspringt. 'Du bist ein ganz durchtriebenes Stück Dreck.'
Bin ich froh, dass wir den Baum nicht mit unserem anderen Auto transportieren. Im Geiste notiere ich mir 'Fiat Uno mit Pickerl und Straßenzulassung zu verkaufen! An der Hinterachse tiefer gelegt; zwangsbelüftete Windschutzscheibe; um hundert Euro abzugeben.'
Jetzt wo Alles hin ist, geht es erstaunlich problemlos weiter. Nach jeder Bodenwelle tönt das Kreischen des Auspufftopfes am Asphalt, die Stoßdämpfer scheppern in den Radkästen hinten, als würde jemand mit einem Vorschlaghammer auf Metallplatten schlagen, aber wir kommen in Kürze zu Hause an. Unüberhörbar biege ich mit dem motorisierten Christbaum in unsere Gasse und finde glücklicher Weise auf Anhieb einen Parkplatz direkt vor der Haustüre. Babsi fragt mich, ob ich Hilfe benötige um den Baum in die Wohnung hinauf zu schaffen, und ich lehne dankend ab. Nachdem sie letzte Nacht nicht besonders gut schlief, ist sie nicht unglücklich darüber und geht schon mal hinauf, um sich ein wenig nieder zu legen. In der Zwischenzeit scheitere ich an unserer kleinen Aufzugkabine und schleppe den Baum durch das Stiegenhaus in den zweiten Stock hinauf, wo ich ihn einmal auf dem Gang liegenlasse. Bevor er ins Wohnzimmer kommt, sollte ich für ausreichend Platz sorgen, also schiebe ich alle Möbel soweit es geht an die Wände und schaffe in der Mitte des Raumes eine freie Fläche für den ultimativen Weihnachtsbaum.
Es ist soweit, der Baum kann in die Wohnung gebracht werden. Auch der Ständer steht bereit. Ich wuchte ihn mit dem dicken Stamm voraus in den Christbaumständer, der für Stämme bis zu einem Durchmesser von zehn Zentimetern geeignet ist, und scheitere erneut. Das Maßband aus Babsis Nähkästchen verrät mir auch warum, denn der Stamm ist mit dreizehn Zentimetern um ganze drei Zentimeter zu dick. Allerdings konnte ich den Baum auch nicht aufrecht hinstellen, was ein Zeichen für eine zu große Höhe ist. Nach einer Vermessung komme ich auf eine Gesamtlänge von dreihundertsechzig Zentimeter, somit ist er um rund sechzig Zentimeter zu hoch und muss abgesägt werden. Zuvor müssen aber die riesigen Äste im unteren Bereich weg, sonst kann ich die Länge nicht kürzen. Eine viertel Stunde lang säge ich an den dicken Ästen und dem Stamm mit einem alten und schon ziemlich unscharfen Fuchsschwanz, bis der Baum endlich in den Ständer passen sollte.
Das Maßband verrät mir, dass er den richtigen Durchmesser hätte, also noch einmal mit Schwung. Der Baum steht und ist so massiv, dass er auch gleich komplett gerade im Ständer verankert ist. Ich schnappe mir die Schere um das Netz aufzuschneiden und befreie den Baum von seinem einengenden Gefängnis. Gleich nach dem Entfernen des Netzes fällt mir auf, dass er doch etwas breiter ist, als er in den Weiten des Baumarktes wirkte. Bei dem Versuch ihn an seinen Platz zu stellen wird mir schnell klar, ohne ein paar Änderungen keine Chance zu haben, ihn richtig aufzustellen.
Abermals schnappe ich die Säge und entferne auf der Rückseite sämtliche Äste, sodass der Baum nur noch auf drei Seiten komplett ist. Dann schiebe ich ihn näher an die Wand, oder genauer gesagt vor ein Fenster und fixiere den, mittlerweile etwas instabil gewordenen Christbaum, mit Drähten an dem dahinter liegenden Fenster. Als ich endlich durch bin mit meinen Laubsägearbeiten, kommt Babsi erholt ins Wohnzimmer und freut sich verhalten über den doch etwas monströs wirkenden Inbegriff weihnachtlicher Tradition. »Meinst nicht, dass der ein Bisschen zu groß ist für unser Wohnzimmer?« Völlig fertig von der Aufstellerei, überhöre ich die leise Kritik und meine nur »Ist er nicht schön? So dicht und absolut symmetrisch.« »Ja schön ist er.«
Wenig später beginnen wir mit dem Aufputzen. Das geht ohne weitere Schwierigkeiten über die Bühne. Es ist unglaublich wie viel Christbaumschmuck auf den Ästen Platz findet.
Der Weihnachtstag ist gekommen und Babsi hat sich für das Weihnachtsmenü etwas ganz Feines einfallen lassen. Sie bereitet eine Vorspeise aus Forellenmousse, Saiblingssülzchen und Lachskaviar, zum Hauptgang werde ich gespickten Rehrücken mit Knödel und Rotkraut machen und als Nachspeise gibt es zu Weihnachten immer genug
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