BAUhERrNOPFER
nervös. Kann ich nicht einfach die Klappe halten?
»Sie wissen warum ich sie aufgehalten habe, Herr Hechter.« schürt er meine Neugier. Ähm. War das eine Frage oder eine Feststellung, weil ich eigentlich keine Ahnung habe. »Ist eines der Rücklichter kaputt?«, frage ich den Polizisten, nur um eine Gegenfrage zu erhalten, »Warum haben sie es denn so eilig?«
Offensichtlich war ich zu schnell. »Wir haben einen Termin in Oberösterreich und sind ein wenig spät dran, aber eigentlich hätt' ich gedacht, dass euch zehn km/h über der erlaubten Geschwindigkeit wurscht sind.« gebe ich mich betont lässig. »Wegen zehn drüber würde ich sie nicht aufhalten Herr Hechter.« Der ständige Einsatz meines Namens hat etwas Strafendes. Das ist so ähnlich als ob Eltern, die ihre Kinder normalerweise mit einem Kosenamen ansprechen, beim Schimpfen den Vornamen voll aussprechen. »Sie haben die erlaubte Höchstgeschwindigkeit, abzüglich der Messtoleranz, um siebenundzwanzig km/h überschritten, Herr Hechter!«
»Hoppla, das ist mir gar nicht aufgefallen. Da muss ich einfach besser aufpassen, damit ich die Geschwindigkeit nicht noch einmal überschreite. Wie teuer wird’s denn?«
Mit okkasionellen einundzwanzig Euro Organstrafe darf ich die Fahrt fortsetzen und komme mit einem 'blauen Auge' und nun wieder knapp fünfundzwanzig Minuten Verspätung davon. Die Zivilstreife fährt vor uns auf die Autobahn auf und nimmt nur einen Kilometer später die nächste Abfahrt. Jetzt muss ich die verlorene Zeit wieder reinholen und gebe Gas, wie jeder gute Autofahrer es täte, nachdem die statistische Wahrscheinlichkeit innerhalb weniger Kilometer mehrmals erwischt zu werden eher gering sein sollte.
Die restliche Fahrt verläuft problemlos und wir kommen, wider Erwarten, wirklich einige Minuten zu früh an unserem Zielort an. Als wir den Schauraum betreten, ist Herr Leitner etwas verwirrt, da er gerade beim Verlassen des Betriebes war und scheinbar nicht mit uns rechnete. Ein Blick auf seinen Kalender klärt die Situation allerdings und er bittet seine Assistentin, mit der er verheiratet zu sein scheint, einen anderen Termin bei einem Kunden, den er wohl zusätzlich zu unserem Termin geplant hatte, zu verschieben.
Wir erhalten die nicht ganz ungeteilte Aufmerksamkeit von Herrn Leitner, da dieser immer wieder nebenher durch Anrufe unterbrochen wird. Um die Farbe der Aluschalen auszuwählen brauchen wir ihn allerdings ohnehin nicht dringend, schließlich sind unsere Vorstellungen bereits sehr konkret. Eisengrau ist definitiv die richtige Wahl, nicht so deprimierend wie Schwarz und bei weitem nicht so brechreizauslösend wie das helle Dottergelb gleich daneben.
Nachdem ein weiteres Telefonat beendet ist, erhalten wir eine Erklärung über den Aufbau des undurchsichtigen Satinato-Glases für unsere Fenster in den Bädern und werden nach unseren Wunsch-Fenstergriffen und der Farbe für die Rollladenlamellen gefragt.
Jetzt kennen wir das ja alle, dass die Standardfarbe Klassikmittelgrauweiß im 70er Jahre Kunststofffinish kostenlos bei jedem Angebot enthalten ist. Möchte man aber etwas Hübscheres, Moderneres oder einfach Annehmbares haben, dann wird es umgehend um Einiges teurer. Mir geht es zumindest so, wenn mir zum Beispiel beim Herrenausstatter ein Anzug auf Anhieb gefällt, dann bin ich mit ziemlicher Sicherheit in der Designerabteilung für Russische Oligarchen gelandet und müsste einen Kredit aufnehmen, um ihn mir leisten zu können.
Freunde von uns machten einmal eine Bemusterung in einem Fertighauspark und konnten dort aus verschiedenen Designs wählen, mussten jedoch genau schauen, weil nur die Fenster und Türen mit einem grünen Punkt im Preis enthalten, die mit einem roten Punkt aber aufzuzahlen waren. Unnötig zu erwähnen, dass die im Hauspreis enthaltenen grünpunktigen Teile dem Haus den Charme einer Sozialwohnung der frühen 80er gegeben hätten.
Also hege ich natürlich die Befürchtung, bei der Fensterbemusterung ein ähnliches Schicksal zu erleiden, und für unsere Wunschfarben kräftig in die Tasche greifen zu müssen. Daher sage ich zu Babsi, als sie sich zu den alufarbenen Fenstergriffen beugt »Also ich finde die weißen Griffe sehr passend zum gleichfarbigen Fensterrahmen.
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