Baustelle Demokratie
ausmachen: Das erfolgreiche Engagement passt zur geschäftlichen Tätigkeit (»Business Case«) und ist niemals beliebig. Das Augsburger Pharmaunternehmen Betapharm ist damit bekannt geworden, dass es sich für chronisch kranke Kinder durch einen kostenlosen Beratungsservice und Investitionen in sozialmedizinische Forschung und Entwicklung engagiert. In Kooperation mit Organisationen der Bürgergesellschaft und der öffentlichen Hand konnte auf diese Weise ein Nachsorgemodell entwickelt werden, welches mittlerweile in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen wurde (vgl. ebd., 310f.).
Das Beispiel macht deutlich, dass das gesellschaftliche Engagement von Unternehmen letztlich nur dann sinnvoll ist, wenn es einen erkennbaren und dauerhaften gesellschaftlichen Nutzen mit sich bringt. Bleibt aber die bislang ungeklärte zentrale Frage nach dem politischen Nutzen des unternehmerischen Engagements (vgl. ebd., 363ff.): Fördert und stärkt es die Bürgergesellschaft? Fördert es Partizipation und Mitbestimmung? Erhöht es die Teilhabechancen für sozial Benachteiligte? Und trägt es zu einer Kultur offener und transparenter Prozesse auch in der Wirtschaft bei?
Vor diesem Hintergrund lässt sich das unternehmerische Engagement in den Kontext des Governance-Themas rücken. Unternehmen verfügen – durch die Globalisierung und eine massive Bevorteilung seitens neoliberaler Politik – heute über große ökonomische und daher faktisch über politische Macht. Damit geraten sie unter den Augen einer wachsamen Bürgergesellschaft in eine Debatte über gesellschaftliche Verantwortung. Dieser können sie durch eine ethisch motivierte Entwicklung von Geschäftsmodellen sowie durch ihr eigenes gesellschaftliches Engagement gerecht werden. Um die gesellschaftspolitische Debatte kommen sie keinesfalls herum. Bürgerschaftliches Engagement verfügt – mittels Informations-, Protest- und Boykottkampagnen – zunehmend über Möglichkeiten, die Geschäfte von Unternehmen empfindlich zu stören, um damit die Übernahme von Verantwortung einzufordern. Indem Geschäftsmodelle – Waffenproduktion, die Produktion großer Autos mit obszönem Spritverbrauch, die Herstellung von Luxusgütern unter Verschwendung wertvoller Ressourcen, Spekulationsgeschäfte auf den Finanzmärkten und vieles mehr – öffentlich zur Debatte stehen, wird das Wirtschaftsleben zumindest teilweise »demokratisiert«. Vor allem wird ein Bewusstsein dafür geschaffen, dass die Erzielung privaten Profits nicht allein Privatsache ist und dass Wirtschaft eben nicht nur »in der Wirtschaft« stattfindet, sondern politisch relevant und daher regulierungsbedürftig ist. Ohne die zahlreichen Interventionen der Bürgergesellschaft hätte diese Erkenntnis nicht etabliert werden können. Staatliche Politik vermag die Wirtschaft allein nicht zu regulieren. Dazu bedarf es des entsprechenden Drucks aus einer aktiven Bürgergesellschaft, die Wirtschaft und Politik in Bewegung zu setzen vermag.
Wenn wir das wollen – und es spricht einiges dafür, dass wir das wollen sollten –, dann bedarf es wiederum der Aufwertung der Bürgergesellschaft als Stimme der sozialen Demokratie. Und es braucht politische Akteure, die bereit sind, bürgerschaftliche Impulse aufzugreifen und in Politik zu übersetzen. Schließlich ist eine neue Generation von Managern und Wirtschaftsakteuren gefragt, die gesellschaftliche Verantwortung als ebenso wichtig erkennt wie Konzernergebnisse und den berüchtigten Shareholder-Value. Damit Unternehmen gesellschaftlich verantwortlich handeln können, bedürfen sie entsprechender Regelungen und Rahmenbedingungen; viel zu schnell würde sie sonst die Logik der Profitmaximierung wieder einholen. Governance bedeutet das Zusammenspiel einer tatsächlich aufs Gemeinwohl ausgerichteten staatlichen Politik mit einer wachsamen und Impulse gebenden Bürgergesellschaft und Wirtschaftsunternehmen, die verstanden haben, dass marktwirtschaftliches Handeln und gesellschaftliche Verantwortung zusammengehören. Das macht die Welt nicht per se besser, und es ändert auch nichts am systembedingten Grundwiderspruch zwischen Arbeit und Kapital. Doch schafft es die Voraussetzungen für eine am Gemeinwohl orientierte Politik, von der wir heute noch meilenweit entfernt sind.
c) Bürgergesellschaft – Non-Profit und Transparenz
Damit das Leitbild Bürgergesellschaft für die anderen Bereiche der Gesellschaft »maßstäbliche Kraft gewinnen« (Bürsch
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