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Bd. 1 - Die dunkle Schwinge

Bd. 1 - Die dunkle Schwinge

Titel: Bd. 1 - Die dunkle Schwinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter H. Hunt
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will nicht seine Größe in Frage stellen«, fügte er rasch an, da sich abermals Gemurmel breitmachte. »Ganz im Gegenteil. Wer kann schon sagen, wo wir heute ohne Imperator Willem wären? Aber wir dürfen eines nicht vergessen.«
    Er lehnte sich vor und zeigte erneut auf das Porträt. »Bevor Seine Hoheit Willem I. das Imperium gründete, war er Admiral Willem McDowell von der European Space Agency. Als man ihm das Kommando über die Flotte gab, hielt ihn niemand für subversiv oder für einen Verräter, und doch gab man ihm mit diesem Posten auch seine Macht. Die European Space Agency unterstellte ihm ein Geschwader Raumschiffe, mit denen er ins Sol-System vordrang und seine Heimatwelt im Würgegriff hielt, während er seine Bedingungen diktierte.
    Die Geschichte wird von Siegern geschrieben, Herr Vorsitzender. Das ist eine bestens bekannte Tatsache, die sich durch die ganze Menschheitsgeschichte zieht. Da ihn niemand aufhalten konnte, waren unsere Vorväter gezwungen, auf seine Forderungen einzugehen. So entstand das Imperium. Unsere Imperatoren und die Admiralität haben seitdem immer darauf geachtet, dass sich so etwas nicht wiederholen kann. Dank eines ausgeklügelten Systems hat kein Admiral jemals mit dem Gedanken gespielt, den Thron an sich zu reißen, der von Imperator Willem geschaffen wurde – bis heute.«
    Es folgte eine weitere Pause [Das ist doch nur eine Showeinlage, damit es dramatischer wirkt, dachte die Premierministerin). Das Gemurmel im Saal war inzwischen einer Grabesstille gewichen.
    »Admiral Lord Marais, unser heldenhafter Kommandant an der Peripherie, wurde vor sechs Monaten nach dem Zwischenfall von Pergamum zum Befehlshaber der Flotte ernannt, und zwar mit der ausdrücklichen Aufgabe, die Zor zu schlagen. Er wurde durch ein Dokument der Admiralität ermächtigt, das jetzt Teil der öffentlichen Akte ist.« Er wartete kurz, bis die elektronische Darstellung des Dokuments auf den Monitoren der anderen Abgeordneten zu sehen war. »Ich mache dabei vor allem auf die Bedingungen dieser Ernennung aufmerksam: Lord Marais wurde gemäß den Bedingungen der Allgemeinen Order 6 mit umfassenden Machtbefugnissen ausgestattet. Für alle, die mit dieser speziellen, üblen Direktive der Admiralität nicht vertraut sind, möchte ich sie Ihnen kurz erläutern.«
    Wieder trank er einen Schluck. »Diese Order reicht zurück in die Frühzeit unseres Imperiums. Kommandanten sollten auf dieser Basis Entscheidungen treffen können, ohne permanent mit einem Vorgesetzten Rücksprache nehmen zu müssen. Ich darf daran erinnern, Herr Vorsitzender, dass die Technologie der überlichtschnellen Kommunikation zu dieser Zeit noch in den Kinderschuhen steckte. Daher gehörte die Allgemeine Order 6 zu den Einsatzbefehlen eines Kommandanten, damit er eine gewisse Handlungsfreiheit bekam. Und dank dieser Order macht unser Admiral aus diesem Krieg, was ihm gefällt. Dank dieser Order weigert er sich, anderslautende Befehle zu akzeptieren. Er weigert sich, sein Vorgehen zu stoppen, weil er sich auf die Allgemeine Order 6 beruft.«
    Wegen der zunehmenden Unruhe im Saal musste Hsien die Stimme erheben. »In unserer langen und gewalttätigen Geschichte ist die vollständige Auslöschung einer ganzen Spezies niemals vorgekommen, doch wie es jetzt scheint, ist dieser Akt eine ausgemachte Sache. Wir werden das als den Preis dafür akzeptieren müssen, dass wir ins All vorgestoßen sind. Wovor ich mich fürchte – und davor sollten Sie sich auch fürchten –, das ist die Frage, was er als Nächstes machen wird. Die Antwort auf diese Frage finden Sie in unserer Geschichte. Indem wir einem Verrückten, der fähig ist, eine ganze empfindungsfähige Spezies auszulöschen, uneingeschränkte Autorität übertrugen, haben wir vielleicht unser eigenes Schicksal besiegelt.«
    Er musste immer lauter werden, um den Hammer und die Herr-Vorsitzender-Rufe zu übertönen, mit denen er daran gehindert werden sollte, seine Rede zum Abschluss zu bringen. Irgendwie schaffte er es dann aber doch noch.
    »Machen Sie sich bereit, meine Damen und Herren, für den Tag, an dem wir das Porträt unseres geliebten Gründers des Imperiums abnehmen werden, um es zu ersetzen durch ein Bild unseres neuen Imperators … Admiral Ivan Hector Charles Marais, Lord Marais.«
    Das Licht im Konferenzraum des Admirals war mit Rücksicht auf den gefangen genommenen Zor gedämpft, was der Szene etwas ungewollt Melodramatisches verlieh. Sergei hatte für eine Eskorte aus

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