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Bd. 1 - Die dunkle Schwinge

Bd. 1 - Die dunkle Schwinge

Titel: Bd. 1 - Die dunkle Schwinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter H. Hunt
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Ihnen, und ich glaube fest an das, was wir hier machen. Ich weiß bloß nicht, womit wir es hier zu tun haben.«
    Marais’ Wut war noch nicht völlig verraucht. »Was bedeutet das, Torrijos, falls Sie Recht haben?«
    Diese Frage hatte Sergei erwartet, dennoch musste er erst einmal tief Luft holen, ehe er antwortete. »Das weiß ich noch nicht so ganz, Admiral. Ich habe versucht, es zu durchdenken. Captain Stone verfügt offenbar über Fähigkeiten und Möglichkeiten, die wir nicht besitzen. Vielleicht wurde Stone von irgendjemandem darauf angesetzt, bei diesem Feldzug mitzumachen, womöglich indem er Sie oder einen anderen wie Sie suchen sollte. Sein Handeln trug dazu bei, dass Sie Admiral wurden. Vielleicht glaubte er an Ihr Talent, Ihren Willen und Ihre … wie soll ich es nennen? … Ihre Überzeugung, dass Sie derjenige waren, der diese Aufgabe erledigen konnte.«
    »Den Krieg zu gewinnen.«
    »Mindestens das, Sir. Ich bin meine Begegnungen mit Captain Stone in den letzten Monaten durchgegangen. Ich glaube, er nahm die religiösen Anspielungen des Feindes niemals ernst, außer in einer Hinsicht – nämlich bei der Frage, welche Rolle sie spielten, damit die Flotte die Zor vernichten könnte.«
    »Er half mir doch, das Buch zu schreiben. Er las die gleichen Texte wie ich.«
    »Aber ich glaube, er zog andere Schlüsse. Sehen Sie sich doch sein Handeln an: Er versuchte, andere Meinungen unter den Offizieren zum Verstummen zu bringen. Er stellte die Glaubwürdigkeit des gefangenen Zor und die von Sergeant Boyd in Frage. Ich glaube nicht, dass ihm jemals an irgendeiner Art von Verständigung gelegen war. Er drängte nicht auf eine Eroberung, Mylord. Er wollte die Auslöschung der Zor erreichen.«
    »Wir wussten aber immer, dass diese Möglichkeit bestand.«
    »Ja, Sir, das ist richtig. Wir nahmen stets an, die Zor zu vernichten, sei unvermeidlich, wenn sie sich nicht mit uns auseinander setzen wollten. Aber so wie ich das sehe, strebte Captain Stone auch gar kein anderes Resultat an. Ich möchte wetten, wenn Stone jetzt hier bei uns wäre, würde er Ihnen empfehlen, die Kapitulation nicht anzunehmen. Er würde sagen, es ist eine Falle.«
    »Warum sollte er das machen?«
    »Das wüsste ich auch gern, Admiral. Aber ich frage Sie eines, Admiral: Wenn irgendjemand da draußen will, dass wir für ihn die Zor ausradieren, sollte das nicht Grund genug sein, darüber erst noch einmal in aller Ruhe nachzudenken?«
    Er zeigte seinen Ausweis dem Wachmann am Empfang, während ein zweiter bei ihm einen Retina-Scan vornahm. Sicherheit wurde hier in Langley groß geschrieben. Kein Wunder, war doch diese Basis so wie der Rest von Callisto, die exklusive Domäne des Imperialen Geheimdienstes. Hierher zu gelangen, war schon schwierig genug, doch der Zugang zu dem weitläufigen Komplex war einem noch kleineren Kreis vorbehalten. Nicht mal ein Dutzend Personen im Imperium war berechtigt, die Tür durchschreiten zu dürfen, die sich unmittelbar vor ihm befand.
    Die Tatsache, dass er zu diesem Kreis gehörte, und das Wissen, warum er einer jener Privilegierten war – eidetisches Gedächtnis, ein überragender analytischer Verstand sowie (das hielt er sich immer wieder amüsiert vor Augen) eine unglaubliche Demut –, gaben ihm stets aufs Neue das Gefühl, dass mit dem Universum noch alles in Ordnung war. Während er dastand und sich identifizieren ließ, verarbeitete sein Verstand kontinuierlich jenen Datenstrom, der langsam aus dem sternförmigen Ohrring in sein rechtes Ohr geflüstert wurde. Ständig auf dem Laufenden zu sein, bedeutete schon die halbe Arbeit. Er achtete darauf, dass er nie ins Hintertreffen geriet.
    »Scheint alles in Ordnung zu sein, Captain Smith«, sagte der Wachmann und gab ihm seinen Ausweis zurück. Sein momentanes Gesicht sah ihm von dort entgegen: selbstsicher, mit dem Ansatz eines Grinsens. Der Name SMITH, JOHN T., CAPTAIN, IIS stand darunter.
    Wortlos nahm er den Ausweis an sich und befestigte ihn am Revers, nickte den Wachleuten zu und ging durch die Tür.
    »Ah, da sind Sie ja, Green.«
    Die Direktorin und die fünf anderen im Raum beobachteten ihn aufmerksam, wie er sich ihnen näherte. Es war ein großes Konferenzzimmer, nur schwach beleuchtet, im Hintergrund eine halbkreisförmige Aussicht auf den Jupiter. Der Anblick konnte ihn jedes Mal aufs Neue verzaubern, wenn auch nur für ein paar Sekunden. Ihm war vor langer Zeit klar geworden, dass 3-V niemals dem Spektakel gerecht werden konnte, das er

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