Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bd. 1 - Die dunkle Schwinge

Bd. 1 - Die dunkle Schwinge

Titel: Bd. 1 - Die dunkle Schwinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter H. Hunt
Vom Netzwerk:
Allerdings unterschieden sich die Umstände deutlich von jenen, die ’96 geherrscht hatten. Damals war der Krieg in vollem Gang gewesen, und die Regierung nahm jeden verfügbaren Offizier. Nun waren die Aussichten für seine Karriere deutlich besser, denn aus dem sechsundzwanzig Jahre alten First Lieutenant war ein einundvierzigjähriger Commodore geworden, der sogar mehr Ansehen genoss und gefechtserprobter war als Ted McMasters zu seiner Zeit.
    Eines der Privilegien eines Commodore bestand darin, einen verschwenderisch ausgestatteten Speisesaal verlangen zu können, um während des Essens zu konferieren. Sergei hatte am Abend zuvor telefonisch reservieren lassen und war erschrocken gewesen, mit welcher Unterwürfigkeit Bürokraten einem Flaggoffizier begegneten, sogar dann, wenn der gerade erst auf diesen Posten befördert worden war. Der Warrant Officer, der die Transaktion erledigte, fragte nicht mal nach einer Kontonummer für die Belastung, obwohl er hundert andere Fragen zu stellen wusste – zur Sitzordnung, zum Menü, zum Wein, sogar zur Farbe der Tischdecke und des Geschirrs. Sergei hatte als Teds XO und als Captain seines eigenen Schiffs bereits mit solchen Dingen zu tun gehabt, jedoch nie in solchen Dimensionen. Seit seiner Rückkehr von der Front hatten sich die Ereignisse so sehr überschlagen, dass ihm der Überblick abhanden gekommen war. Ihm wurde klar, dass er einen Staff Officer benötigte, der sich zukünftig dieser Details annehmen würde.
    Um 1130 am Morgen seines Stabstreffens kam ein Aircar zu ihm und brachte ihn mit halsbrecherischem Tempo vom BOQ zum Rickover Building, jenem vorwiegend aus Glas und Stahl bestehenden, fünfunddreißig Etagen zählenden Verwaltungsgebäude, in dem die Messe für die Gefechtsoffiziere untergebracht war. Zum Glück zählte der Fahrer zur schweigsamen Sorte, und er war klug genug, einen Commodore nicht zu stören, wenn der in Gedanken versunken war.
    Es gab einiges, worüber Sergei nachdenken musste. In den wenigen Tagen seit seinem Treffen mit Admiral McMasters war er gezwungen gewesen, in der halben Zeit die Schiffe auszuwählen und die Versetzungsbefehle für jene Offiziere zu erhalten, die er seinem Kommando unterstellen wollte. Als jüngster Flagg-Commodore in der Flotte Seiner Imperialen Majestät hatte er wiederholt den Namen des neuen Flottenadmirals ins Spiel bringen müssen, um ähnliche Anforderungen anderer Offiziere in ihrer Dringlichkeit zurückzustufen, die ebenfalls versuchten, jene Posten neu zu besetzen, die durch die Kämpfe bei Pergamum und an anderen Stellen entlang der Peripherie frei geworden waren. Anders als unterwürfige Stabsoffiziere hatte jeder Gefechtsoffizier im aktiven Dienst Einfluss auszuüben und Privatinteressen zu verfolgen. Er wusste, dass er durch plumpes Taktieren manche vor den Kopf gestoßen und sich vielleicht sogar ein paar Feinde gemacht hatte. Doch es stand zu viel auf dem Spiel, um sich darüber Sorgen zu machen.
    Während das Aircar weiterflog, ging Sergei in Gedanken durch, was er in den letzten Tagen erreicht hatte. Nach einigem Hin und Her war es ihm gelungen, alle zehn Kommandopositionen in seinem Geschwader zu besetzen. Allerdings musste er dafür mehr Fäden ziehen als bei allen anderen Verhandlungen, die er in der Navy bislang mitgemacht hatte. Die kleineren Schiffe zurückzuerlangen, war von allem noch das Leichteste gewesen. Das plötzliche Wiederaufflammen des Krieges hatte die Kreuzer-Formationen massiv zerrissen, sodass die Schiffe einzeln oder in Zweiergruppen zur Verfügung standen. Bei den größeren Schiffen war es nicht so mühelos verlaufen, vor allem wenn ihre Commander in die Kämpfe verwickelt gewesen waren, doch letztlich war es ihm gelungen.
    Der Ausbruch des Krieges hatte alle überrascht – sogar diejenigen an den Grenzen des Imperiums, wie sich Sergei vor Augen hielt. Mehrere Tage waren nötig gewesen, das Sol-System zu erreichen, wo er seine Beförderung bestätigt bekam und neue Befehle erhielt. Die Ranken seiner Privilegien hatten bereits Halt gefunden und machten sich das durch Pergamum und die Folgen ausgelöste Chaos in der Befehlskette zunutze. Es gab genügend Offiziere, die keinem Kommando zugeteilt waren, daher war es kein Problem, Personal zu finden. Schiffe Seiner Majestät zu bekommen, war jedoch ein ganz anderes Thema gewesen.
    Er hatte keinen Gebrauch gemacht von seinem Vorrecht, die Commander jener Schiffe auszutauschen, die ihm nun unterstanden, weil er darauf vertraute,

Weitere Kostenlose Bücher