Bd. 1 - Die dunkle Schwinge
Portale aus Glastahl konnte man die beschädigten Raumschiffe sehen, deren Profile sich deutlich von dem sternenübersäten Himmel abhoben. Schweißer in Raumanzügen schwebten wie Glühwürmchen an den Außenhüllen, um Reparaturen vorzunehmen. Klaffende, unregelmäßig geformte Löcher im Rumpf zeugten von dem Schicksal, das diese Schiffe ereilt hatte. Viele von ihnen waren völlig unvorbereitet gewesen, hatten die Abwehrfelder nicht aktiviert und waren damit ungeschützt den Angriffen ausgeliefert gewesen. Die Erinnerungen an die Schlacht kehrten zurück, während Sergei dem Admiral folgte. Mehrere Gruppen von Arbeitern beantworteten Marais’ Fragen und erklärten ihre Arbeit an dem jeweiligen Schiff. Der Admiral gewann mühelos ihr Vertrauen, da er keine Frage zweimal stellte und nie herablassend mit den Leuten redete. Die stolzen Namen der Schiffe Seiner Majestät waren auf den Statustafeln vor den Zugangsschleusen aufgelistet, während draußen im All die Mannschaften fieberhaft daran arbeiteten, eben diese Schiffe wieder raumtauglich zu machen.
»Diese Schiffe sind dort draußen, weil die Zor etwas taten, was ihnen niemand zugetraut hatte«, sagte Marais. »Wie ich gehört habe, sollen sechs weitere Schiffe bis Monatsende wieder einsatzbereit sein. Damit werden die Zor nicht rechnen.« Er hatte den Arbeitern aus eigener Tasche einen beträchtlichen Bonus versprochen, sollten sie mit den Reparaturen termingerecht fertig sein. So etwas war zwar ungewöhnlich, aber es kam schon einmal vor. »Wir werden in zweiundsiebzig Stunden nach Pergamum springen. Commodore, informieren Sie bitte alle Geschwader. Ihre Befehle finden Sie im Computer der Lancaster hinterlegt.«
»Zweiundsiebzig Stunden. Aye-aye, Sir … Wo wollen Sie mit dem Rest der Flotte zusammentreffen? Die Einsatzbefehle sprachen von einem umfassenden Aufmarsch hier bei Mustapha.«
»Daran hat sich auch nichts geändert. Allerdings werden wir den Zor bis dahin bereits mindestens einmal schwere Schäden zugefügt haben.«
»Bei Pergamum, Sir?«
»Bei L’alChan, Commodore.«
»L’alChan verfügt meines Wissens nicht über einen Flottenstützpunkt, Sir.«
»Ganz richtig. L’alChan ist ein ziviles Ziel. Es sollte für unsere Zwecke genügen, nämlich die Zor-Flotte aus der Reserve zu locken und sie zu einem Fehler zu zwingen.«
»Die Zor-Flotte wird unserer Flotte ohne Zweifel überlegen sein, Sir. Darf ich auf die Risiken hinweisen, die damit …«
»Ich bin mir der Risiken durchaus bewusst, Commodore.« Marais wandte sich von der Schleusentür ab und sah Sergei an. »Es gibt aber keinen Grund, sich Sorgen zu machen wegen der Zor-Flotte. Von ein paar Schiffen abgesehen, die das System verteidigen, werden wir bei L’alChan auf keinen nennenswerten Widerstand stoßen. Und dennoch wird das unseren Absichten dienen.«
»Jawohl, Sir. Allerdings fürchte ich, dass ich das nicht verstehe, Sir.«
Stone lächelte finster und breit.
»Alles zu seiner Zeit, Commodore«, gab der Admiral zurück.
Marais hatte entschieden, dem Sha’en-Geschwader die Aufgabe zu übertragen, die Heimatfront und den Flottenstützpunkt auf Mustapha zu bewachen. Sein eigenes Geschwader würde in der momentanen unvollständigen Zusammensetzung den Krieg ins Territorium der Zor hineintragen. Die zehn Schiffe seines Geschwaders legten den Sprung von Mustapha nach L’alChan in weniger als sechs Tagen zurück. Wie vom Admiral vorausgesagt, hatten die Zor keinen so frühen Angriff erwartet, und erst recht nicht gegen eine Welt, die keinen militärischen Wert besaß.
Die Finsternis des Sprungs wich dem quecksilbergrauen Wirbel, der sich zu Streifen veränderte, aus denen Sterne wurden. Die Lancaster war bereits gefechtsbereit, als der Bugmonitor wieder ein normales Bild zeigte. Der Admiral hatte den Brückenplatz des Chefingenieurs eingenommen, von dem aus er einen guten Blick auf das Pilotendisplay und die Waffenstationen hatte.
»Anne«, sagte Sergei, ohne seinen Kommunikationsoffizier anzusehen. »Geben Sie das Signal, dass der Sprung beendet ist.« Er richtete seine Aufmerksamkeit auf das große 3-D-Display vor ihm, das den umgebenden Raum der Lancaster anzeigte. Zu sehen war ein detailliertes Bild des Systems; kleine Symbole kennzeichneten die Massendichte in der Nähe der sieben Planeten und ihrer Sonne, außerdem gab das Display Hinweise auf Gefahren für das Schiff und auf ungewöhnliche Eigenschaften.
Sobald die anderen Schiffe des Geschwaders ins System kamen, würden
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