Bd. 1 - Die dunkle Schwinge
eleganten Gebäude waren nicht in sich zusammengebrochen. Die hängenden Straßen waren auf den Grund gestürzt, der Boden war verbrannt und von Explosionstrichtern überzogen. Eine Mischung aus Ruß und feiner Asche regnete noch immer auf die Stadt herab, wirbelte inmitten der Trümmer umher und folgte der leichten Morgenbrise über die breiten Alleen. Sie überzog sogar die Tragflächen des Fighters, der seinem Treffpunkt mit dem Mutterschiff entgegenflog.
Seit ein einzelnes Geschwader den Sprung von Mustapha aus angetreten hatte, war die Zahl der großen Schiffe unter dem Kommando von Admiral Marais von zehn auf dreißig angewachsen. Die Arbeiten bei Mustapha kamen gut voran, vor allem angespornt durch die Zusage von Sonderzahlungen sowie durch den Einsatz von zusätzlichem Personal. Sergei war von allen Commandern der dienstälteste, zudem hatte er den Admiral an Bord, womit seinem Schiff die Führungsposition zufiel. Nach der Ankunft der beiden anderen Commodore bei Pergamum nur wenige Stunden nach dem Angriff auf R’h’chna’a hatte er die Vorbereitung einer umfassenden Untersuchung für den Admiral geleitet. Geheimdienstberichte über die Bewegungen der Zor waren dafür ebenso zusammengestellt worden wie Empfehlungen für das weitere Vorgehen. Bei der Fertigstellung seines Berichts griff Sergei nicht nur auf die Senioroffiziere zurück, sondern auch auf die Kommandanten mit der meisten Erfahrung – Bert Halvorsen, Gordon Quinn und Uwe Bryant.
Übergeben wurde der Bericht spät während der Abendwache, einen Tag nach Eintreffen der Neuankömmlinge und nach einer hektischen Vorbereitungsphase, die die ganze Schiffsnacht in Anspruch nahm. Marais brauchte nur vier Stunden, dann rief er sechs Offiziere zu sich, um das Ergebnis zu präsentieren. Der Admiral hatte das Recht, jeden Raum auf jedem der Schiffe dieser Flotte in Anspruch zu nehmen, doch er bevorzugte es, seine Konferenzen an Bord der Lancaster abzuhalten. Ein Raum nahe dem Quartier des Admirals war für seine Zwecke umgebaut worden – 3-V-Sessel und -Tische hatte man aufgestellt, um einen Besprechungsraum daraus zu machen. Hier traf sich der Admiral mit seinem übermüdet dreinblickenden Stab.
Die Offiziere betraten den Raum und nahmen Platz, ohne dass Marais etwas sagte. Lediglich Sergei warf er einen Blick zu. Der wusste, was in diesem Bericht stand, und er hatte eine Vorstellung davon, wie der Admiral darüber dachte. Dennoch ließ er sich nichts anmerken, als er sich wie die anderen hinsetzte.
»Gentlemen«, begann Marais schließlich, als auch er sich gesetzt hatte. Seine Hände legte er auf die schwarze Tischplatte, die sein Gesicht widerspiegelte. »Ich habe mir den von Ihnen vorbereiteten Bericht angesehen. Nachdem ich mich mit seinem Inhalt auseinander gesetzt habe, bin ich zu der Ansicht gekommen, dass mir wegen meiner mangelnden Erfahrung an der Front die Feinheiten Ihrer Argumente nicht klar sind.« Die Art, wie er das sagte, machte deutlich, dass er es so nicht meinte. »Ich möchte gern, dass Sie sie mir erläutern, damit ich mich eingehender damit befassen kann.«
Sergei war überrascht. Er hatte schon mit einer formellen Zurückweisung des Berichts gerechnet. Was er von dieser Reaktion des Admirals halten sollte, wusste er nicht. Klar war nur, dass seine Bitte nichts anderes als ein Befehl war.
»Captain Bryant«, sagte er. »Können Sie die Präsentation übernehmen?«
»Mit Verlaub, Sir«, erwiderte der, sah hilfesuchend zu Sergei und dann wieder zu Marais. »Ich bin nicht vorbereitet auf …«
»Dessen bin ich mir bewusst«, fiel der Admiral ihm ins Wort. »Es muss ja nichts Hochgestochenes sein. Bitte, ich höre.«
Bryant stand auf und nahm seinen Bericht mit zu dem kleinen Podest am anderen Ende des Raums. Sein Blick fiel auf Sergei, als könne der ihm helfen. Bryant war sich erkennbar nicht im Klaren darüber, welchem Zweck diese Demonstration folgte. Wollte Marais ihn vor den anderen blamieren? War er irgendwie zwischen die Fronten geraten?
»Schirm aktivieren«, sagte er in den Raum und tippte auf die Tasten eines in die Tischplatte eingelassenen Pads. Das 3-V schimmerte kurz, dann zeigte es eine Karte der Neuen Territorien sowie der angrenzenden Regionen, die von den Zor kontrolliert wurden.
Bryant räusperte sich und sah von einem Offizier zum nächsten. »Der jüngste Konflikt begann mit einem Angriff der Zor auf den Flottenstützpunkt bei Pergamum.« Er berührte eine Taste; ein Punkt in der Darstellung wurde um
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