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Bd. 1 - Die dunkle Schwinge

Bd. 1 - Die dunkle Schwinge

Titel: Bd. 1 - Die dunkle Schwinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter H. Hunt
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Ohne Rücksicht auf die politischen Auswirkungen hatte Admiral Lord Marais den Krieg in einer Weise zu den Aliens getragen, die von einer breiten Öffentlichkeit abgelehnt wurde. Die Regierung war dadurch in eine Zwickmühle geraten, da sie entweder diese brutalen Taten gutheißen oder aber zugeben musste, dass der Navy die Kontrolle entglitten war.
    Es kam der Wahl gleich, ob er sich besser erhängen oder von einer Klippe stürzen sollte. Das Ergebnis war in jedem Fall das gleiche.
    Als Ausweg hatte er sogar erwogen, einen Offizier gegen den anderen auszuspielen, um die Kriegführung wieder in den Griff zu bekommen. Der Imperiale Geheimdienst war aber clever genug, sich keine Verantwortung unterschieben zu lassen. Am Ende hatte er selbst wie ein Idiot dagestanden und den Zorn Seiner Majestät über sich ergehen lassen müssen.
    »Tun Sie was!«, hatte der Imperator ihm gesagt. »Sonst ist Ihr Arsch fällig!«
    Viel konnte er nicht tun. Seine Quellen und der Geheimdienst lieferten ihm aktuelle Berichte, die dafür sprachen, dass Marais völlig den Verstand verloren hatte und predigte – ja, das war das richtige Wort –, die Zor müssten ausgelöscht werden. Die Spur der Verwüstung, die er bislang hinterlassen hatte, ließ vermuten, dass er seinen Plan ohne Mühe würde ausführen können, selbst wenn dies zur Auslöschung einer ganzen Spezies führte. Es konnte leicht dorthin führen. Wie weit würde Marais gehen?
    Und wie konnte er ihn aufhalten?
    Der Wind fuhr durch die Bäume vor dem Gebäude, als wolle er den Premierminister verspotten, weil dessen Frage so sinnlos war. Zum ersten Mal in seiner langen Parlamentskarriere fühlte er sich völlig hilflos.
    Ein leises Klingeln unterbrach seine Gedanken. »Exzellenz, der Abgeordnete Hsien möchte Sie sprechen.«
    »Schicken Sie ihn in zwei Minuten zu mir.«
    Wieder sah der Premierminister zum Fenster und erblickte im Glas sein Spiegelbild. Mein Gott, dachte er. Ich sehe völlig mitgenommen aus. Das geht so nicht. Von seiner charakteristischen Willensstärke erfüllt, holte er tief Luft und straffte die Schultern, fuhr sich über sein schütteres Haar und strich sich mit einem Finger über den gepflegten Bart. Als er sich vom Fenster abwandte, um seinem Besucher gegenüberzutreten, schien er seine Vitalität zurückerlangt zu haben.
    Mit einem leisen Summen ging die Tür auf. Ein junger Mann mit kaffeebrauner Haut und orientalischen Gesichtszügen betrat das Büro. Er war modisch gekleidet und strahlte unerschütterliches Selbstvertrauen aus. Das Lächeln auf seinen Lippen war so, wie er es in der Öffentlichkeit oft zur Schau trug. Während er sich mit ausgestreckter Hand dem Premierminister näherte, jagten seine Blicke blitzschnell durch das Zimmer, als wolle er alles erfassen und sehen, ob es ihm wohl zusagen würde.
    »Tomas, es freut mich, Sie zu sehen.« Der Premier kam ihm bis zur Mitte des Raums entgegen und gab ihm die Hand. Tomas Hsien, Führer der Commonwealth-Partei, verzog keine Miene.
    »Danke, dass Sie sich die Zeit nehmen, Georges. Mir ist klar, dass Sie einen vollen Terminkalender haben.«
    Der Premierminister zeigte auf zwei bequeme Sessel, die vor einem unbenutzten Kamin standen, unter einem riesigen Porträt des Imperators. »Nun«, sagte er, als sie saßen. »Womit kann ich Ihnen dienen?«
    »Sie wissen, warum ich hier bin. Wir müssen nicht um den heißen Brei herumreden.« Im düsteren Licht des Nachmittags hatte sein unverrückbares Lächeln etwas fast schon Tödliches. »Ich glaube, in der Versammlung ist Ihnen kein langes Leben mehr beschieden.«
    »Ich habe nach wie vor die Mehrheit hinter mir. Nichts hat sich geändert.« Der Premierminister lehnte sich nach hinten.
    »Alles hat sich geändert. Sie haben die Kontrolle über den Krieg verloren.«
    »Sie haben nichts in der Hand, um diese aberwitzige Behauptung zu belegen. Der Krieg verläuft exakt nach dem Plan der Admiralität.«
    »Und wie sieht dieser Plan aus?«
    »Darüber kann ich mit Ihnen nicht reden.«
    »Wir unterhalten uns hier unter vier Augen, Georges. Was wir sagen, wird nicht offiziell dokumentiert. Außerdem verfüge ich über die Zugriffsberechtigung eines Abgeordneten. Sie können diese Informationen nicht zurückhalten.«
    »Doch, das kann ich, und das werde ich auch. Ich glaube nicht, dass Sie daran etwas ändern werden.«
    »Das Volk …«
    Der Premierminister beugte sich über die Armlehne seines Sessels und sah Hsien in die Augen. »Das Volk hat damit nichts zu tun.

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