Bd. 3 - Der dunkle Stern
und in Gefangenschaft bist.«
»Mein Volk weiß es.«
»Ich glaube nicht, dass dein Volk allzu sehr an dir interessiert ist«, erwiderte Byar. »Nach allem, was wir bislang herausfinden konnten, steht dein Volk einem Versager nicht sehr tolerant gegenüber. Und damit eines klar ist …« Die Flügel nahmen eine andere Haltung ein. »Zumindest im Moment hast du versagt. Cicero ist zwar in Feindeshand, aber alles, was von dort mitgenommen werden konnte, befindet sich unter einer sicheren Schwinge.«
»Nur nicht euer kostbares Schwert«, gab der Alien prompt zurück. »Und ihr habt ein paar eiersaugende Zor-Krieger ausgewählt, damit sie es zurückholen.«
Wieder bewegten sich die Flügel des Zor. Der Alien hielt es für möglich, dass die Stellung Belustigung ausdrücken sollte, doch Gewissheit hatte er nicht.
»Etwas in der Art.«
Vermutlich war es unmöglich gewesen, dieses Medienereignis zu verhindern, dachte der Hohe Kämmerer, als er sich durch den hermetisch abgeriegelten Terminal begab. Diejenigen, die privilegiert genug waren, um sich in diesem Teil des Aalu-Raumhafens aufzuhalten, machten einen weiten Bogen um T’te’e HeYen, der gemächlich durch den Terminal flog. Sein Gefolge blieb stets – dem Protokoll entsprechend – zwei Flügellängen hinter und eine unter ihm. Diejenigen, an denen er vorüberflog, beugten respektvoll ihre Flügel und nahmen Haltungen ein, die Respekt, Ehrfurcht oder Angst vermittelten – also alles, was die Situation auch von ihnen erforderte. Und alle wurden sie von T’te’e mehr oder weniger ignoriert.
Am Rande seines Gesichtsfelds nahm er ein 3-V-Team wahr, das ihn mit der Kamera verfolgte. Ohne ihn unmittelbar zu verärgern, indem sie sich ihm körperlich genähert hätten, waren sie doch bewusst in seine Privatsphäre eingedrungen, und in wenigen Vierundsechzigsteln der Sonne würden seine Haltungen und Posen über das Kom-Netz ausgestrahlt werden.
In früheren Zeiten hätte er die Crew verflucht, auf den dunklen Pfaden der Ebene der Schmach zu reisen, doch das erschien ihm jetzt viel zu nahe und zu schmerzhaft. Stattdessen änderte er seine Flugrichtung ein wenig, um unmittelbar den Crew-Captain anzustarren, dessen Flügel höflichen, aber gerechtfertigten Trotz signalisierten: Ich habe ein Recht darauf, hier zu sein. Das gleiche Recht wie Sie.
Auf den Blick des Hohen Kämmerers hin wandte der anonyme Zor den Kopf zur Seite und nahm eine Haltung an, die mehr Höflichkeit vermittelte.
Schon besser, dachte T’te’e bei sich, doch das Vergnügen, diesen unbedeutenden Konflikt gewonnen zu haben, war schal, und der Hohe Kämmerer dachte mit großer Verzweiflung und Niedergeschlagenheit darüber nach, wie wenig seine Würde nur noch bedeutete.
Der Raumhafen, den man nach dem legendären ersten Hohen Lord A’alu benannt hatte, bedeckte mittlerweile auf dem Hauptkontinent von Zor’a eine beträchtliche Fläche. Noch vor einem Jahrhundert, als das Volk gegen die naZora’i Krieg führte, wurde der Raumhafen in erster Linie für militärische Zwecke genutzt. Die Navy hatte etliche Terminals des Raumhafens unter ihre Kontrolle gestellt und sie so umgebaut, dass sie von zivilen Reisenden nicht mehr betreten werden konnten. Die Verkehrsströme rings um A’alu hatte man weiträumig umgeleitet, um dieser militärischen Nutzung den Vorrang zu geben, und das war in den letzten achtzig Jahren noch immer nicht vollständig rückgängig gemacht worden.
Nach der Ankunft im Zor’a-System hatte der Hohe Kämmerer dafür gesorgt, dass der Shuttle auf einem Feld landete, das zu einem dieser Terminals gehörte. Er war allein und in aller Stille auf die Oberfläche gekommen, um die zeremoniellen Formalitäten zu erledigen.
Er saß auf einer schmalen Plattform, von der aus er durch ein großes, trapezförmiges Fenster das Feld überblicken konnte. Unter ihm hatten sich die Beamten und die Medienvertreter versammelt, die nach dem im Anflug befindlichen Fahrzeug Ausschau hielten. Von Zeit zu Zeit stieg der eine oder andere ein Stück weit auf, um besser sehen zu können, doch jeder von ihnen achtete darauf, stets unterhalb des Hohen Kämmerers zu bleiben.
Gereiztheit und Ungeduld hatten sich schon breitgemacht, als der Shuttle auf der Flugbahn auftauchte. T’te’e veränderte weder Flügelhaltung noch Ausdruck (nach wie vor waren Kameras auf ihn gerichtet, um jede seiner Regungen einzufangen), während unter ihm ein regelrechter Trubel entstand. Das große Fenster verhinderte
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