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be-coming

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Titel: be-coming Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Rhys Beck
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ich versuchte, das Gleichgewicht zu halten, rutschte aber von den Stufen ab und geriet ins Taumeln. Vielleicht gab er mir aus Zorn noch einen Schubs – ich weiß es nicht –, jedenfalls flog ich die restlichen Treppenstufen hinunter und landete unsanft auf dem Rücken. Einen Moment blieb ich benommen liegen. Hatte ich mir irgendetwas gebrochen?
    Dann richtete ich mich stöhnend auf. Sein Gesicht erschien über mir, eine Maske aus Erstaunen, Zorn und Entsetzen.
    »Willst du mich umbringen?« fragte ich und versuchte aufzustehen.
    »Nein«, sagte er leise. Als er sah, dass ich nicht auf die Beine kam, umfasste er meinen Oberarm und zog mich hoch.
    Ich stöhnte. »So’ne Scheiße, mein Fuß ...«
    »Was ist? Ist er gebrochen?« fragte er, und erstaunt hörte ich leise Besorgnis in seiner Stimme.
    »Bin ich Arzt?« fragte ich zickig.
    Er schüttelte den Kopf. »Aber ich fahre dich zu einem.«
    Auf ihn gestützt, humpelte ich aus der prächtigen Eingangshalle hinaus.
    Phil brachte mich zu seinem Wagen, öffnete die Beifahrertür und wartete, bis ich Platz genommen hatte. Schweigend stieg auch er ein und fuhr mich zu seinem Arzt.
     
    Mein Fuß war nicht gebrochen, lediglich verstaucht, doch der Arzt wollte mir nicht abnehmen, dass all die anderen Verletzungen auch von meinem Sturz herrührten.
    »Wenn du Anzeige erstatten möchtest ...«, sagte er und rieb die blauen Stellen auf meinen Schultern mit einer kühlenden Salbe ein.
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich komm schon klar.«
    Ich sah, wie aufmerksam er meine Arme, meine Venen, begutachtete. Er wusste, was ich war, womit ich mein Geld verdiente.
    Phil nahm mich mit zu sich nach Hause. Er bewohnte ein luxuriöses Apartment in Los Angeles, eine Art Loft. Die Einrichtung war modern und sehr kühl, viel Glas und Metall. Ich sah auf den ersten Blick, dass sie ein Vermögen gekostet hatte. 
    Ich hatte keine Ahnung, warum er mich dorthin mitnahm. Vielleicht hatte er ein schlechtes Gewissen?
    »Willst du was trinken?« fragte er.
    Ich setzte mich unsicher in einen der sündhaft teuren Designer-Sessel und nickte.
    »Bier – oder etwas ohne Alkohol?«
    »Bier«, sagte ich leise.
    Er stellte die geöffnete Flasche vor mir auf den Tisch. »Was hat der Arzt genau gesagt?« wollte er wissen.
    »Er hat von einer Anzeige gesprochen ...«
    »Willst du mich anzeigen?« fragte er überrascht.
    Ich lachte humorlos. »Nein, dich nicht. Deinen Vater.«
    Er starrte mich an. Nur langsam zeichnete sich Verstehen auf seinem Gesicht ab.
    »Und weißt du – ich hätte nicht übel Lust, genau das zu tun. Aber davon krieg’ ich auch kein Geld.« Ich seufzte.
    »Wofür brauchst du Geld? Drogen?«
    Wieder lachte ich. »Zum Leben vielleicht? Und damit ich meinen Roman veröffentlichen kann. Ich kann mir nicht einmal eine abgefuckte Schreibmaschine leisten.«
    »Du hast einen Roman geschrieben?« Phil sah mich überrascht an.
    »Schau mich nicht so entgeistert an. Ich bin kein kleiner Trottel. Ich bin dabei, einen Roman zu schreiben – und ich werde Schriftsteller. Und wenn ich mich dafür noch jahrelang vögeln lassen muss.« Ich wusste, dass das verbittert klang.
    Phil starrte zu Boden. »Er hat dich also tatsächlich gefickt«, sagte er fassungslos. »Dieses Schwein.«
    Ich winkte ab. »Er bezahlt wenigstens gut.«
    »Verdammt, er ist mein Vater. Ich ... ich kann das nicht einfach so hinnehmen.«
    Ich runzelte wieder die Stirn. »Sei froh, dass er dich nicht gevögelt hat«, sagte ich zynisch.
    Er machte eine angewiderte Geste. »Hör auf. Wie bist du denn drauf?«
    »Ich bin realistisch. Dein Vater ist nur einer von vielen. Ihr habt Kohle, du kannst dir ein Auto und eine eigene Wohnung leisten, du bist frei – soweit ich das sehen kann. Da wirst du es auch wohl verkraften, wenn dein Vater mit Jungs ins Bett geht.«
    Er lachte bitter. »Frei?«
    »Vielleicht nicht das richtige Wort. – Ohne meine Probleme , wäre wohl passender. Eure Villa ist der Wahnsinn, aber ich schwöre dir, irgendwann kauf ich euch diesen Kasten ab.«
    Phil lachte mich an. »Meinetwegen kannst du das Ding haben.«
    Überrascht sah ich ihn an.
    »Die Sache mit deinem Roman interessiert mich. Ist er fertig?« fragte er.
    »Noch nicht ganz«, gab ich zu. »Ein paar Kapitel muss ich noch schreiben, einige Dinge müssen noch geändert werden, aber ich kann ihn handschriftlich bei keinem Verlag einreichen. Da wandert er sofort in den Müll.«
    »Ich finanzier’ dir die ganze Sache – wenn du davon überzeugt bist, dass

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