be-coming
beherrscht. Ich konnte überhaupt keine Unruhe in seinem schönen, männlichen Gesicht erkennen – doch fühlen konnte ich sie, als hätte er mich an eine Stromleitung angeschlossen.
Er drehte sich zu mir um. »Michael hat einen Auftrag bekommen, der leider auch mich betrifft«, sagte er langsam und schwenkte die goldene Flüssigkeit in seinem Glas.
Ich bemerkte, dass er darüber nachdachte, wie viel er mir erzählen sollte.
»Was für einen Auftrag?« Ich erinnerte mich an unser Gespräch über Mike; er arbeitete für die Regierung, hatte Falk damals gesagt. Doch irgendetwas war mir merkwürdig vorgekommen, schon damals. Dieser Eindruck bestätigte sich jetzt.
Er seufzte leise und trat sehr nah an mich heran. Mein Herz klopfte sofort schmerzhaft. Er wusste, welche Wirkung er auf mich ausübte.
»Michael ist ein Auftragskiller – und er soll einen guten Freund von mir töten.«
Seine Antwort traf mich wie ein Schlag in den Magen. Mike ein Killer? Das konnte ich nicht glauben. Das war wirklich absurd.
»Du willst mich verarschen«, mutmaßte ich.
Falk schüttelte den Kopf. »Nein, leider nicht.«
»Das ... kann ich nicht glauben. – Ein Auftragskiller für die Regierung?« Ich sah ihn zweifelnd an. »Ich bin nicht gerade ein Anhänger von Verschwörungstheorien .«
Falk zuckte nur mit den Schultern. »Es ist schon ein bisschen fremd, das gebe ich zu. Doch leider entstammt diese Geschichte nicht meiner Fantasie – das wäre mir weitaus lieber.«
»Er hat gesagt, ich solle von hier verschwinden.«
»Ich weiß nicht, Cieran. Ich kann im Moment gar nicht nachdenken. Für dich besteht keine Gefahr, noch nicht.«
Ich setzte mich langsam in einen der gemütlichen kleinen Sessel. »Ich verstehe die Zusammenhänge überhaupt nicht, wenn ich ehrlich bin. Kannst du mir nicht etwas mehr sagen?«
Falk trank einen Schluck seines Martinis. »Ich weiß nicht ...«
»Bitte, Falk. Immerhin hängt davon auch meine Entscheidung ab, ob ich bleibe oder nicht.«
Er grinste matt. »Du willst mich doch nicht erpressen?«
Verlegen senkte ich den Kopf. »Das könnte ich doch wohl nicht ...«
Er seufzte. »Ich habe Mike kennengelernt bei den Recherchen zu einem Roman. Ein Bekannter arrangierte das Treffen damals. Ich wollte nur Informationen. Als ich Michael sah, wusste ich es sofort – es ist merkwürdig, ich scheine spezielle Antennen für so etwas zu haben. Ich fühlte, dass er es wollte – dieses Beherrschtwerden. Er genießt es, sich zu unterwerfen. Wahrscheinlich ist ein großer Teil Selbstbestrafungstendenz dabei. Er bestraft sich dafür, dass er ein Mörder ist. Dafür, dass es ihm nichts ausmacht, Menschen umzubringen. – Er ist extrem. Sein ganzes Leben ist extrem.«
Ich runzelte die Stirn. Was konnte jemanden dazu bewegen, zum Berufskiller zu werden? Menschen umzubringen für Geld?
Als hätte Falk meine Gedanken gelesen, sagte er: »Mike ist in schrecklichen Verhältnissen aufgewachsen. Sein Vater war Alkoholiker. Er ist geschlagen und misshandelt worden. Mit fünfzehn hat er seine Eltern umgebracht. Hat sie ziemlich bestialisch abgestochen. Aber er hat nie einen Prozess bekommen. Denn diese Organisation hat ihn sofort beschlagnahmt . Sie suchten Jugendliche mit einem so hohen Gewaltpotential. Jugendliche, die sie völlig im Griff haben, damit sie sie abrichten können.«
Ich schüttelte irritiert den Kopf. »Das alles hört sich nach einem Roman an, nach einem Film, nicht nach dem wahren Leben«, wandte ich ein. Ich konnte meine Zweifel nicht verbergen.
Doch Falk fuhr unbeirrt fort: »Er war – wie man sich vorstellen kann – psychisch in einem desolaten Zustand. Nachdem sie ihn sozusagen eingesackt hatten, bekam er eine harte Ausbildung. Und er wusste, dass er nur zwei Möglichkeiten hatte: mitmachen oder dabei draufgehen. Wer sich nicht eignete, wurde einfach aus dem Weg geräumt.«
»Und er hat mitgemacht?«
Falk nickte. »Wie du siehst. Aber unterschätz ihn nicht – er ist sehr gefährlich. Es ist ein Spiel mit dem Feuer, was ich mit ihm mache. Ich bin mir seiner Stärke jederzeit bewusst.«
»Und was ist seine Stärke?« wollte ich wissen. »Dass er kein Gewissen hat?«
Falk sah mich scharf an. »Vielleicht ... vielleicht aber auch, dass er immer um sein Leben kämpfen musste.«
13
FALK
Ich war überrascht, als Philippe das Café betrat und sich mir gegenüber auf den Stuhl sinken ließ. Er war offensichtlich wirklich allein hierher gekommen, unauffällig in Jeans und Pullover
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