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Beast

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Titel: Beast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Kennen
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sich nicht von der Stelle. Ich fahre daran vorbei, halte, schalte den Warnblinker an und steige aus.
    Es ist ein Dachs, und wie es aussieht, ist er tot. Bei dem |48| gelben Blinklicht ist das schwer zu beurteilen. Jemand hat mir mal erzählt, dass Dachse einem die Hand abbeißen können. Dichtes Fell und gebleckte Zähne, viel mehr kann ich nicht erkennen. Er atmet nicht. Ich kann mich nicht überwinden, ihn anzufassen, deshalb hole ich den Wagenheber aus dem Auto und stupse ihn damit an.
    Ich wüsste da jemanden, der sich über dich freuen würde, sage ich stumm. Ich traue mich immer noch nicht, ihn mit bloßen Händen hochzunehmen, aber ich will ihn ins Auto befördern. So eine Gelegenheit darf man sich nicht entgehen lassen, darum ziehe ich die Turnschuhe aus und stecke die Hände hinein. Die Schuhe sind innen ganz warm und ein bisschen feucht. Der Kofferraum ist offen und ich knie mich hin und hebe das Tier auf. Es ist schwer und die Turnschuhe behindern mich. Ich denke daran, dass ich mir erst wieder ein Schwein leisten kann, wenn ich meinen Lohn ausgezahlt bekomme, schüttle die Schuhe von den Händen und hebe das Tier einfach so hoch. Der Dachs ist immer noch warm, obwohl der Abend ziemlich frisch ist. Er hat dichtes, drahtiges Fell und stinkt schlimmer als Hundekacke. Wahrscheinlich hat er Flöhe, Zecken und weiß der Himmel was noch, aber ich lege ihn in den Kofferraum und knalle den Deckel zu. Wie lange er sich wohl hält? Mein Monster ist erst mal satt. Vielleicht kann ich den Dachs ja einfrieren.
    Na komm, alter Junge, wie willst du Verity erklären, was ein gefrorener Dachs in der Tiefkühltruhe macht, wenn sie sich das nächste Mal ein Eis rausholt? Soll ich den Dachs doch lieber gleich zum Stausee bringen? Auch Jimmy könnte ich nur schwer erklären, was ich mit einem |49| toten Dachs will. So tief gesunken ist mein Alter nun doch nicht, oder?
    Ich fahre trotzdem nach Hause. Ich bin fix und fertig.

    Bei den Reynolds sind alle weg, nur Robert ist da, spielt mit seiner X-Box und futtert Pizza. Ich werde gleich munterer. Ich mag Robert. Er bringt mich zum Lachen. Ein ulkiges Kind.
    »He, Alter«, begrüßt er mich. Kein Kind in den hundert anderen Pflegefamilien, in denen ich schon war, hat mich je so genannt. Kein einziges. Aber Robert kennt mich, seit er acht ist, er hat sich dran gewöhnt, dass ich da bin. Im Gegensatz zu seiner Schwester.
    »Die anderen sind auf so ’nem Scheiß-Tanzabend!«, sagt er.
    Das gefällt mir auch an ihm. Er ist ein richtig schniekes Mittelklassekind, mit Klavierstunden und jeden Tag einem frischen Hemd für die Schule, aber er flucht schlimmer als die Metzger in der Fleischfabrik. Ich bin schon ein paarmal in Versuchung gekommen, ihm vom Stausee, dem Käfig und den Schweinen zu erzählen, aber das geht nicht, er ist trotz allem ein Reynolds. Er gehört zu denen, nicht zu mir. Außerdem habe ich ehrlich gesagt keine Ahnung, wie er sich verhalten würde, wenn ich ihn dorthin mitnehmen würde. Er ist unberechenbar – deshalb habe ich ihn ja so gern. Ein verrückter Kerl. Manchmal quasselt er mich voll, ein andermal redet er kein Wort mit mir. Wenn er schlechte Laune hat, spielt er einem nie was vor. Manchmal erinnert er mich an Selby.
    Eigentlich bin ich kein Schnüffler, aber ich weiß gern, |50| was um mich herum vorgeht. Darum habe ich längst entdeckt, dass er die Wände in seinem Zimmer mit nackten Frauen vollgepinnt hat. Das Bürschchen ist erst elf! Keine schlimmen Bilder, bloß Titten, Hintern und lange Mähnen. Und unter seinem Bett – ich kann dir sagen! Wo hat ein Knirps wie Robert solches Zeug her? Jimmy hat so was nicht, zumindest habe ich nichts in der Art gefunden. Meine Oma würde so etwas bestimmt nicht dulden. Es wäre mir auch viel zu peinlich, solches Zeug zu besitzen, vom An-die-Wand-Pinnen ganz zu schweigen.
    »Ist Carol auch mit?«, frage ich. Es ist immer von Vorteil, zu wissen, wo sich der Feind aufhält.
    »Die ist bei ’ner Freundin. Gib mir mal ’ne Fluppe.«
    »Ts, ts, ts«, mache ich. »Damit wäre deine Mum aber gar nicht einverstanden.«
    »Stell dich nicht so an.« Er streckt die Hand aus. »Ich brauch eine, sonst kann ich mich nicht auf meine Hausaufgaben konzentrieren.«
    Ich gebe nach. Wenn jemand nett zu mir ist, kann ich einfach nicht Nein sagen.
    »Na schön. Aber rauch sie draußen und wirf die Kippe in die Mülltonne.« Ich fische eine aus der Packung und er verzieht angewidert das Gesicht.
    »Ach du Scheiße, ’ne Light.« Er

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