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Beast

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Titel: Beast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Kennen
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spürt sie das, denn sie tänzelt davon.
    »Hast du eine Karte für sie besorgt?«, raunt mir Jimmy zu.
    »Was?« Ich kann meine Mordgelüste nur mühsam beherrschen.
    »Sie hat doch morgen Geburtstag.«
    Ich schüttle den Kopf. Das ist mir so was von egal.
    »Verity hat eine für dich gekauft, für alle Fälle. Die kannst du ja unterschreiben. Liegt im Geschirrschrank.«
    Ich nehme mir noch einen Keks.
    Carol wird sechzehn. Süße sechzehn. Von wegen. Bescheuerte sechzehn trifft es schon eher.
    »Du kommst mir bedrückt vor«, meint Jimmy.
    Bedrückt! Das ist ja wohl ein bisschen untertrieben. Ich schüttle den Kopf. »Mir geht’s gut.«
    Ich kann ja wohl kaum zugeben, dass ich sauer bin, weil mein Dad, der Exknacki, sich weigert, mir eine Knarre zu organisieren, damit ich einen Mord begehen kann, oder?
    »Wo ist der Hund?«, will Jimmy wissen.
    |84| »Hab ich meinem Dad geschenkt.« Fühlt sich komisch an, die Wahrheit zu sagen, als ob man in eine Zitrone beißt.
    Jimmy ist verdutzt. »Bist du heute bei ihm gewesen?«
    Ich nicke. Von so viel Wahrheit wird mir ganz schwach und ich muss mich setzen.
    »Wie geht es ihm?«
    »Er ist ein mieser alter Penner«, antworte ich gedehnt.
    Jimmy seufzt. »Mir wär’s auch lieber, du hättest den Hund behalten dürfen, Stephen. Aber du weißt, dass es momentan einfach nicht geht.« Er zieht sich einen Stuhl heran und setzt sich neben mich. »Mir scheint, du könntest eine kleine Aufmunterung gebrauchen.«
    Ich schiele zu ihm rüber. Die Aufmunterung, die ich gebrauchen könnte, ist nicht unbedingt legal.
    »Das ist alles nicht leicht für dich, das weiß ich ja. Hier auszuziehen, dann das mit deinem Dad und überhaupt.«
    »Ich ziehe nicht ins St. Mark’s.«
    Jimmy nickt. »Ist nicht grade doll, was? Mindy hat gesagt, sie will versuchen, dich in einer betreuten WG unterzubringen.«
    »Na prima.« Ich habe die Nase voll von Leuten, die so tun, als ob ihnen was an mir liegt, obwohl das gar nicht stimmt. Darum sage ich mit einem Seitenblick: »Ich zieh zu meiner Oma. Zu meiner richtigen Familie.«
    Jimmy sieht beunruhigt aus und spielt mit einer benutzten Tasse, die Carol auf dem Tisch vergessen hat.
    »Hältst du das für eine gute Idee? Wo deine Mum dort ist? Und außerdem …«
    Ich sehe ihn offen an. »Besser als das St. Mark’s ist es allemal.«
    |85| Jimmy nickt. »Das stimmt wohl. Hast du mit deiner Oma schon drüber geredet? Davon wusste ich gar nichts.«
    »Klar«, schwindle ich. »Du kannst Mindy ausrichten, dass sie sich deswegen keine Umstände zu machen braucht.«
    »Das kannst du ihr selber sagen, wenn wir uns nächste Woche zusammensetzen.«
    Diese Termine sind echt eine Strafe. Sie kosten mich jedes Mal schätzungsweise anderthalb Stunden meines Lebens, und das alles halbe Jahr. Jimmy und Verity sind dabei, außerdem Mindy, ihr Chef und der neueste Familienhelfer oder Supervisor oder wen immer sie noch anschleppt – lauter Leute, denen angeblich mein Wohl am Herzen liegt. Meine Oma wird nie eingeladen. Dann sitzen alle da und reden von oben herab auf mich ein. Früher, als ich noch jünger war, habe ich sie richtig fertiggemacht. Ich habe eisern geschwiegen oder Lügengeschichten über meine Pflegeeltern erzählt oder ich bin einfach gegangen. Es war lustig, wie die ganzen hohen Tiere vom Jugendamt mit ihren Uniabschlüssen, Diplomen und ihrer politischen Korrektheit stinksauer wurden, wenn ich wieder mal ein Formular zerrissen oder auf den Teppich gerotzt habe. Offen gestanden hat es mir einen Heidenspaß gemacht. Ich sehe gern, wie solche Typen die Beherrschung verlieren. Es ist echt komisch. Sie halten sich für was Besseres. Aber sie regen sich über jeden Furz auf. Da kann ich einfach nicht widerstehen.
    Heutzutage mache ich nicht mehr so viel Blödsinn. Ich sitze einfach nur da. Eine Zeit lang dachte ich, wenn ich mitspiele, ist es schneller zu Ende, aber von wegen. Die |86| Bande findet immer noch etwas, worüber unbedingt gequatscht werden muss. Darum sitze ich einfach da und lasse es über mich ergehen. Wie einen Zahnarztbesuch. Und wenn es vorbei ist, kommt einem der Alltag gar nicht mehr so übel vor. Was kann schlimmer sein als ein Haufen fremder Leute, die behaupten, dich in- und auswendig zu kennen, die deine ganze Akte gelesen haben und wissen, dass dein Dad gewalttätig und deine Mum eine Irre ist, und die dann über deinen Kopf hinweg was von »Anregungen« und »beruflichem Werdegang« labern.
    Ich sehe es schon vor mir:

    Mindy:
Also,

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