Beast
eingesaut.
Eric führt mir eine Art Bandschleifer für Metall vor. Er holt einen Eisenstab, stellt die Maschine an und hält das Ende an das Schleifband, dass die Funken nur so fliegen. Dann stellt er die Maschine wieder ab und hält mir den Stab hin. Das Ende ist ganz glatt und abgerundet.
»Das könntest du auch bald übernehmen«, meint er.
Aber er lässt mich keine von den anderen Maschinen bedienen. Stattdessen muss ich ausfegen, Tee kochen und Kohlensäcke schleppen. Anschließend soll ich den Hof |123| aufräumen. Als ich frage, wie er es gern hätte, meint er, das überlässt er mir. Also verbringe ich zwei Stunden damit, Stahlstäbe aufzustapeln, Müll aufzusammeln und ausrangierte Maschinen herumzurücken. Es ist Knochenarbeit, aber das macht mir nichts aus. Hinterher sieht der Hof um Längen besser aus als vorher. Als ich fertig bin, ist Eric ganz aus dem Häuschen, weil er jetzt seinen Laster im Hof parken kann.
Eric sagt, ich kann jederzeit wiederkommen, ich soll bloß vorher anrufen. Und ich glaube, das mache ich auch, obwohl ich hier nichts verdiene und deshalb die Fleischfabrik nicht aufgeben kann. Aber wenn ich oft genug herkomme, kann ich ja vielleicht mal ein richtiger Schmied werden, so wie Eric. Dann habe ich irgendwann eine eigene Esse und einen eigenen Laster. Hier zu arbeiten ist gar nicht übel. Man kommt dabei nicht auf dumme Gedanken. Ich werde ein paar Vormittage die Woche herkommen. Wenn ich jeden Tag in die Fleischfabrik muss, drehe ich durch. Ich glaube nicht, dass ich deswegen gefeuert werde. Ich weiß schon gar nicht mehr, wie viele Tage ich ausgesetzt habe. Ich bin ein guter Arbeiter. Ich lungere nicht herum wie fast alle anderen. Ich spucke auch nicht auf die Kebabs oder mache sonst irgendwelchen Blödsinn. Und wie sich inzwischen herausgestellt hat, sehen die das eigentlich ganz locker da, wenn man wieder auftaucht. Man lässt sich einfach den Zeiterfassungsbogen unterschreiben, und Schluss.
Wenn Eric mir Schweißen beibringt, kann ich vielleicht sogar den Pumpenkäfig reparieren.
|124| Dreizehn
Ich spiele mit Robert auf seinem Bett Schach und er haut mich gnadenlos in die Pfanne. (Ich bin zwar nicht lange zur Schule gegangen, aber immerhin kann ich Schach spielen.) Robert hat schon alle meine Figuren geschlagen, bis auf den König, der auf dem Brett hin und her eiert. Da hört man draußen auf dem Kies Schritte, was mich wundert, denn es ist schon spät, fast zehn. Aber dann geht die Türglocke, läutet ihr übliches Klingeling, und Jimmy ruft: »Stephen! Dein Dad kommt dich besuchen.«
Mein Dad! Ich schaue Robert an und er schaut mich an. Er schlägt die Zudecke zurück und springt aus dem Bett.
»Wo willst du hin?«, frage ich.
»Ich will mal gucken!« Schon ist er aus der Tür.
Ich kratze mir den Kopf. Mein Dad hat mich noch nie besucht. Keiner von meiner Familie hat mich besucht, außer Chas, und das sind solche Zweimal-pro-Jahr-Besuche, die Mindy umständlich organisiert. Was will mein Alter jetzt hier?
Carol lauert auf dem Treppenabsatz und versucht zu verstehen, was unten gesprochen wird. Tatsächlich – das ist er, ich erkenne die grässliche Brummstimme. Mein Dad hat eine echt tiefe Stimme. Man denkt, er spricht absichtlich |125| so, aber das stimmt nicht. Er hatte schon immer so eine Stimme, und in geschlossenen Räumen klingt es noch schlimmer. Ich hocke mich kurz neben Carol und horche auch, kann aber genauso wenig verstehen.
»Willst du ihn denn nicht sehen?«, fragt sie. Will sie mich verarschen oder meint sie das ernst?
»Stephen!«, ruft Jimmy noch mal.
Ich gehe runter. Ich habe keine Ahnung, was mich erwartet. Wie hat er überhaupt rausgefunden, wo ich wohne?
Jimmy scheint nicht wohl in seiner Haut zu sein. Ich kann’s ihm nachfühlen. Ich würde auch keinen verrückten Penner im Haus haben wollen. Er hat lauter Matschflecken auf dem Teppich hinterlassen. Als ich ihn im Wald besucht habe, fand ich ja schon, dass er ganz schön müffelt, aber hier drinnen stinkt er ekliger als frische Kotze. Am liebsten würde ich das Fenster aufreißen. Er hat sich nicht mal die Mühe gemacht, sich ein bisschen herzurichten. Er trägt seine verdreckte olle Jacke und seine Opahose ist ihm viel zu groß. In seinem Bart klebt irgendwelches Zeug. Dudley wacht auf, wirft einen einzigen Blick auf ihn und sucht sofort das Weite, flitzt mir durch die Beine und die Treppe hoch. Mein Dad sitzt in Jimmys Sessel und ich gebe mir Mühe, nicht auf seine fleckige Hose zu
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