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Beast

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Titel: Beast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Kennen
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kleines Haustier Bescheid wusste – und jetzt spazieren Eric und ich vom offiziellen Parkplatz über den Rundweg zum Pumpenkäfig. Ich hätte mich lieber über die Parkbucht reingeschlichen, aber davon wollte Eric nichts hören. Er meinte, das ist unbefugtes Betreten und so was macht er nicht. Er will bloß den Frettchenkäfig abholen, hat er behauptet und mich gezwungen mitzukommen. Ich laufe auf seiner rechten Seite, so weit vom See weg, wie es geht. Ich weiß, dass mein Kleiner da drin ist. Er hat keinen Grund, sich am Ufer aufzuhalten, denn es scheint keine Sonne, in der er sich aalen könnte. Er lauert irgendwo im Wasser, dicht unter der Oberfläche, und tarnt sich als ein treibender Ast.
    Eric glaubt mir offenbar nicht. Es wundert mich, dass er überhaupt hier ist, denn er hat jede Menge Aufträge zu erledigen. Ich kann’s noch gar nicht glauben, dass er die Werkstatt mitten am Tag zugeschlossen hat, um mit mir hier rauszufahren. Schon praktisch, wenn man sein eigener Chef ist.
    Eric bricht einen Zweig aus der Hecke und fuchtelt damit |203| herum, drischt auf Brennnesseln und Brombeerbüsche ein.
    Aus alter Gewohnheit sehe ich mich gründlich um, ehe ich den Weg verlasse. Aber eigentlich ist das Quatsch. Mein Geheimnis ist keins mehr. Entweder glaubt mir Eric oder eben nicht. Wenn er mir glaubt, verständigt er die Polizei, wenn nicht, wirft er mich wahrscheinlich in den See. Ich hätte genauso gut ein Megafon mitbringen und laut verkünden können: HALLO, ICH BIN STEPHEN. ICH HABE AN DIESEM STAUSEE VIER JAHRE LANG UNERLAUBT EIN MENSCHENFRESSENDES KROKODIL GEHALTEN. ICH HABE ES ENTKOMMEN LASSEN. WENN ES SIE ZU FASSEN KRIEGT, WERDEN SIE GEFRESSEN. HIER BIN ICH, SIE DÜRFEN MICH FÜR SÄMTLICHE TODESFÄLLE VERANTWORTLICH MACHEN, DIE SICH DEMNÄCHST HIER EREIGNEN.
    Wie viel ich wohl dafür kriege? Ein paar Jahre? Ein paar Monate? Sozialstunden? Und wenn alles vorbei ist, lande ich genau dort, wo ich jetzt auch hinsoll. Im St. Mark’s.
    Genau wie mein beschissener Vater.
    Halt mich bitte nicht für kaltschnäuzig. Ich gehe davon aus, dass er letzte Nacht einfach verduftet ist. Und zwar deshalb, weil das Krokodil, wenn es ihn erwischt hätte, Carol und mich bestimmt nicht die ganze Nacht belauert hätte. Wenn es meinen Dad geschnappt hätte, hätte es ihn entweder gleich verputzt oder ihn irgendwohin verschleppt, um ihn später zu fressen. Außerdem habe ich am Morgen nirgendwo Blut gesehen. Im Internet steht, dass Krokodile ihre Opfer grässlich zerfetzen und |204| überall Stücke rumliegen lassen. Aber davon war nirgends was zu sehen, oder? Dad ist bestimmt längst wieder in seiner Hütte und füttert Malackie mit billigem Katzenfutter.
    Ganz bestimmt.

    Als ich Eric den Frettchenkäfig zeige, sieht er mich ganz komisch an. Carol und ich haben den Käfig mit Farn und Zweigen getarnt. Das Seil liegt aufgerollt drinnen.
    Eric staunt. »Du hast ihn echt bis hierher geschleppt!« Er betrachtet die Schleifspuren auf dem lehmigen Boden, wo wir den Käfig aus dem Wasser gezogen haben. Dann will er das Pumpenbecken sehen.
    »Das ist es?« Er klingt überrascht. Er späht durchs Gitter ins trübe, dunkle Wasser.
    »Ja.«
    »Stinkt ja scheußlich.«
    Eric geht um den Käfig herum und rüttelt hier und da an den wackligen Gitterstäben. Er sagt gar nichts mehr.
    »Ich hab dich nicht angelogen, Eric.« Ich zucke die ganze Zeit immer wieder zusammen, als hätte ich Krämpfe. Bei jedem Knacken, jedem Rascheln fahre ich herum und ich behalte das Ufer ständig im Auge.
    »Ich glaube dir fast. Aber nicht ganz.«
    Ehe ich ihn zurückhalten kann, hat er sich durchs Gitter gezwängt und steht innen im Käfig auf dem Beckenrand.
    »Nicht!«, sage ich. »Vielleicht ist er zurückgekommen. Er kann ganz plötzlich zuschnappen.«
    |205| Mir ist mulmig. Mein Kleiner betrachtet den Käfig als sein Zuhause.
    Aber Eric schert sich nicht drum. Er stößt mit dem Fuß einen Ast ins Wasser und späht hinein.
    »Bitte komm da raus.« Meine Kopfhaut kribbelt.
    »Da drüben ist was.« Eric balanciert den schmalen Beckenrand entlang. Er zerrt an einem Gewirr aus Laub, Brombeerranken, Farn und abgestorbenen Ästen, das über die hintere Wand bis ins Wasser hängt.
    »Guck mal, Stephen!«
    Aber ich will nicht gucken. Ich will nicht mit ansehen, wie das gepanzerte Untier aus dem Wasser schnellt und ihn packt. Ich will nicht mit ansehen, wie er totgeschüttelt wird. Ich will nicht, dass alles noch schlimmer wird.
    »Verdammte Scheiße, Eric, ich

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