Beastly (German Edition)
Tagen hielt ich mich zurück. Lindy blieb in ihrem Zimmer. Ich beobachtete sie mit dem Spiegel. Das Einzige, was ihr gefiel, waren die Bücher und die Rosen. Ich las jedes Buch, das sie las. Um mit ihr mitzuhalten, blieb ich abends lange auf und las. Ich versuchte nicht einmal mehr, mit ihr zu sprechen. Und jede Nacht, wenn mir vor Müdigkeit das Buch aus der Hand fiel, lag ich im Bett und spürte, wie das Phantom ihres Hasses durch die nächtlichen Flure streifte. Vielleicht war es eine schlechte Idee. Aber welche Hoffnung hatte ich sonst?
»Ich habe sie unterschätzt«, sagte ich zu Will.
»Ja, das hast du in der Tat.«
Ich schaute ihn überrascht an. »Denken Sie das auch?«
»Das dachte ich immer. Aber erklär mir, Adrian, warum glaubst du das?«
»Ich dachte, sie sei beeindruckt von den Sachen, die ich für sie gekauft habe, den schönen Möbeln und den Kleidern. Sie ist arm, und ich dachte, wenn ich ihr Schmuck und hübsche Dinge kaufe, würde sie mir eine Chance geben. Aber sie will nichts davon.«
Will lächelte. »Nein, sie will sie nicht. Sie will einfach ihre Freiheit. Willst du das nicht auch?«
»Ja.« Ich dachte an Tuttle, an den Ball. Daran, dass ich zu Trey gesagt hatte, dass der Schulball legalisierte Prostitution sei. Es schien so lange her. »Ich habe noch nie jemanden getroffen, der nicht käuflich ist. Irgendwie gefällt mir das an ihr.«
»Ich wünschte, diese Einsicht würde ausreichen, um den Fluch zu brechen. Ich bin deswegen sehr stolz auf dich.«
Stolz auf dich. Das hatte noch nie jemand zu mir gesagt, und ich wünschte, ich könnte Will umarmen – einfach nur um die Berührung eines anderen Menschen zu spüren. Aber das wäre sehr befremdlich.
In dieser Nacht lag ich länger wach als gewöhnlich und lauschte den Geräuschen des alten Hauses. Ich wollte »zur Ruhe« kommen, wie manche Leute sagen würden. Aber ich glaubte, oben Schritte zu hören. Waren es ihre Schritte? Unmöglich, sie über zwei Stockwerke zu hören. Trotzdem konnte ich nicht schlafen.
Schließlich stand ich auf, ging in das Wohnzimmer im zweiten Stock, und schaltete ein Sportprogramm ein, so leise, dass ich sie nicht störte. Dafür zog ich Jeans und ein Hemd an. Früher hätte mir eine Boxershorts gereicht. Obwohl sie geschworen hatte, für immer in ihrem Zimmer zu bleiben, wollte ich nicht das Risiko eingehen, dass sie mehr von mir sah als mein Gesicht. Mein Gesicht war schon schlimm genug.
Als ich mich so sehr langweilte, dass ich fast eingeschlafen wäre, hörte ich, wie sich eine Tür öffnete. Konnte das sie sein? Im Flur? Wahrscheinlich war es nur Magda, oder Pilot, der herumstreunte. Aber es klang so, als käme das Geräusch aus dem darüberliegenden Stock, Lindys Etage. Ich zwang mich dazu, nicht nachzuschauen und meinen Blick weiterhin auf den Fernseher zu heften, damit sie nicht in der Dunkelheit vor meinem Gesicht erschrak. Ich wartete.
Sie war es. Ich hörte sie in der Küche, sie klapperte mit einem Teller und einer Gabel, die sie abwusch und dann in die Spülmaschine stellte. Ich wollte ihr sagen, dass sie das nicht zu tun brauchte, dass das Magda erledigte, dass wir sie dafür bezahlten. Doch ich verhielt mich ruhig. Aber als ich ihre Schritte im Wohnzimmer hörte, so nah, dass sie mich einfach sehen musste, konnte ich mich nicht mehr zurückhalten.
»Ich sitze hier«, sagte ich leise. »Ich sag es nur, damit du nicht erschrickst.«
Sie antwortete nicht, aber ihr Blick huschte zu mir herüber. Das Zimmer war nur schwach beleuchtet, die einzige Lichtquelle war der Fernseher. Trotzdem hätte ich mir am liebsten ein Kissen über den Kopf gezogen, um mich zu bedecken. Aber ich tat es nicht. Irgendwann musste sie mich schließlich sehen. Kendra hatte sich da deutlich ausgedrückt.
»Du bist nach unten gekommen«, stellte ich fest.
Sie wandte sich mir zu, und ich sah, wie sie ihren Blick auf mich richtete, dann woandershin wandern ließ, um mich dann wieder anzuschauen. »Du bist eine Bestie. Mein Vater…er sagte…Ich dachte, er sei auf irgendeinem Trip. Er erzählt eine Menge verrückter Sachen. Ich dachte… Aber du bist wirklich eine Bestie. Oh mein Gott!« Sie wandte sich ab. »Oh mein Gott!«
»Bitte. Ich werde dir nichts tun«, sagte ich. »Ich weiß, dass ich so aussehe, aber ich bin nicht…bitte. Ich werde dir nichts antun, Lindy.«
»Ich hätte das einfach nicht gedacht. Ich dachte, du seist irgend so ein Kerl, ein Perverser, der…und als du dann nicht die Tür eingetreten hast
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