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Beautiful Americans - 01 - Paris wir kommen

Beautiful Americans - 01 - Paris wir kommen

Titel: Beautiful Americans - 01 - Paris wir kommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Silag
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sie heute ausgeteilt hat. Aber es war keiner zu Hause. Als ich zurück ins Lycee kam, war Mme. Cuchon dann auch schon weg.« PJ setzt sich aufrechter hin und fährt sich mit ihren verdreckten Fingern durch die blonden Haare. Ihre Stimme klingt vielleicht tapfer und schicksalsergeben, aber ihre glasigen blauen Augen verraten eine tief sitzende Furcht.
    »Das ist nicht dein Ernst, oder? Mme. Cuchon weiß also gar nicht, dass du kein Dach über dem Kopf hast?«
    PJ nickt. »Ich konnte sie nicht finden.«
    »Gib mir mal dein Einführungspaket«, weise ich sie an. »Wir rufen Madame jetzt gleich an. Was hattest du denn vor? In der Telefonzelle zu übernachten?«
    »Ich war nur so müde vom Flug«, sagt PJ leise. »Und die ganzen Hotels hier in der Gegend sind superteuer ... Ich wollte mir einen Kaffee organisieren, um mich wachzuhalten, aber das ist auch zu teuer ...« Ihre blonder Kopf fällt nach vorne, als sie wieder einnickt. Ich versuche, an ihren Rucksack dranzukommen, um Mme. Cuchons Telefonnummer rauszusuchen.
    Erschreckt wacht sie auf und ihr Kopf ruckt wieder hoch. »Ruf Madame nicht an. Ich möchte wirklich keine Probleme machen. Bitte ruf sie nicht an. Bitte.« PJs knallblaue Augen füllen sich mit Tränen.
    Ich muss sagen, von allen Obdachlosen, die je in einer Telefonzelle schlafen wollten, ist PJ mit Abstand die schönste.
    »Ist ja gut, ist ja gut«, sage ich und ziehe kopfschüttelnd die Hand vom Rucksack zurück. »Aber du kommst dann auf jeden Fall mit zu mir. Du bist verrückt, wenn du denkst, dass du hier die ganze Nacht verbringen kannst. Also los, gehen wir.«
    Ich ziehe sie hoch - dafür, dass sie so groß ist, ist sie schockierend leicht - und hieve mir ihren übergroßen Leinenrucksack auf den Rücken. »Du siehst so aus, als hättest du das Ding schon lange genug mmgetragen. Dann wollen wir dich mal in mein Apartment bringen.« Ich lächle die Schaulustigen voller Selbstvertrauen an und führe PJ in Richtung Ternes. »Es wird alles gut, das verspreche ich dir.«
    »Okay«, sagt PJ, wahrscheinlich zu erschöpft, um noch länger Widerstand zu leisten.

  3. PJ
    Zerbrochene Familien, zerbrochene Herzen
    Eigentlich ist es noch zu frühherbstlich, um die alte braune Wollstrickjacke von meinem Dad zu tragen, meine Lieblingsjacke von ihm, die mit den Ellbogenschonern, den Lederknöpfen und dem Staubgeruch. Ich glaube, die hat sogar schon vor Urzeiten seinem Vater gehört. Ich hole die Wolljacke aus meiner Umhängetasche und ziehe sie an, auch wenn das vielleicht komisch aussieht, aber ich fröstle irgendwie die ganze Zeit in dem Klassenzimmer, in dem wir jetzt gerade am Montagmorgen im Lycee sitzen. Ob ich wohl mal zwischendurch kurz Zeit habe, um Dave anzurufen? Wenn nicht jetzt, wann werde ich dann die Gelegenheit dazu haben? Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich diesen Vormittag nicht überstehen kann, ohne mich für eine Minute rauszuschleichen.
    »Und? Wie ist es so in deiner Gastfamilie?«, fragt Olivia Alex. Gleichzeitig streckt und beugt sie im Sitzen dauernd ihre nackten kleinen Füße, die sie vor sich im Gang zwischen den Pulten ausgestreckt hat. Strecken, beugen. Strecken, beugen. Alex mustert erst Olivias ramponierte Füße, dann ihre eigenen perfekt polierten und geschniegelten Zehen, deren dunkelroter Nagellack sich von den goldenen griechischen Sandalen abhebt. Olivia wird rot und zieht schnell die Beine unter den Stuhl.
    Es ist unser allererster Schultag im Lycee. Ich sitze zusam men mit Alex und Olivia ganz hinten im Raum 102, dem Raum der Schule, der für das »Programme Americaine« vorgesehen ist, und esse eines der klebrigen gefüllten Gebäckstücke, die von der Schule bereitgestellt worden sind, damit sich die fünfundzwanzig Schüler schon mal ein bisschen mischen können, bevor dann später am Morgen der eigentliche Unterricht losgeht. Alex und Olivia sind die beiden Einzigen, die ich bis jetzt kennengelernt habe, und wahrscheinlich hat keine von ihnen den allerbesten Eindruck von mir. Schließlich musste Alex mir Geld leihen, damit ich überhaupt herkommen konnte, und Olivia hat mich gestern Abend schlafend in einer Telefonzelle gefunden.
    Der blättrige chausson aux pommes ist die erste Mahlzeit, die ich seit dem aufgewärmten Frühstück gestern Morgen im Flieger zu mir nehme. Eigentlich müsste ich total ausgehungert sein, aber das buttrige Teilchen schmeckt wie Asche. Als ich es nach einem Bissen wieder absetze, schaut mich Alex seltsam an.
    »Magst du's nicht?«,

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