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Beautiful Americans - 01 - Paris wir kommen

Beautiful Americans - 01 - Paris wir kommen

Titel: Beautiful Americans - 01 - Paris wir kommen
Autoren: Lucy Silag
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in Memphis dazu bringen wollen, am Sonntagmorgen zu schweigen, statt Gott zu lobpreisen. In diesem Fall muss man, wie so oft, einfach loslassen und auf Gott vertrauen.
    Und seine Kleider mit extra starkem Waschmittel waschen, wenn man nach Hause kommt.
    »Na ja, egal, reden wir lieber über toi«, sagt Alex und wirft ihren BlackBerry auf den Tisch. »Nicht über moi. Oder meine vache von Mutter, merci beaucoup, oder meinen Loser Ex-was-auch-immer-Jeremy daheim in Brooklyn oder meinen nichtsnutzigen Vater, den ich nicht mehr gesehen habe, seit ich klein war, noch von all den anderen Gründen, warum ich mich so wahnsinnig freue, dass mich ein Ozean von all denen trennt, die ich kenne. Überspringen wir einfach meine kleine, rührselige Geschichte und kommen gleich zu dir, zu all dem Guten und Schönen.« Sie lächelt flirtend.
    Alex hat echt einen Sinn für Dramatik. Das ist mir gleich aufgefallen, als wir uns am Gepäckband kennengelernt haben und sie - der Ohnmacht nahe - mich ihre Taschen zum Kleinbus von Mme. Cuchon schleppen ließ. Abgesehen davon vermittelt sie mir noch zwei andere Dinge: Nummer eins, dass ich für sie mehr bin als nur ein platonischer Freund, und Nummer zwei, dass ihre freche Art ein bisschen gespielt ist, damit sie selbstbewusst rüberkommt. Nicht falsch verstehen - ich liebe Alex' Ader für Unfug und Spielereien. Aber ihrer Schwärmerei für mich muss man einen Schusspunkt setzen. Ehe es noch zu peinlich wird.
    »Findest du den Kellner nicht schnuckelig?«, sage ich also ganz bewusst und hoffe, dass sie es kapiert.
    »Ja, schon«, sagt sie nachdenklich. »Allerdings tres petit. Zu klein für mich.«
    »Also, ich finde ihn schnuckelig«, sage ich ruhig. »Er hat wunderschöne Haut. Was, wenn ich ihm meine Nummer gebe?«, frage ich mit viel mehr Selbstvertrauen, als ich wirklich empfinde. Als ob ich das jemals tun würde! Und als ob er das jemals wollte.
    Alex sieht mich einen langen Augenblick an und versucht, aus meinen Worten schlau zu werden. »Klar. Ja, mach das doch.«
    Alex macht eine Miene, als hätte man sie betrogen. Irgendwie süß. Sie beginnt zu lachen. Und dann wird ihr plötzlich alles klar: Alex merkt, dass sie gerade einen besten Freund gewonnen hat, wie bei Will und Grace, einen starken Felsen in der Brandung ihrer Neurosen, und glücklich stelle ich fest, dass Alex damit echt viel besser umgeht als die meisten anderen Mädchen, die sich bisher in mich verknallt haben.
    Bestimmt zum zehnten Mal, seit ich sie abgeholt habe, zieht sie ihren knallpinken Lipgloss aus der ungeheuer großen Ledertasche. Man braucht Alex nur ein kleines Weilchen zuzugucken und man weiß, dass die Kette nie abreißt: Zigarette, Lipgloss, Zigarette, Lipgloss. Und von Kaugummis ist sie auch echt abhängig.
    »Mann, du hast hier doch noch gar keine Nummer«, sagt sie, »aber ich würde meinen BlackBerry verwetten, dass er dich poppen würde, wenn du zu ihm gehst und ihn fragst. Wer würde das nicht?«
    Ich strecke ihr die Zunge raus. Sie zeigt mir mit extra lüsterner Miene ihre vollkommen gleichmäßigen Zähne. Unsere kurze einseitige Romanze hat sich offiziell in die neckisch-verspielte Freundschaft verwandelt, auf die ich gehofft hatte.
    »Also dann, mein lieber süßer Zack«, fährt Alex fort, »erzähl mir mehr über deine wilde Jugend. Ich verlass mich drauf, dass du dich hier das ganze Jahr lang austobst, und ich will natürlich alles über deine bisherigen Erfahrungen wissen.«
    »Pssst!«, zische ich ihr zu. »Tief drinnen, bin ich, na ja, du weißt schon. Aber das bleibt im Moment bitte unter uns. Außer dir und mir wissen nur ganz wenige Leute auf der ganzen Welt davon.«
    »Das ist nicht dein Ernst!«, entgegnet Alex ungläubig. »Du hast dich noch nicht geoutet?«
    »Ja, sozusagen«, erkläre ich ihr. »Ich hatte letztes Jahr mein Coming-Out meinem besten Freund Pierson gegenüber.«
    Alex schnaubt. »Haha, du und dein >bester Freund<, ja?« Sie hebt vielsagend ihre Augenbrauen.
    »So war das nicht gemeint«, protestiere ich erstickt. »Pierson und ich kennen uns schon seit Urzeiten. Wir stehen beide auf Jungs, aber wir könnten nie zusammen sein. Das wäre ja so, als würde ich mit meinem Brudet ausgehen. Das ist echt zu absurd, um auch nur dran zu denken.«
    »Du hast dich bis jetzt nicht mal gegenüber deiner Familie geoutet?«
    »Genau deshalb habe ich mich ja am Lycee beworben. In Memphis kann ich nicht wirklich ich selbst sein«, erkläre ich. »Da kann man kaum mit der Hand wedeln,
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