Beautiful Americans - 01 - Paris wir kommen
»Lass uns kurz noch hier draußen bleiben. Bis wir uns wieder ein bisschen geordnet haben.«
Wir stehen nebeneinander und schauen über den Balkon in die klare Nacht hinaus.
»Ich kann nicht glauben, dass ich echt gedacht habe, durch die Party würde alles besser werden«, sagt PJ traurig. »Was für eine Katastrophe.«
Niedergeschlagen nicke ich. Ein Stück die Straße hinunter können wir ein paar der Partygäste heimgehen sehen. Ich erkenne die texanischen Zwillinge, in ihren Jeans und den gleichen karierten Kapitänsjacken und schwarzen Baskenmützen. Dicht auf ihren Fersen sind George und Drew, ihr lautes Gekicher ist in dem sonst so stillen gut betuchten 17. Arrondissement deutlich zu hören.
»Dafür wirst du in der Hölle schmoren, du dreckige Bestie! Du Scheißkerl!«
Ein heftiger, böser Schrei ertönt vom Balkon neben uns - dem Balkon, der zum Schlafzimmer der Marquets gehört. Es ist ein Schrei, wie er nur von einer betrogenen Frau kommen kann, deren Wut von übermäßigem Alkoholkonsum angeheizt wird.
Alex ist aus dem leeren Schlafzimmer aufgetaucht und ruft George schlimme Schimpfnamen hinterher, während er die Straße hinuntergeht. Man kann sie kaum verstehen, weil Alex ziemlich lallt und sich gleichzeitig heisere Schluchzer ihrer Kehle entringen. In der einen Hand hält sie eine große fast leere Flasche Whiskey und in der anderen - wie könnte es auch anders sein - eine brennende Zigarette, mit der Alex herumfuchtelt, als wäre sie von einem Dämon besessen.
Als ich Alex zuletzt gesehen habe, trug sie stolz einen verführerisch engen braunen Hosenanzug zur Schau, aber jetzt hat sie etwas anderes an. Ihre Füße sind nackt und an ihrem schlanken, weiblichen Körper hängt ein mit silbernen Pailletten besetztes ärmelloses Kleid mit einem bauschigen Chiffonrock unten dran. Die Armlöcher im Oberteil sind groß genug, dass man darunter ihren trägerlosen Spitzen-BH sehen kann. Ihr hängt eine lange Perlenkette um den Hals und sie hüpft wütend auf und ab. »Du schmieriges Arschloch! Du Loser! Du Scheusal!«
Mit einem erneuten Zornesschrei schleudert Alex die Whiskeyflasche über das Geländer, sodass diese unten auf dem Place de Ternes in lauter Scherben zerspringt.
»Alex! Da unten sind Leute!«, krächze ich. Die Freundesclique, die ich gesehen habe, beobachtet nun Alex und lacht sich tot.
Als Alex das Kristallglas nimmt und auch das hinunterwirft, kommen PJ und ich mit einem Schlag Wieder zur Besinnung und schreien sie an, dass sie sofort aufhören soll.
Wir rasen durch die Menschenmenge, die sich noch im Wohnzimmer der Marquets aufhält und sich nun langsam auf die Terrasse und in das Schlafzimmer drängt, um sich Alex' dramatischen Wutausbruch mitanzusehen.
»Lasst sie in Ruhe!«, rufe ich laut, als die ersten Zwischenrufe ertönen. Aber Alex steht schon zu sehr neben sich, um zu bemerken, dass sie Publikum hat und dass George sie gar nicht mehr hören kann. Er ist schon lange fort.
PJ drängt Alex ins Schlafzimmer zurück und auf das Doppelbett der Marquets, setzt sich rittlings auf ihren zuckenden Körper und hält ihre Arme fest. Ich knalle die Balkontüren zu.
»Er ist mit dieser Hexe weggegangen! Mit dieser Nutte!«, kreischt Alex. »Mit diesem hässlichen texanischen Dreckstück ... dieser billigen Dorfmatratze ...«
Die Maskara zerläuft auf Alex' fleckigem Gesicht. Ich schnappe mir ein paar Papiertaschentücher und putze ihr die laufende Nase, betupfe ihre stark umrandeten Augen. Aber es bringt nichts. Sie sieht noch immer völlig derangiert aus.
»Sag Zack, er soll alle nach Hause schicken«, befiehlt PJ. »Wir müssen sie hier rausschaffen, ehe sie noch alles vollkotzt. Am besten rufen wir ihr ein Taxi und bringen sie heim.«
»Ohne ihn gehe ich aber nicht nach Hause!«, schreit Alex.
»Oh doch, das wirst du, Alex, du wirst jetzt sofort nach Hause gehen«, sagt PJ, während sie sie loslässt und mir in die Arme drückt. Gemeinsam schieben wir sie durch die Menge der letzten Partygäste und aus der Eingangstür, gehen die Treppe hinunter und behalten sie die ganze Zeit gut im Auge, um zu sehen, ob ein Stöhnen von ihr anzeigt, dass sie sich gleich übergibt. Nach meiner bisherigen Erfahrung kann Alex allerdings Alkohol meistens drinbehalten.
PJ und ich setzen Alex in ein Taxi. Ich muss mich auf sie draufhocken, damit sie Ruhe gibt. PJ befummelt das Stoffbüschel, das unter mir herausschaut.
»Das gehört Mme. Marquet!«, stößt PJ ungläubig hervor. »Alex, wie
Weitere Kostenlose Bücher