Beautiful Americans - 02 - Kopfüber in die Liebe
dich zu der besten französischen Zwiebelsuppe der ganzen Stadt bringen.«
»Echt?«, quieke ich. Thomas steht in seinen Boxershorts vor mir und ich kann mich nur mit Mühe und Not beherrschen, ihn nicht sofort wieder unter die Decke zu ziehen. Aber ich bin wirklich hungrig. Also hüpfe ich ebenfalls aus dem Bett und ziehe eine Jeans und einen großen Pulli an. Als ich die Kerzen ausblase, hinterlässt das einen angenehmen Geruch, der an Geburtstage erinnert.
»On y va!«, rufe ich aus der vorderen Diele, wo ich mir meine nassen Haare vor dem Spiegel knete. »Bist du fertig?«
Während Thomas seinen Mantel überzieht, wirft er einen Blick auf sein Handy. »Wenn wir schon rausgehen ...«
»Oui?«
»Kann ich ein paar Freunde anrufen, ob sie dazustoßen wollen? Ich habe schon lange nicht mehr sie gesehen.«
»Bien sûr«, entgegne ich. »Ich würde deine Freunde sehr gern kennenlernen.« Ich versuche, meine Stimme normal klingen zu lassen, aber im tiefsten Inneren freue ich mich, diesen Teil von Thomas' Leben zu entdecken - das Leben, das er außerhalb dieses Apartments lebt.
Thomas schickt seinen Freunden schnell eine SMS. Wir schließen die Tür hinter uns und halten kurz ein, um uns innig zu küssen, ehe wir nach unten gehen.
Thomas führt mich die Avenue des Ternes entlang und biegt dann in die Avenue Niel. Diesen Weg bin ich noch nie gegangen.
»Ich führe dich in eines der besten Bistros von Paris. Du wirst es mögen«, verspricht mir Thomas. »Meine Freunde sind schon alle da.«
Ich marschiere rasch neben Thomas die Straße entlang. Meine behandschuhten Finger habe ich tief in den Taschen meiner wollenen Kapitänsjacke vergraben.
An der Ecke Avenue Niel und Rue Langier zieht Thomas die Tür zu einem großen, dunstverhangenen Bistro auf. Es ist rappelvoll und die meisten Leute trinken Bier aus hohen Gläsern und essen Erdnüsse. In der Nähe der Bar sitzt ein Grüppchen, das mir vage bekannt vorkommt, um einen Tisch herum.
Ich erinnere mich an Inès, Xavier und Rémy von PJs Party im vergangenen Herbst. Das ist Thomas' Clique aus der Sorbonne. Wobei sich die Gruppe eigentlich schon länger kennt - vor der Universität waren sie nämlich zusammen auf dem Lycée de Monceau. Sie sind alle in Ternes aufgewachsen.
Anders als Thomas wollen seine Freunde keine Ärzte werden.
Inès hat flippige, kurze Haare und absolut coole Bohèmekleider. Damals auf der Party, als ich sie kennengelernt habe, hat sie mir erzählt, dass sie gerne Schriftstellerin oder sogar Dichterin werden möchte. Xavier macht wunderschöne Skulpturen und studiert Architektur. Es ist irgendwie lustig, dass er so geschickt mit den Händen ist, obwohl er recht stämmig und eher der unbeholfene Typ ist. Er sieht schon etwas älter aus, aber Thomas hat mir erzählt, dass er erst zwanzig ist. Remy studiert Kunstgeschichte - er kann zu jedem Gemälde im Louvre das Entstehungsjahr nennen und erklären, warum es so bedeutend ist. Genau wie Thomas ist er schlaksig und dazu ein kleines bisschen arrogant. Er wirkt wie ein Sportler - aber ganz anders als die Sportler, die ich früher auf der Highschool gekannt habe.
Als Inès Thomas und mich reinkommen sieht, springt sie sofort auf. Ihre hellbraunen Haare hat sie seit unserer letzten Begegnung tiefrot gefärbt. Sie trägt eine hautenge Jeans, ein helles fließendes Top, das ihren grazilen Oberkörper umspielt, eine abgetragene Militärjacke und einen wild um den Hals gewickelten Seidenschal.
»Oliiiiiivia!«, schreit sie, gibt mir schmatzend Küsschen auf die Wangen und zieht mir die Mütze vom Kopf. »Wie 'übsch, dein schönes Gesischt wiederzuse'en!«
Xavier und Remy ziehen mich zu sich auf Stuhlhöhe hinunter, um mir ebenfalls zur Begrüßung Küsschen zu geben. Xavier, der eher rundlich gebaut ist und schon jetzt am Haaransatz eine Glatze bekommt, klopft mit seiner großen Faust auf den leeren Stuhl neben sich. Remy grinst mich sexy an und entblößt dabei ein paar schiefe Zähne, während er mit einer fließenden Bewegung für Thomas einen leeren Stuhl von einem benachbarten Tisch heranzieht.
»Setz disch! Setz disch!«, ruft Inès, während Xavier gleichzeitig verkündet: »Mehr Bier!«
»Nein, nein, das ist schon okay«, sage ich, aber Thomas und seine Freunde wollen nichts dergleichen hören. Schlussendlich akzeptiere ich lächelnd einen halben Liter 1664. Wenn wir ausgehen, heißt das wohl, dass wir wirklich aus gehen .
Thomas bestellt Französische Zwiebelsuppe, moules frites und
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