Beautiful Americans - 02 - Kopfüber in die Liebe
dramatisch, wenn sie möchte. Sie will dich nicht so aufregen, glaube ich.«
Ich spüre einen Stich, als ich die beiden so zusammen sehe, ein glückliches Pärchen, trotz des ganzen Chaos und Dramas der letzten beiden Wochen.
Überall in Cannes hängen die Poster, die Livvy angefertigt hat. PJ ist allgegenwärtig. Auf dem Bild sieht sie so aus, als wäre sie eine Heimatlose in großer Not. Ich für meinen Teil denke ja, sie wäre entsetzt, wenn sie wüsste, dass Olivia das gemacht hat. Echt! Wie geschmacklos!
Olivia schüttelt den Kopf. »Ihr versteht das nicht, alle beide nicht!« Stumm blickt sie wieder auf das Meer. Schließlich bittet sie Thomas, uns kurz allein zu lassen.
»Ist irgendwas?«, fragt Thomas sofort ganz besorgt und streicht ihr liebevoll über das Gesicht.
»Nein, Thomas, es ist nichts. Ich muss nur wirklich kurz alleine mit Alex sprechen, okay?«
Thomas sieht enttäuscht aus. »Okay. Dann gehe ich Zeitschriften anschauen. Sag Bescheid, wenn ich kann wiederkommen.« Eingeschnappt geht er zu einem Zeitungskiosk in der Nähe, an dem man auch Plastikboote und überteuertes Evian-Wasser kaufen kann.
»Die Marquets sind ziemlich dubiose Gestalten«, sagt Olivia in einem lauten Flüsterton, kaum dass Thomas den kleinen Laden betreten hat. »Auch wenn PJ uns im Moment sagt, dass wir sie allein lassen sollen, weiß ich, dass die Marquets etwas Unrechtes getan haben. Davon bin ich überzeugt. Alex... M. Marquet... er hat Thomas' Mutter vergewaltigt. Er ist mitten auf einer Party über sie hergefallen! Sie hat solche Angst vor ihm, dass sie den Mund nicht aufmachen wird, selbst nach all den Jahren nicht!«
Ich bleibe abrupt stehen und starre meine zierliche Freundin an, die ihre behandschuhten Finger ringt. Olivia ist sichtlich aufgewühlt. »Olivia, wovon redest du da?«
»Ich schwöre, es ist wahr! Bitte erzähl es nicht Thomas - er weiß nichts davon. Eigentlich darf es niemand wissen! Auch du nicht! Aber ihr glaubt mir ja alle nicht, wenn ich sage, dass ich ihr helfen muss. Verstehst du jetzt, warum ich sie unbedingt finden muss? Warum wir sie retten müssen?«
»Du denkst also, dass PJ vor den Marquets weggelaufen ist, weil er sie bedrängt hat? Seine eigene Gasttochter?«
»Ich weiß es nicht - aber möglicherweise ja! Die Marquets haben große Macht. Ich habe Angst, wenn tatsächlich etwas vorgefallen ist, wenn PJ sie aufgebracht hat... Was ist, wenn sie nun versuchen, sich zu rächen?«
»Olivia, das ist doch kompletter Unsinn. Bist du dir wirklich sicher? Findest du nicht, dass du übertreibst?« Wir stehen vollkommen reglos auf der Strandpromenade, während sich lauter Leute in dicken Jacken an uns vorbeidrängen und dabei Kinderwagen schieben, Hunde Gassi führen oder versuchen, mit Freunden Schritt zu halten.
»Das Einzige, bei dem ich mir wirklich ganz sicher bin, ist, was Mme Rouille passiert ist. Die Marquets haben ihr Leben zerstört. Sie haben ihren Mann aus dem Land getrieben. Sie haben Thomas ganz viele Chancen verbaut, von denen er noch nicht mal weiß. Ich habe noch nie so viel Mitgefühl mit jemandem gehabt, wirklich noch nie. Du kennst doch Mme Rouille. Sie hat geweint. Vor mir!«
»Das ist tragisch«, sage ich atemlos.
Olivia verzieht ihr süßes, kleines herzförmiges Gesicht und geht zum Zeitungskiosk hinüber. »Komm, ich möchte nicht, dass sich Thomas Sorgen macht.«
»Wo wir gerade vom Teufel sprechen: Sieh dir mal die Gala an«, sage ich und zeige auf das Hochglanzmagazin, während wir auf die übervollen Zeitschriftenständer im Schaufenster zugehen. »Da sind sie.«
Auf dem Cover der Gala ist ein Foto der Marquets neben mehreren anderen Fotos zu sehen: M. Marquet im Smoking und Mme Marquet in einem waldgrünen Satinballkleid. Wenn ich den Modedesigner erraten müsste, würde ich auf Escada tippen. Das Kleid ist atemberaubend, wenn auch nicht mein Geschmack. La Saint-Sylvestre très prestigieuse! , verkündet die Schlagzeile dick und fett. Es ist ein Artikel über die wichtigsten Silvesterfeiern der High Society.
»Oh mein Gott!«, ruft Olivia und stürzt in den Laden, um sich die Zeitschrift zu kaufen. Ich folge ihr. Olivia blättert die Gala schnell durch, um den Artikel zu finden. »Sie sind zu
Silvester groß ausgegangen! Wo doch PJ spurlos verschwunden ist! Sie sehen nicht mal besorgt aus.«
Ich lache und sage ironisch: »Mehr Beweise braucht es nicht, Livvy. Wo ist das Foto aufgenommen worden?«
»Im Château de Reime-Claude, in der Dordogne. Da
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