Beautiful Americans - 02 - Kopfüber in die Liebe
oder so? Wenn sich dort weniger Leute drängeln?«
»Es ist so ein Gedränge, weil das Museum eben bekannt ist!« Nun schreie ich fast. »Weil alle Van Goghs Bilder sehen wollen! Mich eingeschlossen! Du kannst mich doch nicht einfach so stehen lassen und dich aus dem Staub machen!«
»Pssst!«, unterbricht mich Pierson. »Hör auf, mich so anzuschreien. Ich fand's einfach blöd.«
»Das Museum oder mich?«, will ich wissen, ohne meine Stimme auch nur im Geringsten zu senken. Mir doch egal, wer das mitbekommt. »Zehn Minuten! Mehr habe ich ja gar nicht verlangt - zehn Minuten!«
»Zack, worum geht es hier eigentlich? Um das Van-Gogh- Museum oder um etwas anderes? Weil ich nämlich absolut keinen Bock habe, hier rumzustehen, während du mitten in Amsterdam wie eine Todesfee derartig wütest und tobst, dass es alle Welt mitbekommt. Das finde ich peinlich.«
»Ach nein, bitte verzeih mir«, fauche ich ihn an. »Tut mir ja so leid, dass ich dich von dem wunderbaren Hannes losgeeist habe und dich dann auch noch in aller Öffentlichkeit anschreie. Wie kann ich nur? Wie gedankenlos von mir.«
»Es geht also um Hannes?«, fragt Pierson ungläubig.
»Nein!«
»Bist du sicher, dass es nicht um ... Bobby geht?«
In Anbetracht von Piersons kritischem Blick möchte ich ihm am liebsten eine in die Fresse hauen.
»Was ist mit Bobby?«
»Warum hasst du ihn so sehr?«, fragt Pierson. »Wieso hast du ihn gestern ins Wasser gestoßen?«
»Was? Hat er dir das so erzählt? Ich habe ihn nicht ins Wasser gestoßen. Er ist reingefallen.«
»Er hat versucht, dich zu küssen, und da hast du ihn geschubst. Echt, ein reifes Verhalten, Zack, muss ich schon sagen.«
»So ist es aber nicht gewesen. Und Bobby verhält sich ja wohl auch nicht gerade reif. Er kennt mich erst ein paar Tage und schon will er mit mir zusammenziehen! In Paris! Er hat schon seine ganze Zukunft mit mir geplant, und dabei kenne ich den Kerl doch kaum!« Ich schiele an Pierson vorbei auf die lange Schlange hinter ihm. Viele Leute beobachten uns. Wahrscheinlich fragen sie sich schon, wann der Streit endlich zu Ende ist. Aber sie sind mir gleichgültig. Ich will nur eins: dass Pierson zugibt, wie abgedreht sein Freund ist.
Schließlich hat er mir gesagt, dass er nach Paris ziehen will! Sieht Pierson denn nicht ein, dass Bobby mit allem viel zu schnell war?
»Bobby denkt daran, in Paris an die Uni zu gehen, Zack, mehr nicht. Als ich das letzte Mal mit dir über das Thema gesprochen habe, hast du doch auch überlegt, ob du das nicht in einem Jahr machen willst. Warum sollte er da nicht auf die Idee kommen, dass ihr vielleicht mal Mitbewohner werdet?« Pierson lacht fast, so albern findet er das Ganze.
»Nein! Du verstehst es nicht! Er hat nicht davon gesprochen, dass wir vielleicht Mitbewohner werden, sondern dass ...«
»Doch, Zack, er hat davon gesprochen, dass ihr Mitbewohner werdet. Aber du hast es anders gehört, weil du nur hörst, was du hören willst«, sagt Pierson rundheraus. »Du lässt keine einzige Sekunde mal deine Scheuklappen sinken, um zu sehen, dass da draußen eine ganze Welt voller Menschen ist, die freundlich und lustig sind und die man lieben kann. Menschen, die dich so akzeptieren, wie du bist. Aber du lässt das ja erst gar nicht zu.«
»Ich habe sehr wohl Freunde, die mich so akzeptieren, wie ich bin!«, rufe ich wutentbrannt. »Meine Freunde in Paris wissen, wer ich bin! Und sie mögen mich auch genau deswegen.«
»Und wieso bist du dann hier in Amsterdam gelandet? Wieso bist du mitten in der Nacht vor ihnen getürmt?« Pierson spricht nun sanfter und legt mir seine Hand auf den Arm.
»Fass mich nicht an!«, kreische ich, während in der kühlen Luft heiße Tränen über meine Wangen strömen. Und dann renne ich los, die Straße entlang, in die Richtung von Piersons Campus.
Als ich in das Studentenwohnheimzimmer von Bobby und Pierson stürze, sitzt Bobby noch immer an seinem Schreibtisch. Aber jetzt liest er E-Mails und die New York Times online, statt Kriegsschiffe auf dem Bildschirm hochgehen zu lassen.
»War nett, dich kennenzulernen, Bobby«, sage ich. »Danke für alles.« Ich schnappe mir meinen Rucksack und werfe den Ersatzschlüssel des Zimmers auf Piersons Bett. »Ich würde ja gern bleiben, aber ich muss zum Zug.«
Ich schleiche unauffällig durch die Straße zur Amsterdamer U-Bahn. Dabei muss ich daran denken, wie aufgeregt ich war, als Pierson, Bobby und Hannes mich vor ein paar Tagen vom Zug abgeholt haben. Als wir
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