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Beautiful Losers

Beautiful Losers

Titel: Beautiful Losers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonard Cohen
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er mich wieder auf, der reizende Körper, der gerade, aufrechte Gang, der selbstsüchtige Blick (stimmt doch, oder?). Edith stinkt nicht nach der Pest! Bitte, zwinge mich nicht, an deine Körperteile zu denken. Ihr Bauchnabel war ein winziger, beinahe versteckter Wirbel. Wenn eine Brise, leicht genug, um eine Teerose in Bewegung zu bringen, zu Fleisch würde, dann sähe sie aus wie dieser Nabel. Sie hat immer wieder zugelassen, dass er bedeckt wurde, mit Öl, mit Samen, mit Parfüm im Wert von fünfunddreißig Dollar, mit einer Klette, mit Reis, Urin, den abgeschnittenen Fingernägeln eines Mannes, den Tränen eines anderen Mannes, mit Spucke und einem Fingerhut voller Regenwasser. Ich muss versuchen, die Anlässe zu rekonstruieren.
    ÖL: Unzählige Male. Neben ihrem Bett stand eine Flasche Olivenöl, ich habe mich immer gefragt, ob sie Fliegen anzieht.
    SAMEN: Auch der von F.? Das wäre unerträglich. Sie selbst bestand darauf, dass ich ihn an dieser Stelle deponiere. Sie wollte mir dabei zusehen, wie ich ein letztes Mal masturbiere. Wie konnte ich ihr nur erklären, dass es der intensivste Höhepunkt war, den ich jemals hatte?
    REIS: Roher Reis. Sie hat einmal an dieser Stelle ein Reiskorn mit sich herumgetragen, eine ganze Woche lang. Sie behauptete, sie könnte es kochen.
    URIN: Du brauchst dich nicht zu schämen, hat sie gesagt.
    FINGERNÄGEL: Sie hat erzählt, dass orthodoxe Juden ihre abgeschnittenen Fingernägel begraben. Ich finde es beklemmend, darüber nachzudenken. Es ist eine Bemerkung, die ich F. zutrauen würde. Hat sie es von ihm?
    MÄNNERTRÄNEN: Merkwürdig, wie das passiert ist. Wir lagen am Strand von Old Orchard/Maine und sonnten uns. Ein Mann mit einer blauen Badehose, den wir nie zuvor gesehen hatten, stürzte sich auf ihren Bauch und heulte los. Ich packte seine Haare, um ihn hochzuziehen. Sie schlug meine Hand weg. Ich sah mich um: Niemand hatte uns beobachtet, also war es wohl nicht so schlimm. Ich sah auf die Uhr: Fünf Minuten lang hat der Mann geheult. Tausende Menschen lagen an diesem Strand in der Sonne. Warum hat er sich gerade uns ausgesucht? Die wenigen Leute, die vorbeikamen, grinste ich an, ich tat, als wäre dieser Irre mein trauernder Schwager. Niemand scherte sich darum. Er trug eine dieser billigen Badehosen aus Wolle, die den Eiern keinen Halt geben. Er weinte still, Ediths Hand lag in seinem Nacken. Das kann doch nicht wahr sein, versuchte ich mir einzureden, Edith ist doch keine sandige Hure. Plötzlich riss er sich ungelenk hoch, stützte sich auf ein Knie, stand auf und lief davon. Edith sah ihm noch eine Weile nach, dann wandte sie sich mir zu, um mich zu trösten. Er war ein A–––––––, flüsterte sie. Unmöglich!, rief ich wütend. Ich habe jeden lebenden A–––––––– erfasst! Edith, du lügst! Du hast es genossen, dass er dir auf den Bauchnabel gesabbert hat, gib es zu! Mag sein, antwortete sie, vielleicht war er gar kein A–––––––. Aber das war ein Risiko, das ich nicht eingehen konnte. Also lief ich den ganzen Tag über den Strand, meilenweit, aber er war mit seiner tropfenden Nase längst verschwunden.
    SPUCKE: Ich weiß nicht mehr, warum. Ich weiß auch nicht mehr genau, wann. Vielleicht habe ich es mir nur eingebildet?
    REGENWASSER: Um zwei Uhr am Morgen hatte sie die Eingebung, dass es regnen könnte. Wir konnten es nicht überprüfen, wegen der Fenstersituation. Ich nahm einen Fingerhut und ging nach oben. Sie freute sich über diese Geste.
    Zweifellos hielt sie ihren Bauchnabel für ein Sinnesorgan, um nicht zu sagen, eine Art Portemonnaie, das in ihrem ganz persönlichen Voodoo den Besitz gewährleistet. Sie hat mich oft an dieser Stelle an sich gedrückt, mal fest, mal sanft, während sie mir nächtelang ihre Geschichten erzählte. Wieso war es mir immer irgendwie unangenehm? Warum habe ich dabei meistens auf den Ventilator gehört, den Aufzug?

13.
    Tagelang nicht gearbeitet. Warum hat mich diese Liste so runtergezogen? Ich hätte sie niemals anfertigen sollen. Edith, ich habe deinem Bauchnabel etwas angetan. Ich habe versucht, einen Nutzen aus ihm zu ziehen. Ich habe versucht, deinen Bauchnabel gegen die Pest in Stellung zu bringen. Ich wollte ein Mann in einer Gummizelle sein, der der Ewigkeit eine hübsche, aber schmutzige Geschichte anvertraut. Am liebsten wäre ich der befrackte Zeremonienmeister gewesen, der ein Hotel voller frischvermählter Pärchen aus den Betten scheucht, während sich verwitwete

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