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Bedenke Phlebas

Bedenke Phlebas

Titel: Bedenke Phlebas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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viele
Systeme, wie viele Individuen entweder vernichtet oder von den
Idiranern und ihrer wahnsinnigen gottverdammten Religion…
erstickt worden sind. Was, zum Teufel, hat die Kultur im Vergleich
damit jemals getan?« Die eine Hand lag auf ihrem Knie,
die andere schloß sich vor Horza zu einem Würgegriff. Er
betrachtete die Frau und lächelte.
    »Bei einer genauen Kopfzählung der Toten wären die
Idiraner zweifellos die Sieger, Perosteck, und ich habe ihnen ehrlich
gesagt, daß ich für einige ihrer Methoden oder ihren
Glaubenseifer nie etwas übrig gehabt habe. Ich bin dafür,
daß allen Leuten erlaubt wird, ihr eigenes Leben zu
führen. Aber jetzt kämpfen sie gegen euch von der Kultur,
und das macht für mich den Unterschied. Ich bin mehr gegen die
Kultur als für die Idiraner, und deshalb bin ich
bereit…« – Horza unterbrach sich für einen
Augenblick, lachte verlegen auf – »… Nun, es klingt
ein wenig melodramatisch, aber ich bin tatsächlich bereit,
für sie zu sterben.« Er zuckte die Achseln. »So
einfach ist das.«
    Horza nickte bei diesen Worten. Balveda ließ die
ausgestreckte Hand sinken, blickte zur Seite, schüttelte den
Kopf und stieß laut den Atem aus. Horza fuhr fort.
»Weil… nun, Sie haben vermutlich gedacht, ich wollte den
alten Frolk nur veralbern, als ich ihm sagte, das fliegende Messer
sei der eigentliche Vertreter der Kultur. Ich habe ihn nicht
veralbert, Balveda. Es war damals mein Ernst, und das ist es jetzt
ebenso. Mir ist es gleichgültig, wie selbstgerecht die Kultur
empfindet oder wie viele Leute die Idiraner töten. Die Idiraner
stehen auf der Seite des Lebens – des langweiligen,
altmodischen, biologischen Lebens, stinkig, fehlbar und kurzsichtig,
wie es, Gott weiß es, nun einmal ist, aber des echten Lebens. Ihr werdet von euren Maschinen beherrscht. Ihr seid eine
evolutionäre Sackgasse. Das Problem ist, daß ihr, um euch
von diesem Gedanken abzulenken, versucht, jeden anderen mit euch
hinabzureißen. Der Galaxis könnte gar nichts Schlimmeres
passieren, als daß die Kultur diesen Krieg gewinnt.«
    Er hielt inne, um sie etwas sagen zu lassen, aber sie saß
still, hielt den Kopf gesenkt und schüttelte ihn. Er lachte sie
aus. »Wissen Sie was, Balveda? Für eine so empfindsame
Spezies zeigt ihr manchmal bemerkenswert wenig Empathie.«
    »Empfinde Empathie mit der Dummheit, und du bist auf halbem
Weg, wie ein Idiot zu denken«, murmelte die Frau, immer noch,
ohne Horza anzusehen. Wieder lachte er und stellte sich auf die
Füße.
    »Solche… Bitterkeit, Balveda?« sagte er.
    Sie blickte zu ihm hoch. »Ich sage Ihnen, Horza«,
erklärte sie ruhig, »wir werden gewinnen.«
    Er wehrte ab. »Das glaube ich nicht. Ihr wüßtet
gar nicht, wie ihr es anfangen solltet.«
    Von neuem richtete Balveda sich auf und stützte sich hinter
ihrem Rücken mit den Händen ab. Ihr Gesicht war ernst.
»Wir können lernen, Horza.«
    »Von wem?«
    »Von jedem, der es uns lehren kann«, erwiderte sie
langsam. »Wir haben eine ganze Menge unserer Zeit damit
verbracht, Krieger und Zeloten, Schläger und Militaristen zu
beobachten – Leute, die entschlossen sind, ohne Rücksicht
auf Verluste zu siegen. Es herrscht kein Mangel an Lehrern.«
    »Wenn ihr euch über das Siegen informieren wollt, fragt
die Idiraner.«
    Balveda schwieg eine Weile. Ihr Gesicht war ruhig, nachdenklich,
vielleicht traurig. Dann nickte sie. »Tatsächlich
heißt es, beim Kriegführen bestehe die Gefahr, daß
man anfange, dem Gegner zu ähneln.« Sie zuckte die Achseln.
»Wir können nur hoffen, daß sich das vermeiden
läßt. Wenn die evolutionäre Kraft, an die Sie
anscheinend glauben, tatsächlich etwas bewirkt, wird sie durch
uns wirken, nicht durch die Idiraner. Wenn Sie sich irren, dann
verdient sie, abgeschafft zu werden.«
    »Balveda«, sagte er lachend, »enttäuschen Sie
mich nicht. Ich ziehe einen Kampf vor… Das hört sich
beinahe an, als bekehrten Sie sich zu meinem Standpunkt.«
    »Nein«, seufzte sie, »das tue ich nicht. Geben Sie
daran meiner Ausbildung in ›Besonderen Umständen‹ die
Schuld. Wir versuchen, an alles zu denken. Ich war
pessimistisch.«
    »Ich hatte bisher den Eindruck, BU erlaube solche Gedanken
nicht.«
    »Dann denken Sie einmal nach, Mr. Wandler.« Balveda hob
eine Augenbraue. »BU erlaubt sämtliche Gedanken. Das ist
es, was manche Leute daran so furchterregend finden.«
    Horza glaubte zu verstehen, was die Frau meinte. ›Besondere
Umstände‹ war immer die moralische Waffe

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