Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bedenke Phlebas

Bedenke Phlebas

Titel: Bedenke Phlebas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
Vom Netzwerk:
Horza
rüttelte mit der Hand an der leichten, schmutzigen
Türfüllung.
    »Laß das sein, Horza!« kreischte Mipp. Horza
erkannte die heisere, schrille Stimme kaum. »Laß das
bloß sein! Ich bringe uns beide um, das schwöre
ich!«
    Plötzlich kippte das Shuttle, reckte die Nase in den Himmel
und kehrte die offenen Hecktüren dem Meer zu. Horza rutschte
zurück, seine Füße glitten auf dem Fußboden
aus. Er stieß die Handschuhfinger in den Wandschlitz, wo die
Sitze befestigt gewesen waren, und hielt sich dort fest, als die
Fähre begann, in ihrem steilen Anstieg zu überziehen.
    »Schon gut, Mipp!« rief er. »Schon gut!«
    Das Shuttle fiel, sich seitlich drehend, und schleuderte Horza
vorwärts gegen das Schott. In dem Augenblick, wo das Fahrzeug
aus seinem kurzen Sturzflug herauskam, wurde er schwer. Das Meer
glitt nur etwa fünfzig Meter unter ihm dahin.
    »Laß mich bloß in Frieden, Horza«, sagte
Mipps Stimme.
    »Okay, Mipp«, antwortete Horza. »Okay.«
    Die Fähre stieg ein bißchen, gewann an Höhe und
beschleunigte. Horza entfernte sich wieder von dem Schott, das ihn
von dem Flugdeck und von Mipp trennte.
    Er stellte sich an die offene Tür, blickte auf die Insel mit
ihren limonenfarbenen Untiefen, dem grauem Fels, der grünblauen
Vegetation und dem Streifen gelben Sandes zurück. Das alles
schrumpfte langsam, der Rahmen der offenen Hecktüren füllte
sich mit mehr und immer mehr Wasser und Himmel, während die
Insel sich im Dunst verlor.
    Horza fragte sich, was er tun könne, und erkannte, daß
es nur einen Weg für ihn gab. Auf dieser Insel hatte eine
Raumfähre gestanden. Sie konnte kaum in schlechterem Zustand
sein als die, in der er sich jetzt befand, und ihre Chancen, gerettet
zu werden, standen im Augenblick buchstäblich auf Null. Sich
immer noch an der Kante der Hecktür festhaltend, gezaust von dem
warmen Wind, drehte er sich zu der schwachen Tür um, die zum
Flugdeck führte.
    Sollte er sie gleich einschlagen oder erst versuchen, Mipp zur
Vernunft zu bringen? Während er noch darüber nachdachte,
erbebte die Fähre und fiel dann wie ein Stein auf das Meer
zu.

 
     
SECHSTER TEIL

----
     
     
Die Fresser

Horza war eine Sekunde lang schwerelos. Er wurde von dem
Luftwirbel erfaßt, der durch die Hecktüren hereinkam und
ihn auf sie zuzog. Wie zuvor hielt er sich an der Wandlücke
fest. Das Schuttle kehrte die Nase nach unten, und das Brüllen
des Windes verstärkte sich. Horza schwebte, die Augen
geschlossen, die Finger in den Wandschlitz gebohrt, und wartete auf
den Aufprall. Doch statt dessen ging die Fähre noch einmal in
den Horizontalflug über, und er stand wieder auf den
Füßen.
    »Mipp!« rief er und taumelte zur Tür. Er
spürte, daß die Fähre wendete, und warf einen Blick
nach draußen. Sie fielen immer noch.
    »Sie ist tot, Horza«, sagte Mipp schwach. »Ich habe
sie verloren.« Aus seiner Stimme klang stille Verzweiflung.
»Ich kehre nach der Insel um. Wir werden nicht dort ankommen,
aber… wir werden in ein paar Augenblicken abstürzen…
Am besten legst du dich vor dem Schott auf den Boden und machst dich
darauf gefaßt. Ich werde versuchen, sie so weich
hinunterzubringen, wie ich kann…«
    »Mipp«, sagte Horza und setzte sich mit dem Rücken
zum Schott auf den Boden, »kann ich irgend etwas tun?«
    »Nichts«, antwortete Mipp. »Es geht los. Tut mir
leid, Horza. Halt die Ohren steif – und auch alles
andere.«
    Horza tat genau das Gegenteil, er machte sich ganz schlaff. Die
durch die Hecktüren hereinströmende Luft heulte in seinen
Ohren. Die Fähre bebte unter ihm. Der Himmel war blau. Er
erhaschte einen Blick auf… Er bewahrte gerade soviel Spannung in
seinem Rücken, daß sein Kopf an der Oberfläche des
Schotts blieb. Dann hörte er Mipp schreien, keine Worte –
nichts als einen Schrei der Angst, einen animalischen Laut.
    Das Schuttle schlug auf, krachte in etwas, drückte Horza
heftig gegen die Wand und ließ ihn dann los. Das Fahrzeug hob
die Nase ein bißchen. Horza fühlte sich für einen
Augenblick leicht, sah Wellen und weiße Gischt durch die
offenen Hecktüren. Dann verschwanden die Wellen, er sah Himmel
und schloß die Augen, als die Nase der Fährte sich wieder
senkte.
    Sie schmetterte in die Wellen, kam im Wasser zum Stillstand. Horza
wurde wie vom Fuß eines gigantischen Tieres in das Schott
gedrückt. Die Luft wurde aus seinen Lungen gequetscht, sein Blut
rauschte, der Anzug biß ihn. Er wurde geschüttelt und
flachgewalzt, und dann, gerade als der

Weitere Kostenlose Bücher