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Bedenke Phlebas

Bedenke Phlebas

Titel: Bedenke Phlebas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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an seinem oftmals
beschädigten Anzug brechen. Nach einer Weile schlief er ein. Er
hatte es eigentlich nicht vorgehabt, aber er wehrte sich nicht
dagegen, als der Schlaf ihn überkam, und befahl sich, nach einer
Stunde wieder aufzuwachen.
    Als er erwachte, stand die Sonne zwar hoch am Himmel, war jedoch
dunkelrot, als schiene sie durch Staubschichten oberhalb des fernen
Randwalls. Horza stellte sich auf die Füße. Anscheinend
war die Fähre nicht tiefer ins Wasser gesunken. Die Insel war
immer noch weit entfernt, aber es kam ihm vor, als sei sie ein
bißchen näher als vorhin. Die Strömungen oder die
Winde, wie dem auch sei, mußten ihn ungefähr in die
richtige Richtung blasen. Er setzte sich.
    Die Luft war immer noch warm. Er überlegte, ob er den Anzug
ausziehen solle, und entschied sich dagegen; er war unbequem, aber
ohne ihn würde es ihm vielleicht zu kalt werden. Er legte sich
wieder hin.
    Wo mochte Yalson jetzt sein? Hatte sie Lamms Bombe überlebt
– und den Zusammenstoß? Er hoffte es. Er hielt es für
wahrscheinlich; er konnte sie sich nicht tot oder sterbend
vorstellen. Das war recht wenig, um daraus Schlußfolgerungen zu
ziehen, und er bestritt vor sich selbst, abergläubisch zu sein.
Aber daß er nicht fähig war, sie sich tot vorzustellen,
war irgendwie tröstlich. Sie würde am Leben bleiben. Um
dieses Mädchen auszulöschen, war mehr erforderlich als eine
taktische Atombombe und ein Eine-Milliarde-Tonnen-Schiff im
Zusammenstoß mit einem Eisberg von der Größe eines
kleinen Kontinents… Horza merkte, daß er in Gedanken an
Yalson lächelte.
    Er hätte gern mehr Zeit mit Gedanken an Yalson verbracht,
aber da war noch etwas, an das er denken mußte.
    Diese Nacht würde er sich einer Wandlung unterziehen.
    Es war alles, was ihm zu tun übrigblieb. Wahrscheinlich kam
es inzwischen gar nicht mehr darauf an. Kraiklyn war entweder tot
oder würde – falls er noch lebte – Horza
wahrscheinlich nie wieder begegnen. Doch der Wandler hatte sich auf
die Transformation vorbereitet; sein Körper wartete darauf, und
ihm fiel nichts Besseres ein.
    Die Situation, redete er sich zu, war alles andere als
hoffnungslos. Er war nicht schwer verletzt, er trieb anscheinend auf
die Insel zu, wo das fremde Schuttle wahrscheinlich immer noch stand,
und wenn er rechtzeitig von dort wegkam, boten ihm Evanauth und das
Katastrophenspiel eine Chance. So oder so würde die Kultur
inzwischen nach ihm suchen. Deshalb war es nicht ratsam, ein und
dieselbe Identität zu lange beizubehalten. Zum Teufel, dachte
er; dann unterzog er sich eben der Wandlung. Er würde als der
Horza, den die anderen kannten, einschlafen und als eine Kopie des
Kapitäns der Clear Air Turbulence erwachen.
    So gut er konnte, bereitete er seinen zerschlagenen und
schmerzenden Körper auf die Veränderung vor, entspannte
Muskeln und aktivierte Drüsen und Zellgruppen, sandte durch
Nerven, die nur Wandler besaßen, willentlich Signale vom Gehirn
zum Körper und Gesicht.
    Er betrachtete die Sonne, die irgendwo niedrig über dem Ozean
auf dem Weg über rote Phasen verblaßte.
    Jetzt würde er schlafen, schlafen und Kraiklyn werden, wieder
eine neue Identität annehmen, den vielen Verkörperungen
seines Lebens eine weitere hinzufügen…
    Vielleicht hatte es keinen Sinn, vielleicht verwandelte er sich in
diese neue Gestalt nur, um in ihr zu sterben. Aber, dachte er, was habe ich zu verlieren?
    Er beobachtete das sinkende, sich verdunkelnde rote Auge der
Sonne, bis er in den Schlaf der Wandlung eintrat, und obwohl seine
Augen geschlossen waren, sah er in der Wandlungstrance unter seinen
Lidern immer noch dieses ersterbende Glühen…
     
    Tieraugen. Raubtieraugen. Hinter ihnen eingesperrt, hinaussehend.
Niemals schlafend, drei Leute darstellend. Eigentum besitzend: Gewehr
und Schiff und Truppe. Vielleicht im Augenblick noch nicht viel, aber
eines Tages… mit nur einem kleinen bißchen Glück,
nicht mehr als das, worauf jedermann ein Recht hatte… eines
Tages würde er es ihnen zeigen. Er wußte, wie gut er war,
er wußte, wofür er sich eignete, und wer sich für ihn
eignete. Die übrigen waren nur Spielmarken; sie waren sein, weil
sie unter seinem Befehl standen; schließlich war es sein
Schiff. Vor allem die Frauen – nichts als Figuren. Sie konnten
kommen und gehen, und es interessierte ihn nicht. Alles, was man mit
ihnen zu tun hatte, war, daß man ihre Gefahr teilte, und schon
hielten sie einen für wundervoll. Sie erkannten nicht, daß
es für ihn keine

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