Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bedenke Phlebas

Bedenke Phlebas

Titel: Bedenke Phlebas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
Vom Netzwerk:
einer.
    Die Sonne stieg höher.
    Schließlich erreichte er die äußeren Riffe und
Untiefen. Benommen glitt er an ihnen vorbei in seichteres Wasser.
    Ein Meer von Schmerzen. Ein Ozean an Erschöpfung.
    Er schwamm auf den Strand zu, durch einen Fächer aus Wellen
und Brandung, der von der Lücke in den Riffen ausging, durch die
er gekommen war…
    … und fühlte sich, als habe er den Anzug niemals
ausgezogen, als trage er ihn immer noch, und als sei das alte Ding
steif von Rost oder Alter oder mit schwerem Wasser oder nassem Sand
gefüllt und zerre ihn zurück.
    Er hörte, wie sich Wellen am Strand brachen, und als er
hochblickte, sah er Leute auf dem Strand: dünne dunkle
Gestalten, in Lumpen gekleidet, die sich um runde Zelte und um Feuer
scharten oder zwischen ihnen umhergingen. Einige waren vor ihm im
Wasser, trugen Körbe, große durchbrochene Körbe, die
sie auf der Hüfte hielten. Sie wateten durch das Wasser,
sammelten irgend etwas ein und legten es in die Körbe.
    Sie hatten ihn nicht gesehen. Deshalb schwamm er weiter, machte
langsame, kraulende Bewegungen mit den Armen und trat schwach mit den
Füßen aus.
    Die Leute, die das Meer abernteten, nahmen gar keine Notiz von
ihm. Sie wateten weiter durch die Brandung und bückten sich
gelegentlich, um etwas aus dem Sand unten zu holen. Ihre Augen
wanderten suchend umher, aber in zu nahem Umkreis, so daß sie
ihn nicht sahen. Horzas Züge verlangsamten sich zu einem
keuchenden, ersterbenden Kraulen. Er konnte die Hände nicht aus
dem Wasser heben, und seine Beine waren gelähmt…
    Dann hörte er durch das Rauschen der Brandung wie in einem
Traum mehrere Stimmen in der Nähe rufen und platschende
Geräusche näherkommen. Er schwamm immer noch schwach, als
eine neue Welle ihn hochhob und er mehrere der dünnen, in
Lendentücher und zerlumpte Jacken gekleideten Leute sah, die
durch das Wasser auf ihn zu wateten.
    Sie halfen Horza durch die sich brechenden Wellen, über
sonnengestreifte Untiefen auf den goldenen Sand. Dort blieb er eine
Weile liegen, während die dünnen und ausgemergelten Leute
um ihn zusammenliefen. Sie redeten leise miteinander. Ihre Sprache
hatte er noch nie zuvor gehört. Er versuchte, sich zu bewegen,
konnte es aber nicht. Seine Muskeln fühlten sich wie schlaffe
Lappen an.
    »Hallo«, krächzte er. Er versuchte es in allen
Sprachen, die er kannte, aber keine funktionierte. Er sah in die
Gesichter der Leute, die ihn umstanden. Sie waren humanoid –
  aber dieses Wort umfaßte so viele Spezies in der ganzen
Galaxis, daß es ein ständiges Diskussionsthema war, was
die Kultur dazu zu sagen hatte. Die Kultur pflegte die Gesetze
darüber zu erlassen (nur daß die Kultur natürlich
keine richtigen Gesetze kannte), was es bedeutete, humanoid zu sein,
oder wie intelligent eine bestimmte Spezies war (während sie
gleichzeitig klarmachte, daß bloße Intelligenz für
sich genommen nicht viel zu bedeuten habe), oder wie lange Leute
leben sollten (wenn auch nur als ungefährer Anhaltspunkt), und
die Leute akzeptierten diese Vorschriften kritiklos, weil jeder
glaubte, was die Kultur in ihrer Propaganda von sich selbst
behauptete, daß sie nämlich gerecht, ohne Vorurteile und
ohne eigenes Interesse sei, daß es ihr um nichts als die
absolute Wahrheit gehe… und so weiter.
    Waren nun die Leute um ihn wirklich humanoid? Sie waren
ungefähr von Horzas Größe und zweiseitig symmetrisch,
sie hatten anscheinend im großen und ganzen die gleiche
Knochenstruktur und das gleiche Atmungssystem, und ihre Gesichter
besaßen – obwohl jedes anders aussah –   alle
Augen, Mund, Nase und Ohren.
    Aber sie waren dünner, als sie hätten sein sollen, und
ihre Haut wirkte ungeachtet der Farbe oder Schattierung irgendwie
kränklich.
    Horza lag still. Er fühlte sich wieder sehr schwer, aber
endlich war er auf trockenem Land. Andererseits sah es, wenn man nach
der körperlichen Verfassung der Leute ging, nicht so aus, als
gebe es auf der Insel viel zu essen. Wenigstens nahm er an, das sei
der Grund für ihre Magerkeit. Er hob matt den Kopf und
versuchte, durch den Wald aus dünnen Beinen nach der
Raumfähre zu spähen, die er hier gesehen hatte. Er konnte
gerade das Dach der Maschine erkennen, das über eins der
großen Kanus am Strand emporragte. Die Hecktüren standen
offen.
    Ein Geruch wehte Horza unter die Nase. Ihm wurde übel davon.
Erschöpft ließ er den Kopf wieder auf den Sand sinken.
    Die Leute hörten auf zu reden und drehten ihre dünnen,
sonnengebräunten

Weitere Kostenlose Bücher