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Bedroht

Bedroht

Titel: Bedroht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Koppel
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Kindern nicht alle Steine aus dem Weg räumen.«
    Sie verachtete sich dafür, dass sie ihre Tochter als Alibi für ihren Seitensprung verwendete.
    Das Mailsignal ertönte, und Anna zuckte zusammen, aber es war nur ein Freelance-Fotograf, der an seine Existenz erinnern wollte. Anna antwortete postwendend.
    »Hallo! Nett, wieder einmal von dir zu hören. Ich verspreche, an dich zu denken. Bis dann! Anna.«
    Wieder eine Mail. Diesmal war es Erik:
    Ich verstehe, dass wir uns in verschiedenen Lebenssituationen befinden und dass nichts aus uns werden kann, aber ich würde dich trotzdem gerne wiedersehen, und sei es nur, um die jüngsten Unstimmigkeiten auszuräumen.
    Willst du? Kannst du?
    Erik
    P. S.: Außerdem hätte ich noch ein paar weitere Fragen zu unserem Auftrag. Meine Kollegen spielen mit der Idee einer an Männer gerichteten Direct-Mailing-Kampagne. Ich befürchte allerdings, dass auf diese Weise nicht unbedingt mehr Männer erreicht, dafür aber etliche Frauen vergrault werden. Deine neugierige Kollegin meinte, man müsse den Leuten klarmachen, dass das Familienjournal kein Alte-Tanten-Blatt sei. Täusche ich mich, oder schwingt da eine gewisse Verärgerung darüber mit, dass die Zeitschrift nicht mit den Modemagazinen konkurrieren kann? Muss sie aus meiner Sicht auch gar nicht, weil es eine ganz andere Art von Zeitschrift ist, mit einer ganz anderen Zielgruppe. Dahingegen wäre es relativ einfach, das Erscheinungsbild des Familienjournals ein bisschen aufzuwerten, ohne die Leserinnen zu verprellen. Ich hätte da ein paar Ideen, die ich dir gerne vortragen würde.
    Annas Schultern entspannten sich. Der Junge war nicht dumm. Seine Einschätzung Sisselas war perfekt, der Einwand gegen die Kampagnenidee seiner Kollegen war klug und seine Entschuldigung aufrichtig. Sie hatte nichts zu befürchten. Außer ihrer eigenen Lust, ihn aufzusuchen und zu bitten, wieder mit ihr zu schlafen.
    Nein, das würde sie nicht tun. Sie durfte nicht einmal daran denken. Oder?
    Was sah er eigentlich in ihr? Ganz gleichgültig, wie sehr sein Interesse ihr auch schmeichelte, sie musste die Sache nüchtern betrachten. Anna klickte auf Antworten . Der leere Bildschirm machte sie unsicher.
    Hallo, Erik! Danke für deine Mail. Ich muss sagen, dass …
    Nein. Löschen.
    Erik, unser Austausch war in höchstem Grade gegen…
    Kein Austausch. Was für ein verdammtes Wort war das denn? Löschen.
    Tut mir leid, wenn ich am Telefon etwas kurz angebunden war. Ich glaube, dass du, was die Kampagne betrifft, auf der richtigen Spur bist. Aber ich kann dich jetzt nicht treffen. Lass uns demnächst noch einmal telefonieren. Anna.
    Senden.
    Anna schluckte. Sie klickte den Gesendet-Ordner an und las ihre Mail noch einmal durch. War irgendetwas misszuverstehen? War sie zu reserviert? Oder nicht reserviert genug?
    Sie löschte ihre Antwort und las seine Mail ein weiteres Mal.
    Ich verstehe, dass wir uns in verschiedenen Lebenssituationen befinden und dass nichts aus uns werden kann …
    Gab er auf? Sie war überzeugt davon, dass es nur diesen einen Ausweg gab, nämlich auf der Stelle alles abzubrechen, ihn ohne Pardon abzuservieren. Aber sollte sie sich um den besten Sex bringen, den sie je erlebt hatte? Wie sah die Alternative aus? Dass sie bis an ihr Lebensende jeweils zwei Minuten lang uninspiriert herumkeuchte?
    … aber ich würde dich trotzdem gerne wiedersehen.
    Warum das?
    Und sei es nur, um die jüngsten Unstimmigkeiten auszuräumen.
    Er wollte also nur mit ihr reden? Sie würde ihm von ihrer Verantwortung für ihre Familie erzählen, von den vielen Jahren, die sie investiert hatte, von Hedda und … was?!
    Willst du? Kannst du?
    Ja. Sie wollte. So simpel war das. Wenigstens ein Mal noch. Sie wollte eine weitere Erinnerung, von der sie später im Seniorenheim zehren konnte.

18
    Lukas saß mit einer gewissen Unbeschwertheit am Steuer. Hinter dem Blechpanzer seines Autos fühlte er sich sicher und selbstbewusst, er konnte frei seine Meinung über andere Verkehrsteilnehmer äußern, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen. Lukas fühlte sich am freiesten, wenn er eingesperrt in seinem Auto saß. Anna realisierte mit einem Mal, wie kläglich das eigentlich war.
    Das Autogeschäft lag im Industriegebiet in Berga. Der Verkäufer kam ihnen mit ausgestreckter Hand und einem Lächeln auf den Lippen entgegen.
    »Hallo! Willkommen! Kaffee?«
    »Für uns nicht, danke.«
    »Wollen wir in mein Büro gehen?«
    Er führte sie ins Büro, bot ihnen Stühle an und

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