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Bedroht

Bedroht

Titel: Bedroht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Koppel
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die besseren Spiele.«
    »Ich glaube, ich habe es im Büro liegen lassen«, versuchte sie sich aus der Affäre zu ziehen.
    Hedda wühlte bereits in ihrer Handtasche.
    »Nein, da ist es.«
    »Liebling, ich will nicht, dass du in meiner Tasche wühlst.«
    »Da war ein Anruf für dich.«
    Anna war sicher, dass es ihr anzumerken war. Sie bekam rote Flecken im Gesicht und begann zu blinzeln. Sie hatte sich noch nie verstellen können. Man konnte in ihrem Gesicht lesen wie in einem offenen Buch.
    »Es ist eine ganz lange Nummer«, sagte Hedda.
    »Liebling, darf ich …«
    Hedda reichte ihr das Handy.
    »Eine dänische Nummer«, sagte Anna erleichtert und fragte sich gleichzeitig, ob es unnatürlich wirkte, dass sie das laut mitteilte.
    »Vermutlich deine Mutter, die von Ditte aus anruft«, meinte Lukas, ohne seinen Blick vom Fernseher abzuwenden.
    »Vielleicht sollte ich zurückrufen?«
    Warum um aller Welt belämmerte sie ihren Mann mit einer so trivialen Angelegenheit?
    »Wollten sie nicht ins Theater?«, fragte Lukas.
    »Ich weiß nicht.«
    »Da sind sie doch immer«, meinte Lukas. »Hat sie dir nichts auf Band gesprochen?«
    »Nein.«
    »Na dann.«
    »Krieg ich jetzt das Handy?«, fragte Hedda ungeduldig.
    »Ja, ja, natürlich.«
    Anna reichte es ihr.
    »Aber nur kurz.«
    »Ja, ja.«
    »Das Telefon gehört der Zeitschrift und nicht mir.«
    Hedda verschwand in ihrem Zimmer, und Anna blieb nichts anderes übrig, als zu ihrem Mann auf die Couch zurückzukehren. Sie starrte vor sich hin. Das Handy war eine entsicherte Granate, die jeden Augenblick explodieren und ihre Familie in Stücke zerfetzen konnte.
    »Warum ist das plötzlich so wichtig?«, fragte Lukas.
    »Was?«, erwiderte Anna gespielt harmlos.
    »Das Handy.«
    »Sie ändert immer meine Einstellungen. Das mag ich nicht. Und wenn es kaputtgeht …«
    Lukas seufzte müde.

71
    Trotz Rückenschmerzen, weil er sich stundenlang über die Badewanne gebeugt hatte, schlief Erik gut und lange. Er dehnte seine Glieder und blinzelte sich in die Gegenwart. Dann schaute er auf die Uhr und stellte fest, dass es fast Zeit zum Mittagessen war.
    Er versuchte sich die nächsten noch zu erledigenden Schritte zu überlegen. Das Badezimmer musste mit Chlorreiniger gereinigt und Kathrines Handtasche, Kleider und das blutige Handtuch, mit dem er die Körperteile abgetrocknet hatte, mussten beseitigt werden. Alles nicht sonderlich schwierig, aber trotzdem Aufgaben, die den Tag ausfüllen würden.
    Plötzlich überkam ihn ein Gefühl der Leere, die überwältigende Überzeugung, dass alles bedeutungslos war. Erik konnte sich fast nicht mehr bewegen, er lag reglos auf der Matratze und starrte an die Decke.
    Nicht die Taten, zu denen ihn die unglücklichen Umstände gezwungen hatten, waren der Grund für seine Apathie. Kathrine war eine Herausforderung gewesen, der er sich gestellt hatte. Und er hatte die Prüfung gemeistert. Was ihm fast den Atem raubte, war die Erkenntnis, dass seine Mühen völlig sinnlos sein würden. Kathrines Verschwinden würde Lukas und Anna einander näherbringen. Zumindest vorübergehend.
    Aber, dachte Erik plötzlich voller Hoffnung, nicht Kathrine hat die beiden zusammengehalten. Was Anna an ihren uninteressanten Mann band, war ihre Tochter. Kathrines Ableben würde Anna vielleicht an ihre eigene Sterblichkeit erinnern, ihr bewusst machen, dass auch ihre Zeit begrenzt war. Das Leben dauerte nicht ewig.
    Erik erhob sich aufgeräumt von seiner Matratze. Er trat ans Fenster und schaute auf die Straße hinunter. Es war nicht viel los. Außerhalb der Stoßzeiten kamen hier nur wenige Autos vorbei. Vor der roten Ampel am Stadttheater warteten nur selten mehr als vier Autos gleichzeitig.
    Er ging ins Bad und wusch das Blut aus den Kleidern und dem Handtuch, dann wrang er alles aus und verteilte es auf Plastiktüten. Er schrubbte die Wände und das Waschbecken, die Toilette und den Fußboden. Erst mit Ajax und einer Wurzelbürste, dann noch einmal mit Chlorreiniger. Die Wanne glänzte mit Ausnahme eines Kratzers, der entstanden war, als er mit dem Fleischerbeil danebengehauen hatte, weiß.
    Erik duschte lange und heiß.
    Wer wusste von Kathrines Plänen, ihn zu Hause zu besuchen? Anna, nach ihren SMS zu urteilen, nicht. Kathrine hatte ihn aus eigenem Antrieb aufgesucht, aus Sorge um ihre Tochter. Als er sie gefragt hatte, wie sie den Code in Erfahrung gebracht habe, hatte sie geantwortet, ein Mann habe sie ins Haus gelassen, ein Mann auf dem Weg nach draußen. Erik ging

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