Bedroht
Film.
Anna wurde mit einem Mal ganz heiß, ihr brach der Schweiß aus. Wie konnte sie auch nur eine Sekunde daran zweifeln? Erik Månsson war krank, völlig gestört.
Anna sah den Bus in einiger Entfernung und nahm ihre Monatskarte aus der Tasche. Der Bus hielt an. Sie stieg ein und betrachtete jeden der Fahrgäste, als sie sich einen Weg durch den Mittelgang bahnte. Sie nahm ganz hinten Platz, weil sie niemanden hinter sich haben und unangenehme Überraschungen vermeiden wollte.
69
Erik schrubbte Kathrines Fingernägel mit einer Bürste. Seine Haut war zwar unversehrt, aber sie hatte versucht, ihn zu kratzen. Er spülte jeden Körperteil mit der Handbrause ab, trocknete ihn sorgfältig ab und legte ihn dann in einen doppelten Müllsack. Die Müllsäcke legte er in die Umzugskartons. Anschließend reinigte er flüchtig Badewanne und Waschbecken und duschte rasch.
Wie beseitigte man eine Leiche? Das Einfachste war natürlich, die Körperteile mit Steinen beschwert in einem sicheren Abstand vom Ufer ins Meer zu werfen. Aber dazu brauchte man ein Boot, und selbst wenn er über eines verfügt hätte, hätte er es nicht mit Umzugskartons oder schwarzen Müllsäcken beladen können, ohne Aufsehen zu erregen. Die Küste war nie unbeobachtet. Immer standen Leute am Ufer, die aufs Meer schauten und alles registrierten, was sich am Wasser ereignete.
Eine andere Möglichkeit wäre, auf den Kullaberg zu fahren und die Säcke im Schutz der Dunkelheit von einem Felsvorsprung zu werfen. Aber vermutlich vergingen keine zwei Wochen, ehe sich ein Sporttaucher auf einer Doppelseite der Lokalzeitung über seinen makabren Fund auslassen würde.
Die Müllkippe? Nein. Dort gab es Überwachungskameras, und alle, die auf das Gelände fuhren, wurden registriert.
Musste er die Leiche überhaupt verstecken? Die Hauptsache war doch, sich ihrer zu entledigen, ohne dabei gesehen zu werden.
Er ging ins Treppenhaus und holte den Fahrstuhl nach oben. Dann stellte er die Kartons hinein und fuhr mit ihnen nach unten.
»Oh? Ziehen Sie um?«
Ein hilfsbereiter Nachbar hielt ihm die Haustür auf.
»Nein, ich helfe nur einem Freund.«
Erik trug die Kartons nach draußen und stellte sie ins Auto.
Wie einfach es doch war, wenn man nicht versuchte, etwas zu verbergen. Erik könnte die Kartons einfach vor dem Secondhandladen der Heilsarmee abstellen, aber das wäre vielleicht etwas dummdreist. Es schadete nicht, wenn ein paar Tage vergingen, ehe man die Leiche fand.
Er fuhr spontan nach Norden. Am Margaretaplatsen wurde eine Fassade renoviert. Auf der Straße stand ein großer Müllcontainer. Er fuhr noch eine Weile, dann wendete er und fuhr wieder zurück. Er parkte vor dem Container, öffnete den Kofferraum und nahm die Umzugskartons heraus. Er hob die schwarzen Müllsäcke heraus und ließ sie über die Kante fallen.
Ein älteres Paar ging vorbei. Sie sahen ihn an. Erik lächelte freundlich. Sie erwiderten sein Lächeln. Sie wussten sicher selbst, wie schwer es war, Sperrmüll loszuwerden. Erik stellte die Umzugskartons wieder ins Auto und fuhr davon. Etwas weiter südlich stieß er auf einen Altpapiercontainer, riss die Kartons in kleinere Stücke und schob sie in den grünen Behälter.
Als er zurückkam, hatte jemand seinen perfekten Parkplatz geklaut. Seine Pechsträhne riss einfach nicht ab!
70
»Wo ist deine Mutter?«
»In Kopenhagen. Bei Ditte.«
Anna antwortete mechanisch. Sie war mit den Gedanken woanders. Als der Bus an Eriks Haus vorbeigefahren war, hatte sie gesehen, wie er Umzugskartons in sein Auto geladen hatte. Was hatte der Kommissar eigentlich zu ihm gesagt? Egal. Wenn es zur Folge hatte, dass Erik die Stadt verließ, war sie ihm ewig dankbar.
»Theaaater?«, fragte Lukas.
Anna zuckte mit den Achseln.
»Keine Ahnung.«
»Meine Güte, bist du heute gut drauf. Ist dir eine Laus über die Leber gelaufen?«
Aus Heddas Zimmer war ein vergnügtes Lachen zu hören. Sie skypte mit einer Freundin und hatte ihre Tür zugemacht. Anna und Lukas lächelten sich an.
Sie saßen nebeneinander auf der Couch und ließen gleichgültig die Dokumentation über ungewöhnliche Todesarten über sich ergehen. Lukas ergriff Annas Hand. Sie sah ihn rasch an, lächelte, schaute dann wieder nach vorne und schluckte.
Hedda kam aus ihrem Zimmer gehopst und erinnerte Anna daran, wie sorglos das Leben gewesen war, ehe es in seiner gegenwärtigen Form erstarrt war.
»Mama, darf ich dein Handy leihen?«
»Du hast selbst eins.«
»Aber du hast
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