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Bedrohung

Bedrohung

Titel: Bedrohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Kernick
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beiseite, um mich einzulassen. Im Fernseher in der Küche lief BBC News. Der Premierminister war zu sehen. Er sagte, es würde keine Verhandlungen mit den Terroristen geben, niemals würde Großbritannien sich erpressen lassen. Er riet allen Bürgern, ganz normal ihren Geschäften nachzugehen, allerdings sollten sie auf der Hut vor möglichen Anschlägen sein. Was sicher leichter gesagt als getan war.
    »Mein Gott, hast du das alles mitbekommen?«, fragte sie und nahm sich eine Tasse Kaffee von der Anrichte. »Die Terroristen haben für heute noch einen Anschlag angekündigt.«
    »Das müssen sie ja sagen. Sie wollen die Leute einschüchtern. Angst und Schrecken verbreiten.«
    »Und das funktioniert«, erwiderte Gina leise und strich sich mit der Hand durch das dichte, lockige Haar, während sie auf den Fernseher starrte. »Ich kann nicht glauben, dass sich das alles wiederholt.«
    Ich musste den Wunsch unterdrücken, ihr schützend den Arm um die Schultern zu legen und sie an mich zu drücken. Es fiel mir schwer. Sehr schwer.
    »Sollte unser Engagement in Afghanistan uns nicht vor all dem beschützen? Ich weiß noch, du warst drüben im Einsatz, da hat Gordon Brown das gesagt.«
    Sie schaute mich an, als wäre das alles mein Fehler. Ihre ganze Körpersprache signalisierte Abwehr.
    »Politiker reden viel, wenn der Tag lang ist«, entgegnete ich. »Und lügen meistens.«
    Ich merkte, dass ich schon fast so klang wie Cecil. Oder der mysteriöse Mr. Cain.
    Sie trank einen Schluck Kaffee – mir einen anzubieten, hielt sie offenbar nicht für nötig – und wechselte abrupt das Thema. Ich kannte das. Sie war schon immer ziemlich sprunghaft gewesen.
    »Also, was hast du für mich, das nicht warten kann?«
    »Das hier«, sagte ich und drückte ihr ein Bündel mit einem Gummi zusammengehaltener Geldscheine in die Hand. »Das sind zwei Riesen, das dürfte meine ausstehenden Alimente allemal wettmachen.«
    Sie runzelte die Stirn und starrte das Bündel an, als wäre es schmutzig.
    »Wow, das ist eine Menge Geld. Wo hast du es her?«
    Ich habe einen bewaffneten Raubüberfall begangen und auf einen Streifenwagen geschossen, in dem ehemalige Kollegen von mir saßen.
    »Ich habe ziemlich viel als Türsteher gejobbt und ab und zu als Bodyguard.«
    »Da scheint man ja ganz gut zu verdienen.«
    »Nicht wirklich. Ich habe das Geld eben zusammengehalten.«
    »Du machst aber nichts Illegales, oder? Denn dann, Jones, will ich dieses Geld nicht.«
    »Ich bin kein Krimineller, Gina.«
    Ihre Züge entspannten sich. »Nein, das bist du nicht.«
    Bin ich doch. Ein gewalttätiger Verbrecher. Schlimmer als die Typen, die ich hinter Gitter gebracht habe.
    »Danke, ich weiß das zu schätzen. Aber das heißt nicht, dass ich das Sozialamt außen vor lasse. Ich brauche regelmäßige Zahlungen.«
    »Ich weiß. Und du wirst sie bekommen. Das verspreche ich dir.«
    Einen Augenblick lang sahen wir einander schweigend an, in meiner Kehle formte sich ein Kloß. Ich hatte nie aufgehört, sie zu lieben, und sie jetzt anzuschauen tat verdammt weh. Mehr noch, weil ich wusste, dass sie einmal ansatzweise dasselbe für mich empfunden hatte.
    Als ich von meinem letzten Einsatz heimkehrte, erwartete sie mich auf dem Luftwaffenstützpunkt. Sie berührte die damals frische Narbe auf meiner Stirn, nahm mich in die Arme und begann hemmungslos zu schluchzen. Ständig wiederholte sie, dass sie mich immer lieben werde, aber dass es nun an der Zeit sei, die Armee zu verlassen und zu Hause zu bleiben.
    Also verließ ich die Army. Ich sah darin die einzige Chance, meine Ehe zu retten. Aber am Ende war es egal, denn irgendwann hörte sie auf, mich zu lieben. Es geschah nicht von heute auf morgen, es war ein schleichender Prozess und eher meine Schuld denn Ginas. Ich war launisch geworden, unnahbar, hatte Albträume, Träume von Morden und sterbenden Männern. Der Druck, dem ich in meinem neuen Job als Cop ausgesetzt war, trieb mich immer weiter auf den Abgrund zu, bis ich schließlich durch diesen letzten, bitteren Zwischenfall mit Webber über die Klippe stürzte. Aber die Wahrheit ist auch, dass ich, lange bevor ich in den Knast kam, das Ende meiner Ehe sehen konnte. Mein Aufenthalt im Gefängnis machte es nur offensichtlich.
    »Wo ist Maddie?«, fragte ich und sah mich um.
    »Sie schläft. Sie hat sich ein bisschen erkältet. Kein Wunder um diese Jahreszeit.«
    »Kann ich sie sehen?«
    »Ich will nicht, dass du sie störst.«
    »Hey, ich möchte sie nur kurz anschauen.

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