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Bedrohung

Bedrohung

Titel: Bedrohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Kernick
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hätte das Blutbad nie stattgefunden. In der Ferne hörte ich Autos und die Nahverkehrszüge. Als ich nach oben schaute, entdeckte ich die roten Lichter eines Flugzeugs, das vom Kanal kommend Kurs auf Heathrow nahm. Die Wolken hatten sich verzogen, der Abendhimmel war jetzt sternenklar, auch wenn man dank des Londoner Lichtermeers nicht allzu viele Sterne erkannte. Perfekte Bedingungen für einen Raketenschützen, der über der Londoner City eine Maschine abschießen wollte. Damit würde er nicht nur die Passagiere töten, sondern auch viele Menschen unter den Trümmern begraben. Und ich wurde den Gedanken nicht los, dass es dann auch mein Haus treffen könnte, dass meine Frau und mein Kind von herabstürzenden stählernen Flugzeugteilen zerfetzt würden.
    Ich holte einen der GPS -Sender aus meiner Tasche und öffnete die Hecktür des Audi-A5-Kombis. Die beiden anderen manövrierten sich in Position, um die Kiste hineinzuschieben. Ich machte Platz und tat gleichzeitig so, als wollte ich mit anpacken. Dabei klebte ich den Sender an die Unterseite der Kiste. Ich versuchte, mir nichts anmerken zu lassen, was nicht ganz einfach war, denn mein Herz schlug mir bis zum Hals. Wenn der Sender jetzt abfiel, war ich ein toter Mann.
    Aber er hielt. Die beiden schoben die Kiste hinein, und kurz darauf ließen wir den Schrottplatz hinter uns.
    Ich war am Leben. Aber ich hatte das dumpfe Gefühl, dass sich das jeden Moment ändern konnte.

39
    18:05
    »Bist du sicher, dass du ausgerechnet heute Abend ausgehen willst?«
    Ginas’ Nachbarin Sue war eine ausladende, mütterliche Frau Ende sechzig, die beschlossen hatte, Gina unter ihre Fittiche zu nehmen, nachdem Jones ausgezogen war. Sue, die heute Abend als Babysitterin einspringen sollte, machte sich ständig Sorgen.
    Gina lächelte. »Natürlich bin ich mir sicher. Man kann sich nicht von diesen Leuten vorschreiben lassen, wie man sein Leben zu leben hat.« Sie vermied das Wort »Terroristen«, da Maddie auf dem Wohnzimmerteppich mit ihren Sylvanian-Tieren spielte.
    »Was willst du nicht vorschreiben, Mami?«, fragte Maddie prompt und sah zu ihnen auf.
    »Nichts, was dich betrifft, junge Dame«, sagte Gina und zwinkerte ihrer Tochter zu.
    »Ohren hat sie wie ein Falke«, flüsterte Sue.
    Die Türklingel schrillte. Das würde Matt sein. Gina erhob sich vom Sofa. Sie war sich wohl bewusst, dass ihr kein Schauer über den Rücken lief, wie das am Anfang bei Jones der Fall gewesen war.
    »Wer ist da an der Tür, Mami?«
    »Ein Freund von mir. Wir gehen zusammen aus.«
    Maddie sprang auf und schlang ihre Arme um Gina. »Du kommst doch wieder, Mami?«
    Ein leichtes Schuldgefühl durchzuckte Gina. Maddie vermisste ihren Daddy. Die Tatsache, dass er sie verlassen hatte, hatte sie unsicher und ängstlich werden lassen.
    »Natürlich komme ich wieder, Schatz«, sagte sie und drückte ihrer Tochter einen Kuss auf die Stirn, während sie einen Blick auf Sue warf, die ein komisch mitfühlendes Gesicht machte.
    Sie fragte sich, wie Maddie wohl reagieren würde, wenn sie ihr Matt präsentierte. Ganz sicher würden sie nicht sofort eine glückliche Kleinfamilie bilden. Himmel, warum musste das Leben immer so kompliziert sein?
    Sanft entzog sie sich Maddies Klammergriff, sagte den beiden Tschüs und ging zur Tür. Unterwegs warf sie noch einen schnellen Blick in den Spiegel und war mit dem Anblick ziemlich zufrieden.
    Matt trat einen Schritt zurück. Seine Augen leuchteten bewundernd auf. »Wow, Gina. Du siehst toll aus!«
    »Du siehst auch nicht übel aus«, erwiderte sie. Und das stimmte. Matt trug einen frisch gebügelten dunklen Anzug und einen dreiviertellangen Crombie-Mantel, der ihm im Einklang mit den silbergrauen Haaren und der aufrechten Haltung eine Aura intelligenter Eleganz verlieh. Sein Aftershave war kräftig, roch aber gut.
    »Und? Wirst du mir nun endlich verraten, wohin es geht?«, fragte sie, als er ihr den Arm um die Taille legte und sie zum Wagen geleitete.
    »Nun, wir fahren ins Zentrum, so viel kann ich dir verraten. Wohin genau, bleibt geheim.«
    Gina spürte einen Anflug von Gereiztheit. Sie hatte nichts gegen Überraschungen einzuwenden, doch die ganze Geheimniskrämerei, die Matt seit Wochen um diesen Abend betrieb, wurde ihr langsam zu viel.
    »Ich will kein Obermacker sein«, sagte er mit reuigem Grinsen, »aber wenn du es siehst, wirst du froh sein, dass ich dich damit überrascht habe.«
    Er beugte sich vor und küsste sie sanft auf die Lippen. »Ich

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