Bedrohung
verweigern, aber wenn Brozi redete, waren sie vielleicht in der Lage, den Fall vor Ablauf des Terroristen-Ultimatums um zwanzig Uhr zu knacken.
Bolt ärgerte es maßlos, dass er Brozi nicht selbst vernehmen durfte, aber wenigstens war jetzt das CTC -Team eingetroffen, dessen Mitglieder die Dringlichkeit ihres Jobs genau kannten. Er brauchte jetzt einen Kaffee. Eigentlich hätte er ein paar kalte Biere und einen Whisky gebraucht, um seine Nerven zu beruhigen. Für den Moment musste ein Kaffee genügen, da es mit Sicherheit noch eine Weile dauern würde, bis er Feierabend machen konnte.
Aber es spielte auch keine große Rolle. Er war beinahe angeschossen worden, dennoch fühlte er sich zum ersten Mal seit Langem wieder lebendig. Monate mühseliger Ermittlungen und ständiger Sackgassen waren vergessen – endlich hatte er wieder einmal die Art Action erlebt, die er so sehr vermisst hatte seit seinen Tagen bei der Flying Squad, als sie auf Raubüberfälle spezialisierte, bewaffnete Gangster gejagt hatten. Und wie er die Sache auch drehte und wendete, der größte Teil des heutigen Durchbruchs verdankte sich Tina Boyd. Noch vor einer Stunde hatte er eine Stinkwut auf sie gehabt, weil sie wieder ein extremes Risiko eingegangen war, doch diese Wut verebbte nun und machte einer nüchternen Bilanz Platz.
Er war gerade unterwegs zur Kantine, als er Tina vor sich im Flur entdeckte, wo sie mit einem hochgewachsenen, schlaksigen Burschen in einem schlecht sitzenden Anzug redete.
Als sie ihn sah, lächelte sie ihm zu.
»Mike, das ist Mr. Ridic, der albanische Dolmetscher. Er wird das CTC -Team beim Verhör von Brozi unterstützen.«
»Freut mich, Sie kennenzulernen«, sagte Bolt und reichte dem Mann die Hand. Während Ridic sich gleichzeitig verabschiedete, wandte Bolt sich an Tina.
»Ich dachte, du müsstest eine Aussage machen.«
»Habe ich schon. Hat nicht lange gedauert. Ich meine, die Schießerei war ja binnen Sekunden vorbei.«
Sie sah ihn an, als wäre ihre Vernehmung glatt verlaufen. »Die wollen jetzt mit dir sprechen.«
»Gibt’s etwas, das ich dazu wissen sollte?«
»Nur, dass ich ihnen erzählt habe, Brozi hätte sich der Festnahme widersetzt, weshalb ich ihn einmal schlagen musste, damit er seine Waffe losließ.«
»Ich habe gehört, Brozi behauptet, du hättest ihn angegriffen.«
»Tja, wer würde das nicht behaupten?«, meinte Tina schulterzuckend. »Aber das weißt du ja besser, Mike. Oder?«
Bolt seufzte. »Mach dir keine Sorgen, Tina. Ich halte dir den Rücken frei.«
Dann fiel ihm noch etwas ein.
»Hast du mit Mr. Ridic über die E-Mail gesprochen, die du auf Brozis PC entdeckt hast?«
Sie nickte. »Er hat sie mir übersetzt. Aber ich weiß nicht, ob sie uns groß was nützt. Warte mal kurz.«
Sie zog ihr abgewetztes Notizbuch aus der Gesäßtasche ihrer Jeans. »Der genaue Wortlaut ist: ›Abholung bestätigt. Ort und Zeit wie vereinbart.‹ Ich habe keine Ahnung, was das bedeutet. Vielleicht kann Brozi uns ja aufklären.«
»Hoffen wir’s«, erwiderte Bolt und wollte sich gerade verabschieden, um seine Aussage zu machen, da fiel es ihm ein. Jones hatte ihm vorhin gesagt, dass Cain ihn als Bodyguard für ein Treffen angefordert hatte, bei dem etwas übergeben werden sollte. Konnte das mit der Abholung aus Brozis Mail zusammenhängen? Er musste so schnell wie möglich mit Jones sprechen.
Seinen Informanten anzurufen war eine hochsensible Angelegenheit, deshalb ließ Bolt stets höchste Vorsicht walten, um ihn nicht grundlos in die Bredouille zu bringen. Hier handelte es sich allerdings um einen Notfall.
»Bis später«, sagte er zu Tina. Dann rief er Jones an, erhielt aber nur die Mitteilung, dass das Handy abgeschaltet war.
Sofort rief er Nikki Donohoe im Büro an.
Sie ging beim ersten Klingeln ran. »Freut mich, dass du noch am Leben bist, Boss. Klingt, als hättest du jede Menge Action gehabt. Im Gegensatz zu uns Bürodrohnen.«
Bolt musste lachen. Er mochte Nikki. Sie ließ sich nicht so leicht beeindrucken.
»Zum Glück ist Brozi ein miserabler Schütze.«
»Ich habe auch gehört, dass deine Miss Boyd ihm ordentlich den Arsch versohlt hat.«
»Er hat sich der Festnahme widersetzt. Hör zu, Nikki. Diese zwei GPS -Sender, die ich heute Morgen für unseren Informanten besorgt habe: Du musst sie sofort aktivieren und mir sagen, wo sie sich befinden.«
Während er auf Nikkis Antwort wartete, lief Bolt aufgeregt im Flur hin und her. Zwar gab es noch immer keinen sicheren Beweis,
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