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Beefy ist an allem schuld

Beefy ist an allem schuld

Titel: Beefy ist an allem schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
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Morgensonne glänzenden Zylinder auf dem Kopf.
     

6
     
    Gegen zehn Uhr an diesem Morgen sah sich die Polizei einigen merkwürdigen Tatbeständen gegenüber. Irgendein Verrückter war nachts in die Northern Counties Bank eingebrochen, offenbar mit der einzigen Absicht, sich einen Zylinderhut anzueignen. Soweit schön und gut. Aber als dann die Angestellten der Western National Bank verkatert zur Arbeit erschienen, fanden sie den Haupttresor aufgebrochen und einen Haufen Münzsäcke mit viel Mühe säuberlich neben der Eingangstür aufgestapelt. All das ergab überhaupt keinen Sinn.
    War irgendeine Verbindung zwischen den beiden Einbrüchen denkbar? Die Polizei tappte im dunkeln, bis einer ihrer regelmäßigen Informanten, ein Mann mit schwarzen Koteletten, der den Decknamen X 3 hatte, den Rat gab, man solle sich einmal nach einem gelben Lieferwagen umsehen.
     
    «Das ist ja mein kleiner Beefy», rief Oma. «Ja, wo kommst du denn her?» Sie betrachtete ihn mit liebevollem Stolz. «Und was hast du denn für einen schönen Hut auf, Beefy?»
    «Das ist mein Finanzhut», sagte er bescheiden.
    «Du liebe Güte! Bist du denn jetzt bei der Finanz? »
    «Sozusagen», antwortete Beefy.
    Oma drückte ihn in die Sofaecke. Beefy sah sich in dem vertrauten Raum um: die rauchgeschwärzte Feuerstelle, die tiefe, breite Fensterbank mit den Geranientöpfen, das Bild des Turms von Blackpool im Plüschrahmen, das Jagdgewehr in der Ecke - alles war wie immer. Selbst Oma hatte sich nicht verändert. Sie saß ihm gegenüber, hatte die Hände über der Schürze gefaltet und sah ihn zärtlich an.
    Aber Beefy war ungeduldig. Er wollte das Dorf seiner Träume wiedersehen. «Ich glaub, ich mach noch ‘nen kleinen Bummel ins Dorf, Oma», sagte er. «Bin zum Mittagessen wieder zurück», fügte er hoffnungsvoll hinzu und brach auf. Bald erreichte er den Pfad am Waldrand und stapfte vergnügt durch das raschelnde Laub. Gleich mußte das Dorf in Sicht kommen. Schließlich erreichte er eine Lichtung und setzte sich auf einen ihm wohlvertrauten alten Baumstumpf, von dem aus man das Dorf sehen konnte. Da lag es nun friedlich im Mittagsschlaf. Die Rauchfahnen stiegen von den Schornsteinen gerade in den Himmel auf. Alles war genauso, wie er es in Erinnerung gehabt hatte.
    «Schön», flüsterte Beefy leise, «sehr schön.» Wenn er doch nur schon da unten ein Häuschen hätte. Das vom alten Mardachai Wainwright hatte ihm immer besonders gefallen. Ob der wohl noch lebte?
    Ein Kaninchen schlüpfte zu Beefys Entzücken aus seinem Bau, schnupperte die frische Luft, hoppelte auf ihn zu, hielt dann inne und begann gierig am Gras zu knabbern. Beefy stieß einen zärtlichen Lockruf aus. Er liebte Tiere. Bei ihnen fühlte man sich wohl, auch wenn man nicht lesen und schreiben konnte. Sie konnten es schließlich auch nicht.
    Er war so versunken, daß er die sich nähernden Schritte auf dem trockenen Gras überhörte. Zwei Hände wurden ihm von hinten vor die Augen gehalten.
    Polizei, war sein erster Gedanke. Aber dann merkte er, daß es zarte und wohlriechende Hände waren. Die Hände gaben ihn frei. «Sally», rief er und strahlte übers ganze Gesicht.
    «Ich hab dich gleich erkannt, Beefy», sagte sie. «Du hast dich kein bißchen verändert.
    Sie standen sich gegenüber und lächelten sich an, während er Sallys weiße Hände leicht in seinen mächtigen Pranken hielt. Sallys Fragen überschlugen sich: «Was machst du denn hier, Beefy? Willst du meine Mutter besuchen? Was treibst du denn so?» Sie sah den Zylinder, den Beefy neben dem Baumstumpf auf sein ausgebreitetes Taschentuch gelegt hatte. «Gehört er dir? Wo hast du den denn hier?»
    «Ich bin bei der Finanz», sagte Beefy stolz. «Das ist mein Finanzhut.»
    Sie runzelte erstaunt die Stirn. «Den solltest du aber nicht zu einem gestreiften Trikot tragen, weißt du.»
    «Warum denn nicht?» fragte er.
    «Zu einem Zylinder gehört ein Gehrock», sagte Sally, und im stillen fragte sie sich, ob Beefy überhaupt wußte, was ein Gehrock war. «Komm», sagte sie, «gehen wir zu Mutter.»
    Ihr kühler Arm schob sich unter den seinen. Beefy errötete beglückt. Er rieb vorsichtig mit dem Taschentuch über den Zylinder, setzte ihn auf und ließ sich von Sally ins Dorf führen. Sie schritten durch einen Vorgarten voll wuchernder Chrysanthemen in die kühle Dämmerung eines mit Steinfliesen ausgelegten Häuschens.
    «Mutter, sieh mal, wer da ist», rief Sally.
    «Aber das ist ja unser Beefy», sagte Tante

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