Beefy ist an allem schuld
«Donnerwetter, nicht die Möglichkeit», sagte er. «Ich habe nämlich selbst ‘ne Klitsche dort oben in der Gegend.» Er rutschte etwas näher heran. «Übrigens, ganz unter uns gesagt, ich verkaufe diesen alten Kasten hier demnächst und werde da oben mit meiner Frau den Rest meiner Tage verbringen.»
«Wie schön für Sie», sagte Beefy sehnsüchtig.
«Kommen Sie, wir wollen was besprühen», sagte der Lord plötzlich und stand auf. Sie gingen zu einem der Ställe hinüber, wo sie eine hell glänzende große Sprühdose fanden, und füllten einem Eimer mit Wasser. Als sie wieder in den Garten zurückgekehrt waren, fragte Lord Wapentake eifrig: «Also, was wollen wir besprühen? Oh, ich weiß, die Rosen.»
Er sandte einen feinen Strahl in die Luft. «Sie haben einen Regenbogen drin», sagte Beefy.
Sie starrten beide wie gebannt auf den Wasserstrahl. «Hab in Simla mal einen Burschen getroffen, der farbenblind war. Konnte blau nicht von gelb unterscheiden. Und der Witz, der Witz der Sache war: der Bursche war Blaukreuzler.» Der Lord bog sich unter wieherndem Gelächter und schlug sich auf die Schenkel. «Ein Blaukreuzler», wiederholte er, «und konnte blau nicht von gelb unterscheiden.» Er kicherte vor sich hin.
«Wieso Blaukreuzler?» fragte Beefy.
Seine Lordschaft wischte sich die Tränen aus den Augen. «Dachte mir doch gleich, daß Ihnen die Geschichte gefällt», lachte er vergnügt. «Aber sagen Sie, hätten Sie nicht Lust, sich um all das hier zu kümmern?» fragte er. «Drei Pfund die Woche und freies Mittagessen.»
Beefy starrte ihn an. Wollte dieser nette alte Herr ihm tatsächlich drei Pfund in der Woche geben? Nein, das war doch einfach nicht möglich.
«Wieviel?» fragte er atemlos.
«Drei Pfund, zehn Shilling», sagte Lord Wapentake hastig.
«Aber - aber ich bin doch kein richtiger Gärtner», stammelte Beefy.
«Möchte wetten, Sie wissen besser Bescheid als dieser Walters», sagte Seine Lordschaft. «Also kommen Sie, mein lieber Mann, ich zeige Ihnen alles.»
Benommen und verwirrt folgte Beefy seinem neuen Freund durch die Gärten: verwilderte Rasenflächen, Parkanlagen, in denen Bäume umgestürzt waren, ein Ziergarten, ein Teich voller Seerosen und Frösche. Schließlich kehrten sie in den Blumengarten zurück. «Meine Frau wünscht sich hier ein Meer von Farben», sagte Lord Wapentake. «Also, was würden Sie vorschlagen?» fragte er erwartungsvoll.
Beefy wagte einen Scherz: «Vielleicht sollten wir den Blaukreuzler fragen», sagte er und war gleich darauf ob seiner Kühnheit erschrocken.
Ängstlich blickte er Lord Wapentake an. Zwei graue Augen betrachteten ihn leicht irritiert. Dann begriff der Lord. Er lachte aus vollem Halse. «Ha, ha, verdammt gut!» brüllte Seine Lordschaft. «Verdammt gut! Den Blaukreuzler fragen! Das muß ich meiner Frau erzählen. Wann können Sie anfangen?» fragte er dann unvermittelt.
«Morgen, wenn Sie wollen», sagte Beefy.
«Ausgezeichnet. Ich mag Leute, die gleich zugreifen. Also morgen früh um acht?» Er stand auf und schüttelte Beefy die Hand. «Seien Sie pünktlich, ich werde Ihnen dann alles zeigen, was zu tun ist. Auf Wiedersehen. »
«Wiedersehen», sagte Beefy überwältigt. Er hatte mit einem Lord gesprochen. Richtig von Mann zu Mann. Ein Lord hatte ihn bei sich angestellt. Und das war noch nicht alles! Er würde im selben Haus wie Sally arbeiten. Er machte einen kleinen Luftsprung. Er konnte es kaum erwarten, den Jungens alles zu erzählen.
Aber das Gemeindehaus war leer, stellte er fest, nachdem er die Tür mit dem neuen Dietrich, den Holzbein für ihn angefertigt hatte, geöffnet hatte. Er machte sich in der Küche ein leckeres Abendbrot, Speckbohnen und Kakao, und nahm es mit hinauf auf den Dachboden.
Es war noch früh. Er beobachtete, wie die gelblichen Strahlen der Abendsonne trübselig an den schäbigen Wänden höher wanderten, und dachte über sein Glück nach. Sally, der nette alte Lord und eine feste Arbeit! Die Zukunft war wolkenlos. Allerdings hatte er von Gartenarbeit so gut wie überhaupt keine Ahnung, aber Adam und Eva war das ja anfangs auch so ergangen. Er würde es schon schaffen.
Unten wurde eine Tür geöffnet. Er hörte die Schritte der Jungens. Sie kamen herauf. «Hallo, Beefy», riefen sie, «heute bist du aber früh dran. Was hast du denn getrieben?»
«Ich hab mich mit ‘nem Lord unterhalten», sagte Beefy.
Sie waren sofort ganz Ohr. «Nicht übel, Beefy», sagte Holzbein beeindruckt. «Nicht jeder
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