Befehl von oben
vom erbarmungslosesten Geheimdienst der Welt. Etwas Bequemlichkeit und Sicherheit wären jetzt doch willkommen. Vielleicht würde ihm diese Mission dazu verhelfen. Seine Identität als Iraker und die Aktivitäten seines Lebens hatten ihm in der ganzen Region Kontakte beschert. Er hatte dem irakischen Geheimdienst Informationen gegeben und geholfen, zwei Leute auszugraben, die sie eliminieren wollten. Das hatte ihm Zutritt verschafft, und deshalb war er hier.
Das Flugzeug kam zum Stehen, der Kopilot kam nach hinten und ließ die Treppe herunter. Ein Auto hielt an. Er stieg ein, und es fuhr an.
»Friede sei mit dir«, sagte er zum anderen Mann auf dem Rücksitz des Mercedes.
»Friede?« schnaubte der General. »Die ganze Welt schreit, daß wir sehr wenig davon haben.« Eindeutig, fiel Badrayn auf, hatte der Mann seit dem Tod seines Präsidenten nicht mehr geschlafen. Vom vielen Kaffee zitterten ihm die Hände oder vielleicht vom Alkohol, mit dem er gegengesteuert hatte. Kein Vergnügen, in die kommende Woche zu sehen und sich fragen zu müssen, ob man sie überlebt. Einerseits mußte man wach bleiben. Andererseits davonkommen. Dieser General hatte Frau und Kinder, neben seiner Mätresse. Nun, das traf wohl auf alle zu.
Gut.
»Keine glückliche Lage, aber die Dinge sind unter Kontrolle, ja?« Der Blick, den die Frage erzeugte, war Antwort genug. Da war nur ein guter Aspekt: Hätte man den Präsidenten nur verwundet, dieser Mann wäre jetzt tot, weil er den Attentäter nicht abgefangen hatte. Ein gefährlicher Beruf, Geheimdienstchef eines Diktators zu sein. Er hatte seine Seele dem Teufel verpfändet und sich vorgemacht, die Schuld würde niemals beigetrieben. Wie konnte ein intelligenter Mensch nur so ein Narr sein?
»Warum sind Sie hier?« fragte der General.
»Um Ihnen eine goldene Brücke zu zeigen.«
13
Dazu geboren
In den Straßen fuhren Panzer auf, und für die Auswertungsleute mit ›künstlichen Augen‹ am Himmel waren Panzer ›sexy‹ Objekte. Drei KH-11-Aufklärungssatelliten waren im Orbit. Einer davon, elf Jahre alt, gab langsam den Geist auf, doch mit drei seiner Kameras nahm er noch immer Fotos auf und übermittelte sie an den geosynchronen Kommunikationsvogel über dem Indischen Ozean. Kaum eine Sekunde später waren sie auf der Erde zurück und an verschiedene Auswertungsstellen weitergeleitet, unter anderem an den CIA.
»Das sollte die Taschendiebe etwas bremsen.« Der Auswerter sah auf die Uhr und zählte acht Stunden weiter. Okay, fast 10.00 Uhr Lima oder Ortszeit. Nur wenige gingen umher, dem Aussehen nach Frauen, vermutlich beim Einkaufen. Etwa alle vier Häuserblocks stand auf den Hauptverkehrsadern ein Kampfpanzer – und einer auf jeder Verkehrsinsel, von denen es viele gab. In den Nebenstraßen standen leichtere Fahrzeuge. An jeder Kreuzung war eine kleine Gruppe von Soldaten.
Wie die Fotos zeigten, trugen sie alle Gewehre; Rang- und Einheitsabzeichen waren aber nicht zu erkennen.
»Stellen Sie die Zahl fest«, wies ihn der Vorgesetzte an.
»Jawohl, Sir.« Der Auswerter murrte nicht. Panzer zählen war etwas, das sie dauernd taten. Er würde sie sogar näher bestimmen, vor allem anhand der Kanone. Dadurch konnten sie feststellen, wie viele der Panzer, die sie sonst in Regimentslagern zählten, ihre Motoren angelassen und sich von einem Ort zum anderen bewegt hatten. Die Information war für irgendwen von Bedeutung, doch sie taten das schon zehn Jahre lang und hatten erfahren, was immer das irakische Militär sonst für Fehler und Mängel hätte, die Fahrzeuge wurden immerhin so gewartet, daß die Motoren noch liefen. Mit Schießübungen waren sie weniger gewissenhaft, wie man im Golfkrieg bemerkt hatte, aber der Auswerter hielt sich aus Erfahrung daran: Ist es ein Panzer, nimm an, daß er … Was anderes wäre unklug. Er beugte sich über den Bildbetrachter und sah ein weißes Auto, der Form nach wohl ein Mercedes, die Nationalstraße 7 hochfahren. Ein näherer Blick auf die Fotos hätte erkennen lassen, daß es in Richtung der Rennbahn Sibaq' al Mansur unterwegs war, wo er noch mehr Autos der gleichen Marke hätte sehen können, aber er hatte ja nur Anweisung, die Panzer zu zählen.
Die versammelten Offiziere trugen, wie Badrayn sah, dicke Winteruniformen mit hohen Kragen und voluminösen Goldtressen; die meisten rauchten, und alle waren sie sehr besorgt. Sein Gastgeber stellte den Besucher denjenigen vor, die ihn noch nicht kannten. Er hielt sich nicht damit auf, sie mit
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