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Befehl von oben

Befehl von oben

Titel: Befehl von oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Aber es waren keine weiteren Fälle gemeldet worden, und seit Nummer zwei war es lang genug her, daß man jetzt sagen konnte, daß dieser Mini-Ausbruch vorüber war – hoffentlich, fügte Lorenz in Gedanken hinzu. Das war die gute Nachricht. Unter dem Elektronenmikroskop sah es nach dem Ebola-Mayinga-Stamm aus, und das war der schlimmste Subtypus des Virus. Es konnte durchaus sein, daß der natürliche Wirt noch irgendwo da draußen war und darauf wartete, jemand anders zu infizieren, und der Ebola-Wirt war die auf rätselhafteste Weise nicht zu fassende Beute seit Malaria – ›schlechte Luft‹, hatten die Leute in Italien geglaubt, würde sie verursachen. Vielleicht, dachte er, war der Wirt irgend ein Nagetier, das inzwischen von einem Lkw überfahren worden war. Er zuckte die Achseln.
    Aufgrund der Reduzierung der Morphiumgabe war die Patientin Nummer zwei in der Einrichtung in Hasanabad bei teilweisem Bewußtsein.
    Sie war so weit bei Sinnen, daß sie die Schmerzen spürte und wußte, was sie bedeuteten, aber nicht begriff, was wirklich los war. Die Schmerzen hatten ihren ganzen Körper erfaßt, und was die Sache noch schlimmer machte, war, daß Jean Baptiste wußte, was jeder einzelne Stich bedeutete. Am schlimmsten waren die Bauchschmerzen, da die Krankheit ihren Gastrointestinaltrakt auf seinen gesamten zehn Meter Länge zerstörte, buchstäblich das feine Gewebe auffraß, das dazu da war, Nahrung in Nährstoffe umzuwandeln und aufzunehmen, und infiziertes Blut zum Rektum hin laufen ließ.
    Sie hatte das Gefühl, als ob ihr ganzer Körper gleichzeitig verdreht und zerquetscht und verbrannt würde. Sie wollte sich bewegen, etwas tun, um ihre Lage ein wenig zu verändern, einfach, damit der Schmerz kurz aus einer anderen Richtung kam und sie dort einen Moment Erleichterung spürte, wo sie gerade am meisten gequält wurde, doch als sie sich zu bewegen versuchte, mußte sie feststellen, das all ihre Gliedmaßen festgeschnallt waren. Das festzustellen war fast noch schlimmer als die Schmerzen, doch als sie versuchte, Einwände dagegen zu erheben, verursachte es nur einen schlimmen Brechreiz, so daß es sie zu würgen begann. Auf dieses Anzeichen hin drehte der Raumfahrer in dem blauen Anzug ihr Bett – was war denn das für ein Bett? fragte sie sich – und erlaubte ihr, in einen Eimer zu brechen, und was sie da sah, war schwarzes, totes Blut. Für eine Sekunde ließ sie das ihre Schmerzen vergessen, doch ihr verriet die Ablenkung nur, daß es für sie keine Hoffnung mehr gab, daß die Krankheit zu weit fortgeschritten war, daß ihr Körper starb, und dann begann Schwester Jean Baptiste um den Tod zu beten, weil es nur noch ein Ende gab, und die Schmerzen waren so, daß das Ende möglichst schnell kommen sollte, damit sie nicht noch ihren Glauben verlor.
    Die Aussicht sprang ihr ins beeinträchtigte Bewußtsein wie ein Schachtelmännchen. Auch das Kinderspielzeug hatte Hörner und Hufe. Sie benötigte den Beistand eines Priesters. Sie benötigte … wo war denn Maria Magdalena? War sie dazu verdammt, allein zu sterben? Die sterbende Krankenschwester schaute zu den Raumanzügen in der Hoffnung, hinter den Plastikschilden vertraute Augen zu erkennen, aber wenn die Augen, die sie sah, auch mitfühlend waren, vertraut waren sie nicht.
    Ganz vorsichtig entnahm ihr der Pfleger Blut. Zuerst überprüfte er, ob der Arm auch richtig angeschnallt war und sich nicht mehr bewegen konnte als einen Zentimeter. Dann ließ er einen Kameraden den Arm mit beiden starken Händen halten, und der paßte höllisch auf, daß die beiden Hände der Nadel nicht zu nahe kamen. Mit einem verständigenden Nicken wählte der erste die geeignete Vene aus und stach die Nadel hinein.
    Er hatte Glück. Gleich beim ersten Versuch traf er richtig. An den Nadelhalter drückte er ein Vakuumröhrchen von fünf Kubikzentimetern und zog Blut, das dunkler war als das übliche Purpur. Als das Röhrchen voll war, schraubte er es wieder ab und tat es vorsichtig in eine Plastikbox.
    Diesem Röhrchen folgten noch drei. Dann zog er die Nadel wieder heraus und drückte Gaze auf die Einstichstelle, doch sie hörte nicht auf zu bluten. Der Pfleger ließ den Arm wieder los und stellte fest, daß sein kurzer Griff der Haut ganz die Farbe genommen hatte. Ein Deckel auf die Plastikbox, und der erste Pfleger verließ das Zimmer, während der andere in eine Ecke ging und seine Handschuhe und Arme mit Jodlösung einsprühte. Sie waren eingehend darüber in

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