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Befehl von oben

Befehl von oben

Titel: Befehl von oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Kindertagesstätte lag günstiger an seiner Strecke zur Arbeit, und die Leute nebenan brachten ihre Zwillinge sehr gern dorthin. Er bog nach links ab auf den Ritchie Highway und fand die Einrichtung, genau gegenüber von einem 7-Eleven, wo er noch einen Doppelbecher Kaffee holen konnte für die Weiterfahrt auf US-50 zum Bureau. Giant Steps, netter Name. Nicht schlecht, sich so sein Geld zu verdienen, dachte Pat, während er sein Auto abstellte. Marlene Daggett war immer schon um sechs da, um sich um die Kinder derjenigen zu kümmern, die jeden Morgen nach D.C. fuhren. Sie kam sogar heraus, um sie an ihrem ersten Tag dort in Empfang zu nehmen.
    »Mr. O'Day! Und das ist Megan!« sagte die Erzieherin mit erstaunlicher Begeisterung für diese frühe Stunde. Megan war überrascht, etwas Besonderes zu sehen. »Sie heißt auch Megan. Sie ist deine Bärin und wartet schon den ganzen Tag auf dich.«
    »Oh!« Das kleine Mädchen ergriff das Geschöpf mit dem braunen Fell und drückte es mitsamt Namensschild. »Hallo!«
    Mrs. Daggett sah hoch, und ihr Blick sagte dem FBI-Agenten: Es funktioniert jedesmal. »Hast du dein Deckchen dabei?«
    »Ja, hier, bitte, Ma'am«, sagte ihr O'Day und gab ihr auch die Formulare, die er am Vorabend ausgefüllt hatte. Megan hatte keine medizinischen Probleme, keine Allergie auf Medikamente, Milch oder Nahrungsmittel; ja, in einem wirklichen Notfall dürfte man sie ins nächste Krankenhaus bringen; und die Telefonnummer seiner Arbeitsstelle und seines Piepsers und die Nummer von seinen Eltern und die von Deborahs Eltern, die verdammt tolle Großeltern waren. Giant Steps war gut organisiert. O'Day wußte nicht, wie gut organisiert, denn es gab etwas, das Mrs. Daggett nicht so ohne weiteres herumerzählen konnte. Vom Secret Service wurde seine Identität gerade überprüft.
    »So, Miss Megan, ich glaube, jetzt wird es Zeit für uns, zu spielen und neue Freunde kennenzulernen.« Sie blickte empor. »Wir werden uns gut um sie kümmern.«
    O'Day stieg wieder ins Auto, mit dem üblichen kleinen Schmerz im Herzen, den er jedesmal verspürte, wenn er seine Tochter – egal, wann und wo – zurücklassen mußte, und machte den kurzen Sprung über die Straße zum 7-Eleven, um Pendlerkaffee zu holen. Für heute um neun war eine Konferenz angesetzt über bisherige Ermittlungsergebnisse bei der Flugzeugkatastrophe, dann kam der Verwaltungsquatsch. Vierzig Minuten später traf er in der FBI-Zentrale an Ninth Street und Pennsylvania Avenue ein. Sein Posten als Springer-Inspektor reservierte ihm einen Parkplatz. Von da ging er diesen Morgen zum Schießstand im Keller.
    Pat O'Day war ein ausgezeichneter Schütze seit der Pfadfinderzeit und hatte auch als Oberausbilder im Schießen bei verschiedenen FBI-Gebietsbüros gedient, was bedeutete, daß er vom jeweiligen Leitenden ausgewählt worden war.
    Zu dieser Tageszeit – 7.25 Uhr – war der Schießstand meist ruhig, und der Inspektor nahm zwei Schachteln Federal 10-mm-Hohlspitze für seine mächtige Smith & Wesson 1076 Automatik, dazu ein paar Standard-›Q‹-Zielscheiben und ein Paar Ohrenschützer. Die Scheiben waren weiße Papptafeln mit Umrissen der vitalen Teile des menschlichen Körpers. Grob sah das dann aus wie eine Milchkanne, wie sie die Bauern früher hatten, und war etwa so groß, und in der Figur war der Buchstabe ›Q‹ ungefähr dort, wo das Herz sein würde. Er befestigte eine Figur mit Federklemmen am Schlitten, stellte die Entfernung auf dreißig Fuß ein und betätigte den Schalter. Die Geräte des Schießstandes ließen sich programmieren. Als die Zielscheibe in der eingestellten Entfernung ankam, drehte sie sich zur Seite und wurde fast unsichtbar. Ohne hinzugucken, stellte O'Day den Timer aufs Geratewohl ein und blickte, die Hände an der Seite, dahin, wo die Scheibe sich zeigen würde. Jetzt wechselte sein Denken. Vor ihm war ein Böser. Ein ernsthaft Böser. Verurteilter Schwerverbrecher, jetzt in die Enge getrieben. Der Böse war ernst zu nehmen. Er hatte 'ne Geisel. Ein Kind vielleicht. Vielleicht sogar die kleine Megan. Bei dem Gedanken kniff er die Augen zusammen. Eine Pistole am Kopf. Im Film würde der Böse verlangen, die Waffe wegzuwerfen, doch wenn man das tat, war man garantiert ein toter Cop, und auch die Geisel wäre tot, daher redete man mit dem Bösen. Man gab sich alle Mühe, ruhig, vernünftig, besänftigend zu klingen, und man wartete darauf, daß er sich entspannte, gerade so viel, daß er die Waffe vom Kopf der

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