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Befehl von oben

Befehl von oben

Titel: Befehl von oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Klasse, die breitere, weichere Sitze genossen hatten, erfreuten sich nun auch des rascheren Zugangs zum Einreise-Firlefanz, den Amerika Besuchern auferlegt. Der Kurier schnappte sich seinen Anzugsack vom Karussell und suchte sich mit dem über die Schulter geschlungenen Handgepäck eine Warteschlange aus. In der Hand hielt er die Einreisekarte, die der Regierung der Vereinigten Staaten nichts von Interesse mitteilte. Die Wahrheit hätte ihr sowieso nicht gefallen.
    »Hallo«, sagte der Inspektor, der die Karte entgegennahm und sie überflog. Als nächstes kam der Paß. Er schien alt, die Seiten waren mit Ein- und Ausreisestempeln übersät. Er fand eine freie Seite und setzte an, einen neuen Stempel anzubringen. »Zweck Ihres Besuchs in Amerika?«
    »Geschäfte«, erwiderte der Kurier. »Ich bin wegen der Autoausstellung im Javits Center hier.«
    »Aha.« Der Inspektor hatte die Antwort kaum gehört. Er stempelte ab und wies den Besucher zur nächsten Schlange. Da wurde sein Gepäck nur durchleuchtet. »Haben Sie etwas zu verzollen?«
    »Nein.« Einfach antworten war am besten. Ein Beamter sah auf den Röntgenmonitor und fand nichts von Interesse. Man winkte den Kurier durch. Er hob sein Gepäck an und ging Richtung Taxistand.
    Erstaunlich, dachte er, als er sich wieder anstellte und in kaum fünf Minuten ein Taxi erwischte. Seine erste Sorge, am Zoll geschnappt zu werden, war schon gegenstandslos. Und was seine nächste betraf – das Taxi konnte nicht extra für ihn bereitgestellt sein. Er hatte mit dem Gepäck hantiert und eine Frau vorgelassen, um das zu vereiteln. Nun ließ er sich in den Sitz fallen und sah sich betont um, während er in Wirklichkeit nachschaute, ob dem Taxi ein Wagen zur Stadt folgte. Der Verkehr vor der Mittagszeit war so dicht, daß es kaum möglich erschien, noch dazu, weil er in einem von Tausenden der gelben Fahrzeuge saß, die wie Rinder bei einer durchgehenden Herde hin und her schossen.
    Das einzige Unangenehme war, daß sein Hotel so weit vom Ausstellungsgelände weg war, daß er ein weiteres Taxi brauchte. Nun, das ließ sich nicht ändern, und er mußte sich sowieso anmelden.
    Nach dreißig Minuten war er im Hotel, glitt im Aufzug zum sechsten Stock hoch, ein hilfreicher Page hielt seinen Anzugsack, während der Kurier die Trägertasche nicht aus der Hand gab. Er steckte dem Lakaien zwei Dollar Trinkgeld zu – er war über die richtige Menge unterrichtet worden; besser ein bescheidenes Trinkgeld, als in Erinnerung zu bleiben als jemand, der zuviel gegeben hatte oder gar nichts.
    Es wurde mit nicht übergroßer Dankbarkeit angenommen. Die Ankunftsformalitäten erledigt, packte der Kurier Anzüge und Hemden aus und nahm auch Kleinigkeiten aus der Reisetasche. Das Rasierset ließ er drin und nahm nach einer erfrischenden Dusche den hoteleigenen Rasierer, um seine Stoppeln zu beseitigen. Trotz der Anspannung wunderte er sich, wie gut er sich fühlte. Aber er hatte viel geschlafen, und Flugreisen machten ihm nicht wie so vielen anderen angst. Er bestellte ein Menü aufs Zimmer, zog sich um und ging mit erneut geschulterter Reisetasche wieder nach unten, um sich ein Taxi zum Javits Center zu nehmen. Die Autoausstellung, dachte er. Er hatte Autos immer gemocht.
    Hinter ihm in Zeit und Raum befanden sich die meisten der neunzehn anderen noch in der Luft. Einige landeten gerade – erst Boston, dann noch mehr in New York, und einer in Dulles. Auch sie passierten den Zoll, setzten auf Wissen und Glück im Spiel gegen den Großen Satan oder wie immer Daryaei ihren kollektiven Feind nannte. Scheitan hatte schließlich große Macht und verdiente Respekt. Scheitan konnte einem Mann in die Augen schauen und seine Gedanken sehen, beinahe wie Allah. Aber nein, diese Amerikaner waren Funktionäre, nur gefährlich, wenn sie vorgewarnt waren.
    *
    »Sie müssen Bescheid wissen, wie Sie in Menschen lesen können«, sagte ihnen Clark. Es war eine gute Klasse. Anders als Leute in herkömmlichen Schulen waren sie lernbegierig. Er fühlte sich fast zurückversetzt in seine eigenen Tage hier auf der ›Farm‹, als es im Kalten Krieg noch heiß herging, als jeder James Bond sein wollte und ein bißchen dran glaubte, egal, was die Instruktoren sagten. Die meisten seiner Mitschüler waren gerade erst vom College abgegangen, durch Bücher gut gebildet, aber nicht durchs Leben. Die meisten hatten ganz gut gelernt. Manche nicht, und Durchfallen hieß im Feld mehr als ein roter Haken im blauen Buch, wenn's auch

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