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Begegnungen (Das Kleeblatt)

Begegnungen (Das Kleeblatt)

Titel: Begegnungen (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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seinen Unterarm gekrallt hatte.
    „Es ist ihm wichtig, Suse. Deswegen sollten wir ihn anhören.“
    „Was hat er dir erzählt?“
    „Er kennt Ossi von früher. Da er nicht ins Detail gegangen ist, habe ich keine Ahnung, woher. Es ist schon viele Jahre her, aber sie stehen nach wie vor in Kontakt, sagt er. Nicht regelmäßig, in letzter Zeit allerdings wieder öfter. Er hat ihn bereits einige Male in Gehlsheim besucht und weiß daher mehr als wir über seinen Zustand.“
    „Einige Male? Wieso?“, entfuhr es ihr bissig und mit einer gehörigen Portion Misstrauen in der Stimme. „Wieso darf er Adrian besuchen und du nicht?“
    „Das werden wir ihn fragen. Ossi hat mir gegenüber diesen Peters ebenfalls nie erwähnt“, kam er ihrer nächsten Frage zuvor. Er machte eine Pause und schaute sie abwartend an. Dann nickte er kurz. „Susanne, mehr weiß ich wirklich nicht. Er kam erst vor zehn Minuten hier an. Ich wollte mich gerade um Kaffee kümmern, als Ma…“ Unvermittelt stolperte er über das Wort und versuchte es nach einem betretenen Räuspern erneut: „… als Manuel sich meldete.“
    „Ist ein eigenartiges Gefühl , Namensgeber zu sein, nicht wahr?“, spottete Suse in einem ätzenden Ton. „Fast bin ich geneigt zu behaupten, es könnte eine Art verspäteter Rache von Adrian gewesen sein. Zur Strafe dafür, dass er seine Frau unfreiwillig mit dir teilen musste, hast du nun für den Rest deines Lebens deinen Namen mit seinem Sohn zu teilen. Tolle Idee, was? So viel Niedertracht hätte ich ihm gar nicht zugetraut.“
    „Susanne …“
    Clausing presste die Lippen aufeinander, um ihr nicht etwas Unbedachtes, das er später bereuen würde, an den Kopf zu  ballern. Welchen Sinn hätte es in diesem Moment gehabt, Suse davon zu erzählen, wie Ossi ihn darum gebeten hatte, seinen Sohn nach ihm, seinem besten Freund, nennen zu dürfen? Vielleicht würde sie es ihm sogar glauben, denn Boshaftigkeit war für Ossi ein Fremdwort. Und das wusste sie genauso gut wie er. Seine Schultern sackten nach unten, als wollte er damit seine Niederlage eingestehen.
    „Schon gut, dein Gefühlsleben interessiert mich nicht mehr als Wasserstandsmeldungen für die Elbe.“ Sie drehte sich zur Kaffeemaschine um und zählte die gehäuften Messlöffel in den Filter. „Wie hast du den Lütten eigentlich so lange still halten können?“, erkundigte sie sich mit einem schrägen Blick über die Schulter. „Ich habe eine Mahlzeit völlig verpennt.“
    „Ich bin Profi“, warf er sich in d ie Brust. „Aber ich dachte, das wüsstest du.“
    Suse schmunzelte. Sie konnte nicht sehen, dass Clausings Lächeln seine Augen nicht erreichte.
    Wie schafft er es bloß, mich immer wieder aufzuheitern? Adrian hätte … Ja, was hätte er jetzt an seiner Stelle geantwortet? Wahrscheinlich hätte er ihr bis zur kleinsten Kleinigkeit und absolut ernsthaft aufgezählt, was er mit dem quengelnden, nassen und hungrigen Baby anstellen musste, um es bei Laune zu halten, solange seine Mutter keine Lust verspürte, ihren Pflichten nachzukommen. Bei Adrian dagegen hatte sie nie dieses sichere Gespür für die Gefühle und Stimmungen anderer wahrgenommen, wie sie es an dem Kapitän schätzte. In welch einer humorlosen Umgebung musste er aufgewachsen sein. Bedauerlicherweise war auch nicht viel von Clausings Leichtigkeit im Umgang mit Menschen und dem Leben an sich auf Adrian abgefärbt, obwohl sie doch angeblich seit zwanzig Jahre unter demselben Dach lebten.
    „Ach Matt ’n, du bist … du bist in der Tat …“
    Suse lachte heiser auf. Sie lachte und konn te einfach nicht mehr aufhören. Vorsichtig legte Matthias seine Arme um sie, während er etwas zu ihr sagte. Sie konnte ihn nicht verstehen, weil sie aus einem unerfindlichen Grund noch immer lachen musste. Als sie seinen Geruch einatmete, wurde ihr blitzartig bewusst, dass sie sich nicht mehr an Adrians Duft erinnern konnte. Der Schmerz darüber griff sie aus heiterem Himmel an und sie hatte nichts, womit sie ihn hätte abwehren können. Er kam tief aus ihrem Inneren und wie mit scharfen Klauen schlug er sich in ihre Eingeweide. Ein erbarmungswürdiger Schrei drang aus ihrer Kehle.
    Mit einer gewissen Grimmigkeit bemerkte Matthias, dass sie sich gegen seine Berührung auflehnte, doch er ließ sie nicht los. Und er hielt sie auch dann noch fest, als ihr die Tränen über die Wangen liefen und sie aufhörte zu lachen, weil ihre Kehle brannte und der Schmerz und die Wut und Verzweiflung in ihr aufbrachen

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